Politischer Jugendroman vorgestellt: Siegfried sucht Heil!
Ein Jahr arbeitete die Buchschmiede des Werner-von-Siemens-Gymnasiums Regensburg an einem Buchprojekt zum Thema Rechtsradikalismus. Nun ist der Roman „Das Dorf. Siegfried sucht Heil!“ in der Edition Schröck-Schmidt erschienen. Am Donnerstag wurde das Buch bei einer Pressekonferenz vorgestellt.
“Ein besonderes Projekt”
Es war zu merken, dass dieser Donnerstagnachmittag ein besonderer Moment für das Werner-von-Siemens-Gymnasium war, zumal zwei P-Seminare (Wirtschaft/Deutsch) ein ganzes Jahr auf diesen Tag hingearbeitet haben. Den Tag, an dem ein von 15 Schülerinnen und Schülern der Q11 geschriebener und vermarkteter Jugendroman der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Die Besonderheit merke man auch daran, so Schulleiter Berthold Freytag bei der Begrüßung, dass sich selbst Oberbürgermeister Joachim Wolbergs die Zeit nehme, um der Vorstellung beizuwohnen.
Die Besonderheit stellte auch auch Wolbergs heraus, der gar nicht viele Worte verlieren, sondern lieber den Beteiligten zuhören wollte. Der Roman sei aber deshalb so wichtig, weil er eben auch eine „politische Botschaft“ habe. „Wir wollen keine Rechten, keine Nazis in diesem Land“, betonte der OB, der selbst bereits 20 Exemplare des Buchs (privat) gekauft habe.
Letzteres sei für das gesamte Team ein Motivationsschub gewesen, erläuterte Nicole Richter-Ulmer, eine der beiden Leiterinnen des Projekt-Seminars, die die Entstehungs- und Entwicklungsphase des Romanvorhabens skizzierte. Das ambitionierte Ziel sei von Beginn an gewesen in nur einem Jahr ein fertiges Buch im Handel zu haben. Und das mit (eigentlich) nur 1,5 Stunden Seminarstunden in der Woche, die von allen Beteiligten ohnehin deutlich überschritten werden mussten. Das Projekt durchschritt Belastungsphasen und Motivationslöcher, konnte die Gruppe aus unterschiedlichen „Ichs“ im Laufe der Zeit zu einem „Wir“ formen, so Richter-Ulmer.
Fünf verschiedene Perspektiven auf die Handlung
Der Roman „Das Dorf. Siegfried sucht Heil!“ handelt von Siegfried, der sich im Konflikt mit dem stramm rechtsnationalen Ehrenkodex seines Heimatortes, einem fiktiven Dorf in der Nähe Regensburgs, und seiner Freundschaft zum Deutsch-Türken Murat befindet. Wie entscheidet er sich in diesem Konflikt? Das Buch erzählt die Handlung aus den Perspektiven von insgesamt fünf Figuren, die jeweils von fünf verschiedenen Autorinnen geschrieben wurden.
Den Plot haben die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit der Regensburger Autorin Carola Kupfer entwickelt, die Tipps beim Handlungs- und Spannungsaufbau und der Entwicklung der Charaktere gab. Kupfer selbst ist vom Roman überzeugt, zumal sich die Figuren auch auf interessante Weise entwickeln würden, was grundsätzlich die Qualität eines Buches ausmache. Die vielen Perspektivwechsel seien zudem eine sehr moderne und auch anspruchsvolle Schreibweise.
Im Rahmen der Recherche für das Roman hat die Gruppe unter anderem auch LEGIDA-Demonstrationen besucht und den Leipziger Bürgermeister Heiko Rosenthal befragt sowie die Friedrich-Ebert-Stiftung für einen Vortrag über Rechtsradikalismus engagiert. Als Verleger konnte Wolfgang Schröck-Schmidt für das Projekt gewonnen werden.
Am 28. September (Pustet) und am 30. Oktober (ALEX-Center) finden öffentliche Lesungen der Buchschmiede statt.
joey
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„Wir wollen keine Rechten, keine Nazis in diesem Land“
ich mag keine Leute, denen Differenzierung völlig abgeht.
So wie man auch nicht sagen kann: “wir wollen keine Politiker, keine Korrupten in diesem Land” oder “wir wollen keine linken, keine Stalinisten in diesem Land” sollte man zwischen einer konservativen Meinungsrichtung (rechts) bzw einer ausgeprägt Öko-Sozialpolitischen (linken) und Extremisten unterscheiden. Diese Merkmale sind längst erforscht, die passenden Sprachformeln eingeführt.
Trifft man diese Unterscheidung nicht, gibt man Extremisten eine sehr große Menge durchaus demokratischer Bürger ins Lager.
In bayerischen Dörfern um Regensburg ist Rechtsradikalismus noch kein größeres Problem. Was hier typischerweise vorkommt ist Selbstbedienung von sakrosankten Verwaltungen und Politikern, Bevorzugung von Freunden des Bürgermeisters, … und die Liste der Sünder geht durch alle Parteien, inclusive ÖDP, FW, SPD… selbstverständlich auch der CSU. Das politische Geschehen hier im Land ist ja bei RD gut dokumentiert.
Thema Rechtsradikalismus kommt mir hier eher wie eine Ablenkung vor.
Soll man nun ein Buch schreiben über Bürgermeister? Wohltals sucht Geld?
erich
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besser müsste es lauten “wir wollen keine korrupten Politiker in diesem Land, die dieses Land mit ihren spätrömisch-dekadenten Machenschaften und Umtrieben den Staatskörper und die Staatsorgane wie Ebola durchseuchen, schwächen und zersetzen”.
Sich als kleineres Übel im ständigen Vergleich mit dem Vorkriegsdeutschland oder der DDR darzustellen wollen wird irgendwann lächerlich und unglaubwürdig.
Hier ein Zitat, das meine These wohl bestätigt:
“Ich war von 1973 bis 2004 Richter am Landgericht Stuttgart und habe in dieser Zeit ebenso unglaubliche wie unzählige, vom System organisierte Rechtsbrüche und Rechtsbeugungen erlebt, gegen die nicht anzukommen war/ist, weil sie systemkonform sind. Ich habe unzählige Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte erleben müssen, die man schlicht “kriminell” nennen kann. Sie waren/sind aber sakrosankt, weil sie Par Ordre Du Mufti gehandelt haben oder vom System gedeckt wurden, um der Reputation willen. […] In der Justiz gegen solche Kollegen vorzugehen, ist nicht möglich, denn das System schützt sich vor einem Outing selbst – durch konsequente Manipulation. Wenn ich an meinen Beruf zurückdenke (ich bin im Ruhestand), dann überkommt mich ein tiefer Eckel vor ‘meinesgleichen’.”
Zitat: Frank Fahsel
Hans
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Ist ist des Kommentators Pflicht herumzumosern.
Und wenns vom OB gesagt wurde, dann muß es ja …..
Ganz schön schicht Ihr Zipfel ;)
Hainzinger Andreas
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Liebe Kommentatoren Joey und Erich. Kommentiert doch bitte den Artikel bzw. das wirklich bewundernswerte Buchprojekt eines engagierten Nachwuchses und dreht nicht das kleinste Komma so um, damit ihr einen Anlass dazu habt, euren Senf zu ganz anderen Baustellen abzugeben.
Maju
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Ein tolles und mutiges Projekt, an dem 15 Heranwachsende neben ihren schulischen Belastungen ein Jahr und länger hart gearbeitet haben. Schüler wie begleitende Lehrer verdienen hier ein Lob, der Artikel sollte nicht für eine Wolbergs Schimpftirade genutzt werden. Wir brauchen mehr Unterrichtsformen, die unsere Kinder zu selbständigen und selbstdenkenden Bürgern formen. Das hat auch politische Bedeutung, ein Herr Wolbergs ist in diesem Kontext nur Nebendarsteller.