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"...was wohl Oma dazu sagt?"

Pflichtfach Streik

Die Pflegeschüler am Bezirksklinikum haben den Sozialkundeunterricht am Dienstag auf die Straße verlegt.

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„Braucht noch wer a Pfeiferl? Nehmt’s Euch no a Brezn. Kaffe waar a no do.“ Dienstag, kurz vor 9 am Bezirksklinikum. Vor dem kleinen Gebäude der Personalvertretung herrscht Hochbetrieb. Transparente werden in Positur gebracht und Trillerpfeifen ausprobiert. Aus einem kleinen Verstärker dröhnt Musik, begleitet durch eine Trommel, die auf einem Rollstuhl mitfährt. Spätestens um halbzwölf will man vor dem Alten Rathaus sein. Warnstreik im öffentlichen Dienst.

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Streiken war für medbo-Azubis früher schwierig

Gerade die Azubis sind von der aktuellen Verhandlungsrunde betroffen. Die Gewerkschaft ver.di fordert für sie 100 Euro mehr im Monat, die Arbeitgeber haben bislang etwas weniger als zehn Euro angeboten. Die Forderung nach drei Tagen mehr Urlaub für die auszubildenden lehnt die Arbeitgeberseite bislang komplett ab. Und auch von den drohenden Einschnitten in die betriebliche Altersversorgung wären sie langfristig betroffen. Grund genug, um sich am Streik zu beteiligen.

Doch für die Azubis an den Medizinische Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz (medbo), zu denen auch das Bezirksklinikum zählt, gestaltete sich das in der Vergangenheit schwierig. Sie haben Unterricht an der Pflegefachschule und bis vor kurzem stellte sich in der Vergangenheit die Schulleitung quer. Es wurde mit Verweisen gedroht, just an Streiktagen prüfungsrelevanter Stoff auf den Unterrichtsplan gesetzt oder das Streikrecht mit Verweis auf Kultusministerium und Schulpflicht schlicht in Zweifel gezogen. „Mittlerweile ist das Eis gebrochen“, freut sich der Personalratsvorsitzende Bruno Lehmeier.

Praxisunterricht auf der Straße

Im Rahmen des Sozialkundeunterrichts wurde mit Zustimmung der Schulleitung heute Tarifpolitik und Streikrecht auf den Unterrichtsplan gesetzt. Die eine Theoriestunde ist um neun gerade vorbei, in den folgenden drei Stunden wird das Gelernte in die Praxis umgesetzt. „Tarif Wars. Die Pflege schlägt zurück“, steht auf einem der Transparente. „Skandal! Azubis der medbo streiken!!!“ auf einem anderen. Laut sind die angehenden Pflegekräfte sowieso. Während der kurzen Kundgebung auf dem Gelände des Bezirksklinikums werden immer wieder Sprechchöre angestimmt. „An der Pflege wird gespart, was wohl Oma dazu sagt.“

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Auch wenn es nur vielleicht 50 der insgesamt rund 160 Schüler sind, die den Unterricht heute auf die Straße verlegen, der Rest hat Dienst oder ist anderswo beim Blockunterricht, ist das eine überdurchschnittliche Beteiligung, angesichts der Tatsache, dass sich vom Bezirksklinikum mit knapp 2.400 Beschäftigten ohnehin nur etwas mehr als 200 am Warnstreik beteiligen. Einige von diesen 200 wiederum sind nicht mal bei der Gewerkschaft. „Ich hab mir heute Urlaub genommen, um mitzugehen“, erzählt einer. Wenn bei den Tarifverhandlungen dieses Mal „etwas Vernünftiges“ herauskomme, dann werde er wahrscheinlich jetzt doch mal Mitglied.

Der Demonstrationszug bewegt sich derweil unter lauten Sprechchören, Trommeln und Pfeifen den Galgenberg hinunter. Langsam verschwindet de morgendliche Sonne und es beginnt zu graupeln. Es ist kalt und windig. Das wird bis zum Ende des Warnstreiks nicht aufhören.

Dreist und gierig?

Ob „etwas Vernünftiges“ bei den Tarifverhandlungen herauskommt, bleibt abzuwarten. Glaubt man nämlich den Rednern im Streiklokal im Antoniushaus und später vor dem Alten Rathaus, dann lagen Arbeitgeber und Gewerkschaft selten so weit auseinander wie dieses Mal. Neben den Verbesserungen für die Azubis fordert ver.di sechs Prozent mehr Lohn.

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Als „dreist und gierig“, hätten die Arbeitgeber diese Forderung bezeichnet, erzählt Renate Eichert. Die Vorsitzende des Gesamtpersonalrats der Stadt Regensburg sitzt bei den aktuellen Tarifauseinandersetzungen mit am Verhandlungstisch in Potsdam. „Dort wurde uns gesagt, wir kriegen den Hals nicht voll.“ Sie hätte auch einige Worte, mit denen sie das Verhalten der Arbeitgeber bedenken könnte, so Eichert auf dem Rathausplatz. „Aber wir haben ja trotz solcher Unverschämtheiten noch Anstand.“

Tatsächlich hat das letzte Angebot der öffentlichen Arbeitgeber – Bund, Länder und Kommunen – die Gewerkschaft richtig auf die Palme gebracht. Öffentlich kommuniziert wurde eine Erhöhung von drei Prozent. Tatsächlich, das rechnet ver.di-Bezirksgeschäftsführer Alexander Gröbner vor, wurden für 2016 ein Prozent ab 1. Juni und für 2017, ebenfalls ab 1. Juni zwei Prozent geboten. „Das bedeutet faktisch einen Reallohnverlust. Das kann man nicht als Angebot bezeichnen. Das ist eine Provokation.“

“100 Euro mehr und keinen Cent weniger”

Lisa Freunek, Vertreterin der ver.di.-Jugend am Bezirksklinikum spricht gar von einer „Beleidigung“. In Sonntagsreden werde immer gesagt, was für eine wichtige Arbeit die Pflege sei. „Und wenn wir eine anständige Bezahlung fordern, werden wir als maßlos beschimpft.“ Allein bei der medbo hätten zwei Drittel der Beschäftigten befristete Arbeitsverhältnisse. Das müsse sich ändern. „Und wir Azubis fordern 100 Euro mehr und keinen Cent weniger.“ Ansonsten werde man erneut und noch heftiger streiken.

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Nimmt man die Listen fürs Streikgeld am Dienstag, dann haben sich etwas mehr als 8oo Beschäftigte an dem Warnstreik beteiligt. Von den 38 Kindergärten waren nur sechs geöffnet, am Theater Regensburg mussten zwei Vorstellungen abgesagt werden, aber auch von der REWAG, Jobcenter, Wasserwirtschaftsamt und zahlreichen Behörden der Stadt Regensburg haben sich Mitarbeiter beteiligt.

“An Einschränkungen sind die Arbeitgeber schuld.”

Für ver.di ist das Ganze ein Erfolg. Man habe lediglich mit 600 Streikenden gerechnet, sagt Gröbner. Ob das schon reicht, um die Forderungen durchzusetzen? „Wir sind zu allem bereit, wollen aber nicht unnötig die Muskeln spielen lassen, so Gröbner. Im Gegensatz zu anderen Arbeitgebern ginge ein Streik im öffentlichen Dienst ja vor allem zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger. „Wenn es aber Einschränkungen geben sollte, dann sind nicht Beschäftigte schuld, die ihr Streikrecht wahrnehmen, sondern die Arbeitgeber.“

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Die Kundgebung wird gegen 12 Uhr beendet. Dass Oberbürgermeister Joachim Wolbergs es nicht mehr rechtzeitig geschafft hat, vorbei zu kommen, wird mit vereinzelten Buh-Rufen bedacht. Die medbo-Azubis machen sich derweil wieder auf den Weg zur Pflegefachschule. Der Praxisunterricht ist beendet. Sie müssen jetzt noch im Klassenzimmer nacharbeiten.

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Kommentare (6)

  • Unsere Oma sagt:

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    Lasst euch ja nicht von den Falschen (ein)wickeln!

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  • Leidtragender

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    Wer Kinder hat, “freut” sich schon auf die Verdi-Streiks alle zwei Jahre. Bestreikt werden immer Kindergärten und Kinderhorte. Wer nicht im öffentlichen Dienst arbeitet, kann sich dann Urlaub nehmen und mit den Kindern Zuhause bleiben. “Toll” auch wenn man mehrere Kinder hat, die in unterschiedlichen Einrichtungen sind und die nacheinander bestreikt werden – der Jahresurlaub geht dann dahin. Klar, es gibt “Noteinrichtungen” – aber ehrlich gesagt, wer will sein Kind für einen Tag in einer anderen Einrichtung “abgeben”?

    Streikrecht ja. Schön wäre nur, wenn mal wieder der öffentliche Nahverkehr oder die Straßenreinigung bestreikt wird. Zur Arbeit kann ich notfalls auch mit dem Fahrrad fahren, aber auf den Kindergarten ist man alternativlos angewiesen.

    Für mich haben die Verdi-Streiks mittlerweile etwas Ritualhaftes. Mir erscheint es auf jedenfalls sinnlos, da sich Staat und Verdi später ohnehin einigen und mir schleierhaft ist, warum man den ganzen Streik vorschalten muss. Besser wäre, Verdi sagt “6 %”, der Staat sagt “gar nichts” und dann einigt man sich bei 3,6 % auf zwei Jahre und einem Zuschlag von EUR 75,00 für die unteren Lohngruppen wie man es immer macht.

    Streiken sollten besser die Beschäftigen bei VW, die jetzt ausbaden müssen, was ihnen ihre Chefs mit dem Abgasskandal uvm. eingebrockt haben. Aber ein Streik im öffentlichen Dienst? Die Gewerkschafter sind oft in der SPD, auf der anderen Seite sitzen die SPD-Vertreter beim Staat – kann man sich denn da nicht normal einigen?

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  • Rentnerin

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    Nach einer 45-jährigen Berufstätigkeit – Vollzeit – Alleinerziehend – heute 70 Jahre – mit allen Höhen und Tiefen des Berufslebens konfrontiert, habe ich mir bei Problemen immer die Frage gestellt, welche Alternativen habe ich denn.

    Der Gewerkschaft und allen sozialen Organisationen nahestehend blieb ich immer bei der Frage hängen, welche Möglichkeiten bietet der bisherige Schulabschluss.

    So ging der Weg für mich nicht durch Streik, sondern durch Weiterbildung am 2. Bildungsweg vorwärts.

    Der 1. Bildungsweg blieb mir zu meiner Zeit verschlossen.

    Es war auf manchen Arbeitsplätzen so schlimm, dass man mich wahrscheinlich noch als Hexe verbrannt , wenn es noch mittelalterliche Zeiten gegeben hätten, falls ich es wagte, im falschen Ton meinen Mund aufzumachen.

    Es gab nur eine Alternative, lernen und einen anderen Weg einschlagen.

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  • Seoo

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    @ Rentnerin – zu kurz gedacht!!
    Wenn alle die jetzt schon pflegen, Kinder versorgen, Strassen reinigen, und den “Gstudierten” – den Besuch der Oper ermöglichen, sich weiterbilden und lernen , einen anderen Weg einschlagen, und alle die die noch in Ausbildung sind, das auch tun –
    WER MACHT DANN DIE ARBEIT AN DER BASIS?????
    Es wird spannend, wenn Angehörige im Altersheim die Pflegekraft nicht verstehen, da sie aus dem Ausland kommt, weil es die einzigen sind, die für den geringen Lohn noch dort arbeiten…….
    Wir machen unseren Job gerne, aber es muss respektiert und anständig bezahlt werden, dass wir 24 Stunden an 365 Tagen jederzeit erreichbar sind!!!
    Ich sehe Sie schon sehr wütend in einer Notaufnahme sitzen, und warten – leider sind alle ausgebildeten Pflegekräfte in Fortbildung ( Ihr Rat) ….

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  • ÖPNV

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    Würde ein Streik nicht weh tun, dann ist er sinnlos.
    Wir würden es uns zu einfach machen, den Streik in den Großbetrieben der IGM zu fordern und selber nicht zu streiken. Ich finde es gut selber auch für meine Rechte zum Streik zu gehen. Egal ob Post, BMW oder ÖD. Wer das nicht macht hat auch nicht das recht auf Tarifliche Leistungen.

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  • Hans

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    @”Leidtragender”
    Ohmeiohmei, ein so ein Kreuz aber auch: Da setzt man schon mal Kinder in die Welt und dann will ab und zu mal kein Anderer auf die Gören aufpassen, gell. Mein Beileid, Sie ärmster “Leidtragender” !
    Nur: Wenn Sie die Betreuung Ihrer eigenen Kinder als “Leid” empfinden, wieso haben Sie dann…
    Aber jetzt laufe ich Gefahr logisch zu werden… Lassen wir das lieber!
    Belassen wir es bei der Feststellung, dass es das Leben leider immer noch nicht mit einer Alle-Eventualitäten-Round-About-Versicherung mit Kuschelfaktor im Internet-Versandhandel zu beziehen gibt. Um ein paar Sachen muß man sich gelegentlich schon noch selbst kümmern.

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Kommentare sind deaktiviert

drin