PNP schluckt MZ: Der Deal ist durch
Das Bundeskartellamt hat keine Bedenken gegen die Übernahme der Mittelbayerischen Zeitung durch die Passauer Neue Presse. Klar wird durch die Mitteilung auch: Die Einstellung des Regensburger Wochenblatts hatte auch kartellrechtliche Gründe.
Die letzten Hürden sind beseitigt: Am Montag hat das Bundeskartellamt den Kauf der Mittelbayerischen Medien Holding KG durch die Verlagsgesellschaft Passau GmbH freigegeben. Damit ist eine inhabergeführte (Print-)Zeitung aus und für Regensburg endgültig Geschichte. Bereits Ende Juli hatten sich die Verlegerfamilien Esser (MZ) und Diekmann (PNP) auf den Deal geeinigt, der dem Vernehmen nach 180 Millionen Euro schwer sein soll (unser Bericht vom Juli).
„Die Übernahme der Mittelbayerischen Zeitung durch die Verlagsgesellschaft Passau ist aus wettbewerblicher Sicht unbedenklich“, so Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts. Die Verbreitungsgebiete der Zeitungen würden sich „nur marginal“ überlappen, so dass nicht von einem Wettbewerbsverhältnis zwischen den Beteiligten auszugehen sei. Unter anderem Martin Balle, Verleger des Straubinger Tagblatts, dessen Verbreitungsgebiet damit von der PNP „umzingelt“ ist, hatte beim Bundeskartellamt Beschwerde gegen die Übernahme eingelegt.
Wochenblatt-Aus beseitigte Probleme
Klar wird aus der Mitteilung der Behörde auch, dass bei der kurzfristigen Einstellung des Regensburger Wochenblatts (unser Bericht), das ebenfalls zur PNP-Gruppe gehört hat, auch kartellrechtliche Erwägungen eine Rolle gespielt haben dürften. In der Pressemitteilung des Bundeskartellamts wird explizit erwähnt, dass die „bis vor kurzem bestehende Überschneidung im Anzeigengeschäft in Regensburg“ durch die hiesige Wochenblatt-Ausgabe sich „mittlerweile aufgelöst“ habe.
Gegenüber Werbekunden hatte die Geschäftsleitung der Wochenblatt-Verlagsgruppe noch wirtschaftliche Einbrüche aufgrund von Corona als Grund für das Ende der Regensburg-Ausgabe angegeben. Gegenüber dem Bundeskartellamt habe die Verlagsgesellschaft Passau diese „anhaltend defizitäre Geschäftslage der Ausgabe glaubhaft machen“ können, heißt es dazu in der Mitteilung. Mehrere „frühere Verkaufsbemühungen“ seien erfolglos geblieben. „Die Einstellung konnte in der wettbewerblichen Würdigung des entsprechend verändert angemeldeten Vorhabens berücksichtigt werden“, so das Bundeskartellamt.
Tatsächlich hatte die PNP-Gruppe die ehemals durchaus relevante Gratiszeitung inhaltlich schon länger heruntergewirtschaftet. Zuletzt wurde das Blatt im Wesentlichen von einer zentralen Agentur mit Kochrezepten, PR-Texten und Kreuzworträtseln befüllt. Der ehemals regionale Charakter war damit endgültig weg. Als journalistisches Deckmäntelchen für Werbeprospekte schien das Regensburger Wochenblatt aber zuletzt noch funktioniert zu haben.
„Meinungsvieltfalt ist kein kartellrechtlicher Maßstab“
Keine Aussagen trifft das Bundeskartellamt zur weitgehende Monopolstellung der MZ-Gruppe in punkto Zeitungs- und Prospektverteilung in Regensburg. Die vom Straubinger Verleger Balle anlässlich der Fusion ins Leben gerufene „Regensburger Zeitung“ muss derzeit noch auf Postzustellung zurückgreifen.
Etwas hilflos liest sich die Mitteilung des Bundeskartellamts zu der Frage, welche Auswirkungen die Übernahme der MZ durch die PNP auf die „Auswahlmöglichkeiten der Leser“ hat. Diese würden zwar als Kriterium herangezogen, aber: „Meinungsvielfalt als solche (kann) kein eigener kartellrechtlicher Bewertungsmaßstab“ sein.
Bereits vor fünf Jahren hatte sich die Passauer Verlagsgruppe den in Ingolstadt erscheinenden Donaukurier einverleibt. Nach eigenen Angaben erreichten die drei Tageszeitungstitel im Jahr 2020 eine tägliche verkaufte Auflage von rund 348.000 Stück.
MZ-Gründer Esser war einer der ersten Lizenznehmer
MZ-Gründer Karl Friedrich Esser gehörte 1945 zu den ersten Verlegern in Bayern, die von der amerikanischen Militärregierung eine Lizenz zur Herausgabe einer eigenen Tageszeitung erhalten hatten. Sein Sohn Karl Heinz übernahm die Verlagsgeschäfte 1961. Dessen Söhne Thomas und Peter Esser standen seit 1991 an der Spitze des MZ-Verlags, den sie nun verkauft haben. Sie scheiden aus dem Verlag aus, ebenso der langjährige Vorsitzende der Geschäftsführung, Martin Wunnike. Der Boss ist jetzt PNP-Verlegerin Simone Tucci-Diekmann.
Noch Leser
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Ich verstehe aber immer noch nicht warum die MZ verscherbelt wurde. Einfach nur so: wegen Reichtum geschlossen?
Jung Regensburger*in
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Und trotzdem werden die Konservativen und ihre regressiven Ideologien unaufhaltsam an Bedeutung verlieren und das ist wunderschön!
Mitleser
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Ich sehe weder im Verlust des Wochenblatts (was, wenn man ehrlich ist, ein vollkommen sinnloser Rohstoffverschwender war, der niemanden fehlt), noch am Verlust der Eigenständigkeit der MZ einen negativen Aspekt.
Ersteres ist eigentlich gut weg, der vorherige Hauptverantwortliche hat sich ja eh schon in der MZ eingenistet und diese ebenfalls auf das Niveau runtergedrückt, dass die Relevanz nicht wirklich gegeben ist.
Wobei die journalistische Leistung der MZ auch vor dem Herrn vom Anzeigenblättchen schon weit weg war von seriös, neutral und unabhängig.
Um die Mitarbeiter tuts mir leid, aber da wurde ja vor ein paar Jahren eh schon ziemlich viel “entsorgt”:
https://www.regensburg-digital.de/t/mz-entlassungen/
Die Nähe zu gewissen Veranstaltern und Unternehmern ist auch lange und gut genug bekannt, dass man in der Zeitung eigentlich eh nie auch nur einen Satz lesen durfte, ohne die Zusammenhänge und Verstrickungen zu kennen, um sich eine Meinung zu bilden.
Im Grunde ist die MZ ein austauschbares und ersätzliches Medium. Dafür haben die Verantwortlichen über Jahrzehnte selbst gesorgt. Wie man dafür noch 3-stellige Millionenbeträge hinblätteren kann, das wissen wahrscheinlich nur die Niederbayern. Den Untergang hätte man auch einfach aussitzen können.
Aber nur meine Meinung und Sichtweise. Soll jeder sich selbst ein Urteil darüber bilden.
Madame
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Die mittelmäßige wird jetzt auf Passauer Niveau herabsinken. Viel Vergnügen.
Mr. T.
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Was Mitleser da schreibt, stimmt schon so. Bei der Mittelmäßigen wird nicht das betrauert, was sie war, sondern das, was sie sein hätte können – eine unabhängige gute Tageszeitung. Wenn man sich aber etwas mit den lokalen Medien beschäftigt hat, wusste man ja, worüber sie wie schreiben und worüber explizit nicht. Man wusste, mit wem der Herausgeber verspezelt oder verfeindet war und welche Partei er bevorzugt. Man hat sich eh immer jeden Artikel unter diesen Gesichtspunkten zurechtrücken müssen. Und jetzt ist halt der Herausgeber nicht mehr mit einem Pegida-Peter verspezelt, sondern vielleicht mit einem Wehrmacht-Wolfi, aber sonst ändert sich wohl nicht viel.
Johannes Urban
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Einen positiven Aspekt gibt es: Jetzt gibt es endlich eine lokale Ausgabe des Straubinger Tagblattes. Im Lkr. Cham gab es schon immer die Wahl: MZ in Form der Bayerwald Echo oder Straubinger Tagblatt in Form der Chamer Zeitung? Letztere ist um Welten besser.
Kopf hoch, Regensburg-Digital! Konkurrenz belebt das Geschäft!
gizmo
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Günther Herzig
28. Oktober 2021 um 13:47 | #
Naja, da wird ja schon seit Jahrzehnten gestritten.
https://www.spiegel.de/spiegel/print/index-1962-11.html