Zur Stichwahl am Sonntag: Schaidinger oder Wolbergs – ist das eine Frage? Sonntag, 18 Uhr, wird im Thon-Dittmer-Palais der OB feststehen.
„Ist es besser, geliebt zu werden als gefürchtet, oder verhält es sich umgekehrt? Die Antwort lautet, dass beides erstrebenswert ist; da man jedoch beides nur schwerlich miteinander verbinden kann, ist es für einen Herrscher viel sicherer, dass er gefürchtet wird als geliebt.“
Was Niccolo Machiavelli recht war, sollte den beiden Kandidaten, die sich am Sonntag – erneut – um das Amt des Oberbürgermeisters von Regensburg bewerben nur billig sein. Kein politisches Amt vereinigt schließlich so viel Macht auf einer Einzelperson wie das eines bayerischen Oberbürgermeisters. Geliebt werden beide nicht – jedenfalls nicht von einem Großteil ihrer jeweiligen Partei. Zu beobachten beim zurückliegenden Wahlkampf, der von beiden nicht gerade geschlossen geführt wurde. Mit der Liebe des Volkes zu Joachim Wolbergs und Hans Schaidinger kann es auch nicht so weit her sein, wenn man die verheerende Wahlbeteiligung vom 2. März betrachtet. 30 Prozent aller Wahlberechtigten mögen – zusammengerechnet – Wolbergs oder Schaidinger. Eine Minderheit. Bleibt das Fürchten.
Schaidinger hat allein im Zuge der Fürst-Affäre, aber auch in den zurückliegenden zwölf Jahren bewiesen, dass er potentielle Konkurrenten relativ skrupel- und rücksichtslos aus dem Weg räumen kann und dazu auch über die entsprechenden Kontakte zu Medien und Parteioberen verfügt. Manche Polit-Leiche hat sich im Laufe des Wahlkampfs leider Gottes wieder erhoben und mit allerlei Mitteln gegen den Oberbürgermeister gearbeitet (Beispiele: Gerüchteprozess, Donaumarkt, Stadtbau-Affäre, Schlegl-Abschuss). Gefürchtet wird – wenigstens in der eigenen Partei – aber auch Wolbergs. Freilich in geringerem Maß, entsprechend der Machtfülle eines SPD-Oberbürgermeister-Kandidaten. Entsprechend geringer auch die Rücksichtslosigkeit. Abgesehen davon – was zeichnet beide sonst noch aus. Eine kleine Zusammenstellung ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Ausgangsposition
Wolbergs: Schlecht organisierter Wahlkampf. Mieses Wahlergebnis. Keine Mehrheit in der eigenen Fraktion. Muss mit anderen reden.
Schaidinger: Gut organisierter Wahlkampf, sogar aus dem „neutralen” Rathaus. Abweichler in der Fraktion, treusten Parteisoldaten und Wadlbeißer (Herbert Schlegl) verloren. Könnte es mit Teilen von SPD und Grünen zu einer Durchregier-Mehrheit bringen.
Hobbys
Schaidinger: Bauen
Wolbergs: Politik
Imageprobleme (Auswahl)
Schaidinger: rücksichtslos, rüde, Sensibelchen, Spaltpilz
Wolbergs: profillos, feige, Wendehals, Schaidinger-Lehrbub
Moderationsfähigkeiten
Schaidinger: Hat in den letzten zwölf Jahren eindrucksvolle Fähigkeiten im Durchregieren gezeigt (Kernsätze: „Wenn ich will, will meine Fraktion auch.”). Kein komplizierter Demokrat („Vermeiden wir umständliche Abstimmungen.”). Hat mit den Kleinen bislang nicht geredet, sieht die „bürgerliche Mitte” auf seiner Seite. Kann gut Mehrheiten erzwingen. Mag Ja-Sager. Hasst Querdenker.
Wolbergs: Kein Graf der Diplomatie. Flippt gern mal aus. Hat alle bislang im Stadtrat vertretenen Kleinparteien schon mal als „Splittergruppen” bezeichnet. War schon CSU-Rammbock (beim Donaumarkt). Hat aber den Kernsatz: „Ich habe mich entschuldigt.” Redet jetzt mit allen Kleinparteien. Will einen Runden Tisch, einen Ältestenrat und alles, was glücklich machen könnte, sagt er.
Tagesgeschäft organisieren.
Schaidinger: Verwaltungsfachmann, damit vom Fach. Hat die Verwaltung im Griff. Unterbindet eigene Vorschläge von Referenten (Beispiel: Verkehrsberuhigung am Domplatz). Versteht Verwaltungsdeutsch, zeiht Verwaltungslaien – andere Stadträte – schon mal der Unwissenheit („Sie Hobby-Architektin”). Hat Gebühren gesenkt. Mag Transparenz nicht.
Wolbergs: Kein Fachmann. Glaubt häufig das, was Schaidinger sagt. Stimmt meistens zu. Hat aber jetzt ein Beraterteam und wirkt manchmal neugierig. Verschleierungs- und Unterdrückungsfähigkeit unbekannt.
Bürgernähe
Schaidinger: Hat mehrfach Bürger beschimpft. Kann Bierfässer anzapfen, gut Weihnachtsgeschichten (im Stadtrat) vorlesen und Hände schütteln. Ist routinierter Redner bei Christkindlmärkten, Dulten und Starkbierfesten. Mag keine Minderheiten und keine Partikularinteressen. Glaubt, er tue alles, auch Unbequemes, zum Wohl der Stadt. Fan der „repräsentativen Demokratie”.
Wolbergs: Hat auch Bürger beschimpft (entschuldigt sich aber – schon wieder). Auch Fan der repräsentativen Demokratie. Entdeckt gerade das „Miteinander Reden”. In Bierzapf- und Vorlesefähigkeit klar hinter Schaidinger (fehlende Routine). Kann aber gut reden und Hände schütteln. Hat eine Kneipe.
Sachthemen (Auswahl):
Stadthalle: Schaidinger unklar, Wolbergs Friedensstraße.
Sallerner Regenbrücke: Schaidinger ja, Wolbergs will Bürger abstimmen lassen.
Jahnstadion: Schaidinger hat seit Jahren Pläne, über die er beim Wahlkampf redet. Wolbergs redet seit dem Wahlkampf vom Stadion an der Franz-Josef-Strauß-Allee.
Ersatztrasse für Steinerne: Schaidinger Grieser Spitz, Wolbergs kein Ersatz.
Wirtschaftskompetenz:
Schaidinger top (sagt man). Hat Schulden verdoppelt „für die Zukunftsfähigkeit”. Hat als CSUler gute Drähte nach München, um Zuschüsse zu bekommen.
Wolbergs: unklar, lobt Schaidingers Kompetenz.
Prognose Geringe Wahlbeteiligung, knapper Wahlausgang. Egal, wer die nächsten sechs Jahre das Ruder in der Hand hat – Diplomatie ist gefragt, sonst wird der bunt gewürfelte Stadtrat den Oberbürgermeister das Fürchten lehren Wenn das Machiavelli noch erlebt hätte. Von