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„Paradebeispiel für einen Naturgarten mitten in Regensburg“ gerodet

Ein 120 Jahre alter Streuobstgarten mitten in Regensburg ist weitgehend Geschichte. Bäume und Sträucher wurden abgeholzt. Die Hecken gerodet. Alles rechtlich in Ordnung, sagt das Umweltamt.

Vor der Rodung: der Garten in der Jannerstraße aus der Vogelperspektive. Foto: privat

Es geht um Zentimeter, als eine Vertreterin des Regensburger Umweltamts am Montagnachmittag gegen 16 Uhr in dem 120 Jahre alten Streuobstgarten in der Jannerstraße im Stadtosten eintrifft. Zum zweiten Mal an diesem Tag ist man vor Ort. Vieles ist jetzt schon geschehen. Den großen Gingko haben die Arbeiter mittlerweile gefällt.

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Man misst den Umfang und Durchmesser des Stumpfes, stapelt die zersägten Teile übereinander. Die Anwesenden diskutieren, an welcher Stelle denn nun gemessen werden muss. Am Ende kommt man von 1,1 Meter schließlich auf einen Stammumfang von 98 oder 99 Zentimetern in einem Meter Höhe vom Boden aus gemessen. Damit war die Fällung gerade so legal.

Bei einem Meter Umfang braucht es eine Genehmigung der Stadt, Ausgleichspflanzungen oder eine Ersatzzahlung zwischen 500 und 1.000 Euro. Ansonsten droht ein Bußgeld. Doch all das sind vernachlässigbare Beträge, wenn man bedenkt, was man hier alles hinbauen könnte.

Hausbewohner informierten das Umweltamt

Dem Eigentümer wäre es wohl am liebsten gewesen, wenn die Behörde nicht mitbekommt, dass die Bäume, Sträucher und Hecken in dem Garten abgeräumt werden. Einen Bauantrag hat er nämlich nicht gestellt. Wohlweislich möchte man sagen. Dann wäre nämlich das Umweltamt von sich aus vorstellig geworden.

Es hätte wohl eine artenschutzrechtliche Prüfung gegeben und dann wären nicht nur die Bäume vorab gecheckt worden, sondern auch die sonstige Flora und Fauna. Das weiß der Eigentümer. Er hat 2018 schon mal einen Bauantrag gestellt, blitzte aber damit ab.

Auch größere Bäume mussten weichen.

So waren es Mieter und Nutzer des Gartens, die die Behörde informiert haben, weil sie in den Tagen zuvor mitbekamen, dass die Rodung vorbereitet wird. Auf eine Anfrage hatte ihr Vermieter, der Immobilienunternehmer Jörg Schwinger, zuvor nicht reagiert.

Bußgelder, die nicht wirklich wehtun

Als Vertreterinnen des Umweltamts am Montagmorgen eintreffen, ist der große Feigenbaum schon weg. Als sie wieder fahren, folgen die 30 Meter hohen Tannen, Dutzende Thujen und Hagebuttensträucher. Schließlich die Hecken. Da ist es nur ein kleiner Trost, dass ein paar größere Bäume geblieben sind. Gerade noch, möchte man sagen.

Es ist nicht so gekommen wie in Kumpfmühl, wo letzten Oktober zehn solche Bäume ohne Genehmigung illegal gefällt wurden und im Nachhinein nur noch ein Bußgeld erhoben werden konnte. In diesem Fall bis zu 50.000 Euro. Doch das tut nicht sonderlich weh, wenn man die Fläche anschließend bebauen kann. Bei solchen Beträgen gebe es die Gefahr, dass illegale Rodungen um sich greifen, sagt ÖDP-Stadtrat Benedikt Suttner.

„Paradebeispiel für einen Naturgarten mitten in der Stadt“

Was in der Jannerstraße bis jetzt passiert ist, sei aber rechtlich in Ordnung, teilt die Stadt auf Anfrage mit. Die Vogelbrutzeit, ab der nicht mehr gerodet werden darf, beginnt erst im März. Insofern greift nur die Baumschutzverordnung. Und jene Bäume, die darunter fallen, bleiben stehen. Das sei zumindest den Vertreterinnen des Umweltamts versichert worden, die nach der Meldung der Mieter vor Ort waren, sagt Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer.

Der Garten nach der Rodung.

Trotzdem ist nicht viel übrig geblieben von dem „Paradebeispiel für einen Naturgarten mitten in der Stadt“, wie der Vorsitzende des Bund Naturschutz, Raimund Schoberer, den Garten bezeichnet hat. Der ist jetzt Bauerwartungsland, ohne die störenden Igel, Fledermäuse und Mauersegler, die das Weite gesucht haben.

Stadtrat Friedl: „Schützenswerte Flächen stärker in den Blick nehmen“

Auch außerhalb der Brutzeit ist der Eigentümer verpflichtet, sicherzustellen, dass keine artenschutzrechtlichen Verbote verletzt werden. Dem Vernehmen nach soll sich nach dem ersten Besuch des Umweltamts am Vormittag binnen kürzester Zeit ein Biologe gefunden haben, der gutachterlich versicherte, dass alles, was da gemacht wird, artenschutzrechtlich völlig in Ordnung sei.

Stadtrat Jakob Friedl (Ribisl), der eine Mieterin bei ihrer Meldung gegenüber dem Umweltamt unterstützt hat und auch im Garten vor Ort war, fordert, die Baumschutzverordnung nachzuschärfen, solche Rodungen genauer zu prüfen und schützenswerte Flächen generell stärker in den Blick zu nehmen. Es seien mehrere Bäume gefällt worden, bei denen die Arbeiter just einen Umfang von 98 oder 99 Zentimetern gemessen hätten, knapp unterhalb der genehmigungspflichtigen Grenze. So ein Zufall.

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Kommentare (5)

  • Native

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    Diese Vorgehensweise von einigen professionellen, profitorientierten Bauträgern und Projektentwicklern, wie in der Janner Straße passt zum „System Regensburg“ und die Vorgehensweise Einiger aus der Immobilienbranche. Die Rodung eines 120 Jahre alten Naturgarten, möglichst stillschweigend ohne öffentliche Wahrnehmung wird beauftragt, ohne Kontaktaufnahme mit dem Umweltamt. Eventuelle Bußgelder (falls überhaupt fällig) zahlen sie den „Umweltfrevel“ aus der Portokasse und die werden ohnehin einmal auf Immobilienkäufer umgelegt. Der Bund Naturschutz kämpft da einen „Kampf gegen Windmühlen“. Dieses „schiefe Bild“ einiger Bauträger schadet auch dem Ruf der seriösen Unternehmer der Immobilien- Branche. Frei nach dem Motto: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich völlig ungeniert“, steht die Gewinnoptimierung im Vordergrund.
    Flora, Fauna, Artenschutz und Ökologie haben leider keine Lobby, die gleichberechtigt beachtet und gewertet werden. Hauptsache die Kasse stimmt.
    Zu diesem Thema fällt mir das Lied: „Karl der Käfer“ von der Gruppe Gänsehaut ein. 😊

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  • Alfons

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    Mich kotzt das an. In der heißesten Stadt Bayerns werden die wenigen Bäume und grünen Inseln einfach so gefällt und vernichtet. Tschuldigung nicht einfach so, da will man Geld machen. Leider leidet darunter immer mehr die Lebensqualität.

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  • Immobilieneigentümer

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    Ja, Gesetze und Verordnungen sind einzuhalten.
    Zugegeben erscheint die annähernd 1m betragende Stammdicke „passend“ bemessen.

    Aber: Eigentümer sollen in diesen Grenzen frei über ihre Grundstücke verfügen und es ist legitim diese Grenzen auch auszuschöpfen.

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  • Mr. T.

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    Wie erwähnt sind die lächerlichen Strafe das Problem, die sich nicht am dadurch erlangten Vorteil orientieren. Wenn so etwas doppelt so viel kosten würde, wie es bringt, würde es nicht so oft passieren.

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  • Joe_Kerman

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    Wer braucht schon Schattenspendende Bäume und kühle Gärten, wenn man auch hitzeflirrenden Beton haben kann. Oder je nachdem was man da halt mal vielleicht drauf baut.

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