„Ich hatte (…) nie wirklich das Gefühl, dass es bei dem Verfahren um die beste Lösung für die Gesellschaft geht.“ Ein Satz, der die Farce bei der Neubesetzung des Geschäftsführerpostens bei der Stadtbau treffend beschreibt. Er stammt von dem Top-Kandidaten auf die Stelle, Heiko Leonhard. Der hatte am Wochenende „mit großer Enttäuschung und Ernüchterung“ das Handtuch geworfen und tritt andernorts eine neue Stelle an.
In einem Brief an Oberbürgermeister Hans Schaidinger und die Stadtbau-Aufsichtsräte macht Leonhard zudem deutlich, dass er auch ohne diese Alternative Regensburg einen Korb gegeben hätte. Verantwortlich dafür ist nur einer: SPD-Stadtrat Lothar Strehl. Nicht in Leonhards Brief, aber nach übereinstimmender Meinung von CSU-Fraktionschef Christian Schlegl und Oberbürgermeister Hans Schaidinger. Sie ließen beide am Nachmittag Pressemitteilungen verschicken, die voll von Vorwürfen gegen Strehl sind, den Kern der Sache aber totschweigen: Hätte Hans Schaidinger nicht auf seiner Parteifreundin Petra Betz beharrt, hätte es für Leonhard bereits im Dezember 2008 eine Zusage geben können.
Der Oberbürgermeister nimmt die Absage eines Bewerbers, der seiner Ansicht nach für die Position des Geschäftsführers der Stadtbau-GmbH sehr gut geeignet gewesen wäre und insoweit auch reelle Chancen gehabt hätte, mit Bedauern zur Kenntnis. Presseerklärung des Oberbürgermeisters vom 6. April 2009
Alle Fraktionen – selbst die CSU – waren sich seinerzeit einig, dem besten Bewerber den Vorzug zu geben. Das war von Anfang an Heiko Leonhard. Das war zu keinem Zeitpunkt Petra Betz. Aber sie hatte in Hans Schaidinger einen mächtigen Fürsprecher, der sich nun – wie es aussieht – durchgesetzt hat.
Chronologie einer Besetzungsfarce:
Mitte Dezember 2008 fanden die Vorstellungsgespräche mit sechs ausgewählten Bewerbern statt. Bereits damals war klar: Es gibt einen Favoriten. Bereits damals lief – ohne Namensnennung – die Gehaltsdebatte.
„Die Stadtbau ist ein Unternehmen im sozialen Wohnungsbau. Da wird sonst über jeden Euro, der ausgegeben wird, öffentlich diskutiert“, begründete Schaidinger am 19. Dezember gegenüber der Mittelbayerischen Zeitung seine Ablehnung für den Top-Bewerber. Seine Favoritin: Petra Betz. Allein an Schaidinger scheiterte seinerzeit eine Einigung.
Es musste ein Personalgutachter eingeschaltet werden. Ende Januar stand das Ergebnis fest: Der beste Bewerber bleibt auch nach Begutachtung derselbe: Heiko Leonhard. Er selbst wusste nichts von seinem Glück. Der Oberbürgermeister zog es zunächst vor, im Presseclub öffentlich darüber zu lamentieren, dass die SPD Petra Betz „politisch verhindern“ wolle. Er beharrte darauf, dass auch die ehemalige Bürgermeisterin dem Aufsichtsrat vorgeschlagen werden müsse. Es gab mehrere Termine des beschließenden Ausschusses, der die Vorauswahl treffen sollte: Die Mitglieder – Schaidinger, CSU-Stadträtin Helgit Kadlez und Lothar Strehl – erzielten keine Einigung.
Der Oberbürgermeister weist auch mit Nachdruck Vorhaltungen aus dem politischen Raum zurück, wonach die Sache nicht konstruktiv genug betrieben worden wäre. Gerade ihm sei es immer wieder ein Anliegen gewesen, die Personalangelegenheit mit einvernehmlichen Beschlüssen voran zu bringen. Presseerklärung des Oberbürgermeisters vom 6. April 2009
Am 27. Februar fand Schaidinger schließlich Zeit, Leonhard über seine aussichtsreiche Bewerbung zu informieren. Seit dem Gespräch Leonhards mit dem Personalgutachter waren zu diesem Zeitpunkt eineinhalb Monate vergangen. So lange hatte sich niemand bei ihm gemeldet. Zuvor war bereits sein Name öffentlich in den Medien diskutiert worden. Ebenso Gehaltsvorstellungen. Laut Leonhard wurden hier zudem falsche Zahlen in Umlauf gebracht. Die Interna kamen aus der CSU.
Der Oberbürgermeister gibt zu bedenken, dass die intensive, detaillierte und zum Teil auch nicht den Tatsachen entsprechende Berichterstattung in den Regensburger Medien in der Endphase des Bewerbungsverfahrens den Bewerber wohl massiv verunsichert habe. Dafür tragen die Informanten, die die Vertraulichkeit eines Personalauswahlverfahrens verletzt hätten, die Verantwortung. Presseerklärung des Oberbürgermeisters vom 6. April 2009
Anfang März kam es zu einem Treffen zwischen Schaidinger und Leonhard. Offenbar gab es dort eine informelle Zusage. Leonhard selbst spricht in seinem Brief von einem positiven Gespräch. Dann ließ Schaidinger Leonhard circa drei Wochen lang schmoren. Zwischenzeitlich drückte er durch, dass Petra Betz dem Aufsichtsrat als zweitbeste Bewerberin vorgeschlagen wird.
Am 25. März schließlich ließ er Leonhard telefonisch zu einer Aufsichtsratssitzung der Stadtbau für den 9. April einladen. Informationen zur Tagesordnung erhielt Leonhard nicht. Am 31. März wurde Leonhard darüber informiert, dass der Termin für die Sitzung sich verschoben habe. Bezeichnend: Bis heute haben die Aufsichtsräte nichts von diesen beiden angeblich terminierten Sitzungen erfahren. Mittlerweile ist es auch unerheblich: Leonhard hat hingeworfen.
Den Vorwurf „nichts getan zu haben bzw. die Sache habe schleifen lassen“ bezeichnet Schaidinger in Kenntnis der Chronologie als nachweislich nicht zutreffend. Zu Einzelheiten wird der Oberbürgermeister nicht Stellung nehmen. Presseerklärung des Oberbürgermeisters vom 6. April 2009
„Von der SPD bekommt Frau Betz im Aufsichtsrat keine Stimme“, sagt nun Fraktionschef Norbert Hartl. Auch Margit Kunc (Grüne) und Günther Riepl (Freie Wähler), die ebenfalls im Aufsichtsrat vertreten sind, lehnen es ab, jetzt ausschließlich über Betz abstimmen zu können. Das alles ist aber ohne Belang. Die CSU hat inklusive der Stimme des Oberbürgermeisters, die doppelt gewertet wird, die Mehrheit im Aufsichtsrat. Die Koalition wird die SPD an dieser Personalie nicht scheitern lassen. Lothar Strehl muss sich von der CSU sogar noch zum Sündenbock stempeln lassen.
Schaidinger fordert nun eine „Fortführung des Ausschreibungsverfahrens“, CSU-Fraktionschef Schlegl eine zügige Entscheidung des Aufsichtsrats“. Petra Betz wird das Rennen also machen, sofern die CSU-Vertreter im Aufsichtsrat (Erich Tahedl, Astrid Freudenstein, Helgit Kadlez) bei der Stange bleiben. Hans Schaidinger schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Die treue Parteisoldatin wird versorgt und auf dem Geschäftsführerposten bei der Stadtbau sitzt jemand, von dem er bedingungslose Loyalität erwarten darf. Angesichts mehrerer Ungereimtheiten in der Vergangenheit bei der Stadtbau mag auch letzteres ein Grund für Schaidingers Einsatzbereitschaft sein. In seiner Analyse hatte der Top-Bewerber sicher recht: Um das Beste für die Stadtbau ging es bei diesem Verfahren nicht.