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Petition gegen „Sonderkündigungsrecht“

Wegen des Verdachts, sie habe 20 Euro und elf Euro in Briefmarken gestohlen, will das Mercure Hotel Regensburg einer Mitarbeiterin fristlos kündigen (wir berichteten). Derzeit wird der Fall vor dem Arbeitsgericht Regensburg verhandelt. Der Vorwurf ist nicht bewiesen. Ebenso liegt der entstandene Schaden in einem Bereich, der strafrechtlich kaum zu Konsequenzen führen würde. Anders im Arbeitsrecht: Hier sind Verdachtskündigungen oder Kündigungen wegen Bagatelldelikten gängige Praxis. Das zeigt der Fall der Kassiererin Barbara E., genannt „Emmely“. Sie wurde von ihrem Arbeitgeber, der Kaiser’s Tengelmann AG, entlassen, weil sie verdächtigt wurde, Pfandbons im Wert von 1,30 Euro unterschlagen zu haben. Zuvor hatte sie 31 Jahre bei dort gearbeitet. Das Landesarbeitsgericht Berlin hat die Rechtmäßigkeit dieser Kündigung im Februar bestätigt. Der Fall machte bundesweit Schlagzeilen. In Berlin hat sich ein Solidaritätskomitee Emmely gegründet. Mit einer Petition wollen die Aktivisten den Bundestag zu einer Gesetzesänderung bewegen: Mitarbeiter sollen wegen eines durch sie herbeigeführten Schadens nicht mehr entlassen werden können, wenn dieser geringfügig ist. Ein Interview mit Gregor Zattler vom Komitee „Solidarität mit Emmely“. Herr Zattler, in Ihrer Petition fordern Sie eine generelle Bagatellgrenze bei Kündigungen. Warum? Wir fordern nur, dass im Arbeitsrecht dasselbe wie im Strafrecht gilt: Dort muss der entstandene Schaden in aller Regel bei mindestens 50 Euro liegen. Ebenso gilt die Unschuldsvermutung. Die gängige Rechtsprechung vor Arbeitsgerichten erlaubt es Arbeitgebern dagegen, Beschäftigte wegen vermeintlicher schwerer Verfehlungen zu kündigen, die so geringfügig sind, dass kein Staatsanwalt jemals ermitteln würde. Von Arbeitsrichtern wurden in der Vergangenheit Kündigungen als rechtens bestätigt, bei denen der behauptete Schaden gar nicht bezifferbar ist, zum Beispiel beim „Diebstahl“ abgelaufener Lebensmittel. Bei einer Verdachtskündigung muss die Verfehlung nicht einmal bewiesen werden. Es genügt ein dringender Tatverdacht. Hier gilt meist der Grundsatz: Im Zweifel gegen den Beschäftigten. Argumentiert wird mit dem notwendigen Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das kann auch bei einem Verdacht oder einem Bagatelldelikt zerstört sein. Vertrauen ist kein juristischer Begriff. Ich habe mir mehrere Gerichtsurteile durchgelesen. Wenn irgendetwas passiert, wird von Arbeitgeberseite fast immer damit argumentiert, dass das Vertrauensverhältnis restlos und unrettbar zerstört sei. Wer definiert, wann das Vertrauen zerstört ist? Doch nur der Arbeitgeber. Dass eine solche Argumentation von Arbeitsgerichten aufgenommen wird, macht es Unternehmen leicht, unbequeme Mitarbeiter los zu werden. Beispiele: Emmely hat sich aktiv an Streiks beteiligt. Beim Mercure Hotel in Regensburg geht es um eine Betriebsrätin. Wenn man lange keinen tatsächlichen Grund gefunden hat, um so jemand zu kündigen, hilft man vielleicht einfach ein wenig nach. Man kann Leuten Fallen stellen. Es reichen ja niedrige Beträge. Da sinkt die Hemmschwelle für Manipulationen. Bei Emmely ging es um 1,30 Euro, im Mercure Hotel Regensburg um 30 Euro. Sind es vor allem Betriebsräte bzw. gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer, denen wegen solcher Fälle gekündigt wird? Darüber haben wir nicht wirklich einen Überblick. Fest steht aber, dass es gerade jetzt – in der Wirtschaftskrise – für Unternehmer durchaus attraktiv sein kann, mit solchen Methoden, langjährige Arbeitnehmer mit Festverträgen,  los zu werden, um sie durch Angestellte mit niedrigerem Gehalt zu ersetzen. Noch im Mai wird die Petition auf den Internetseiten des Deutschen Bundestags online gestellt. Ihre Hoffnung? Wir brauchen innerhalb von drei Wochen mehr als 50.000 Unterzeichner, damit sich der Petitionsausschuss in öffentlicher Sitzung damit befassen muss. Mit unserer Petition machen wir nicht mehr, als beim Bundestag „Bitte, bitte“ zu sagen. Ihrer öffentlichen Empörung über das Urteil gegen Emmely sollten die Abgeordneten aber auch Taten folgen lassen. Es muss eine Gesetzesänderung her, um dieses Sonderkündigungsrecht für Unternehmer abzuschaffen. Mehr Infos: http://1euro30.de/

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Kommentare (1)

  • Michael Pramann

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    Zumwinkel muss man eben heissen. Dann klappt´s auch mit dem Arbeitgeber. Eine “kleine” Abfindung inclusive.
    Vertrauensbruch?
    Dies sollte auch endlich als Straftatbestand für Politiker eingeführt werden. Jeden Tag werden wir belogen.
    Aber dann wäre der Bundestag eine Geisterhalle.
    Obwohl: Sieht man Berichte in den Medien über Bundetagsdebatten, wieviele von den über 600 Abgeordneten sind denn da überhaupt noch anwesend?
    Gähnende Leere.

    In diesem Sinne,

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Kommentare sind deaktiviert

drin