SOZIALES SCHAUFENSTER

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Das Theater an der Universität ist voll. Zwischen 200 und 250 Zuhörer sind gekommen, um die Podiumsdiskussion zum „Fall Eisenberg” zu verfolgen. Tragischer Fall oder veritabler Justizskandal ist die Frage, mit der sich Alexander Bosch (Amnesty International), Professor Henning Müller, der CSU-Landtagsabgeordnete Manfred Ländner und Polizeipräsident Rudolf Kraus befassen. Um es vorweg zu nehmen: Wesentliche Erkenntnisse bringt der Abend nicht – aber immerhin wird deutlich, dass die staatstragende Partei offenbar keinen Grund sieht, ernsthafte Konsequenzen aus den tödlichen Schüssen vom 30. April 2009 zu ziehen. „Es gibt keinen Grund, das System zu verbessern”, wiederholt der CSU-Experte für Polizeifragen im Landtag, Ländner, fast mantraartig seine Ablehnung gegenüber einer unabhängigen Kontrollinstanz für die Polizei. Bezeichnend seine Begründung: Auch diese Kontrolle benötige irgendwann eine Kontrolle. Insofern: Das bringe nichts.
Hochkarätiges Podium, wenig Neues: Alexander Bosch, Professor Müller, MdL Ländner, Polizeipräsident Kraus und Diskussionsleiter Martin Witte. Foto: Mirwald
Zuvor hat bereits Professor Müller eingehend begründet, weshalb er sich für eine solche Kontrollinstanz stark macht. Die beiden Polizisten, gegen die wegen der Schüsse auf Tennessee Eisenberg ermittelt wurde, haben in seinen Augen eine bevorzugte Behandlung erfahren. Im Vergleich zu anderen Fällen, in denen ein Fehlverhalten nicht ausgeschlossen werden könne, sei im Fall Eisenberg eine „Ungleichbehandlung” zugunsten der Polizeibeamten erkennbar. Müller hat die übergroße Mehrheit der Zuhörer mit dieser Forderung auf seiner Seite. Wenig Erfolgsaussichten sieht der Strafrechtsexperte für das Klageerzwingungsverfahren, das die Familie Eisenbergs derzeit vor dem OLG Nürnberg anstrengt. Zwar begrüße er diesen Schritt, allerdings hält er dieses Instrument für ein „stumpfes Schwert”. „Die Statistik besagt, dass es im allgemeinen nie zu einem Verfahren kommt”, so Müller. Diese Aussage bleibt unwidersprochen. Betretene Stille herrscht im Theatersaal, als eine junge Frau aus dem Publikum in Tränen ausbricht. Sie könne sich nicht vorstellen, dass Eisenberg nach den ersten Schüssen noch zur Gegenwehr fähig gewesen sein soll. Eisenberg war bereits von acht Kugeln getroffen worden, als schließlich die vier tödlichen Schüsse abgegeben wurden – von einem Beamten, der zuvor sechs Jahre in der bayerische „Elitepolizeitruppe” USK eingesetzt war. „Wie kann es so weit kommen, dass so oft auf einen Menschen geschossen wird?” Polizeipräsident Kraus nimmt seine Beamten in Schutz. Eisenberg sei „trotz der tödlichen Schüsse noch aktionsfähig” gewesen, glaubt er. Kraus bemüht sich, den Ablauf minutiös darzustellen – bis zu einem gewissen Punkt. Er erläutert, dass der Einsatz – vom Eintreffen der Polizei bis zu den letzten Schüssen – weniger als sechs Minuten gedauert habe, schildert, dass die Beamten Eisenberg aufgefordert hätten, dass Messer weg zu legen, um dann – nach Pfefferspray- und Schlagstockeinsatz – zu schießen. Die Widersprüche zwischen Staatsanwaltschaft auf der einen und den Rechtsanwälten der Familie auf der anderen Seite, was die Frage Notwehr oder nicht angeht, bleiben bei den Ausführungen von Kraus außen vor. Der Polizeipräsident flüchtet sich ins Allgemeine, verstrickt sich immer wieder in Widersprüche. Auf der einen Seite wollen Kraus wie auch MdL Ländner immer wieder klar machen, wie stressig und irrational der Einsatz für die Polizisten innerhalb der knappen Zeit abgelaufen sein müsse, andererseits betonen beide, dass die Polizisten „absolut koordiniert” vorgegangen seien. In Bedrängnis bringt Kraus die Frage einer jungen Frau, die wissen will weshalb die in Regensburg ansässige speziell geschulte „Verhandlungsgruppe” nicht zum Einsatz gekommen sei – Fahrzeit zum Tatort maximal zehn Minuten. Kraus spricht dagegen davon, dass es mindestens eine halbe Stunde gedauert hätte, bis diese Gruppe vor Ort gewesen wäre. „Das hätte zu lange gedauert.” Weshalb bleibt offen. Eisenberg befand sich zu diesem Zeitpunkt allein in seiner Wohnung. Das war nach dem Notruf des Mitbewohners bekannt. Ebenfalls widersprüchlich sind Kraus’ Einlassungen zum zuvor als „koordiniert” beschriebenen Einsatz. Der Polizeipräsident bestätigt nämlich, dass es keinen Einsatzleiter gegeben habe – und dass man dies für die Zukunft ändern werde. Eine unabhängige Kontrollinstanz lehnt es denn auch ab. Er sehe dafür „keinen Grund”, es sei denn, „das ist politisch gewollt”. Und hier weiß Kraus, das zeigen die Ausführungen von Ländner, die Mehrheit im bayerischen Landtag auf seiner Seite. Bedauerlich: Trotz statistischer und allgemeiner Kenntnisse zu Polizeieinsätzen in Deutschland konnte Alexander Bosch von Amnesty International nur wenig zum Fall Eisenberg sagen. Er habe keine Detailkenntnisse. So geht es vielen im Rest der Republik.

Fall Eisenberg: Demo, Diskussion, Klageerzwingung

Transparent zum “Fall Eisenberg” in der Regensburger Altstadt. Fotos: Aigner „Das Vertrauen vieler Bürger in die Neutralität der zuständigen Ermittlungsbehörden einschließlich deren Aufsichtsorgan – das Bayerische Justizministerium – wurde (…) nachhaltig erschüttert”, schreibt Dr. Roland Weisser vom Arbeitskreis Zivilcourage an der Universität Regensburg. Für den kommenden Freitag, 30. April, (17 Uhr, Domplatz) rufen er und […]

Denkmal-Wanderung: Unsinnige Aktion für fragwürdige Person

Der Sockel steht bereits, die Brauerei Bischofshof macht fleißig Werbung für das Umzugsspektakel und Kulturreferent Klemens Unger harrt der Wiedergutmachung einer „Schande”: Am 9. Mai wird das Reiterstandbild von König Ludwig I. auf den Regensburger Domplatz zurück kehren – die Nazis hatten es 1936, mehr aus verkehrlichen, denn ideologischen Gründen in die Carl-Anselm-Allee verpflanzt. Dafür […]

Antifaschistischer Gedenkweg: Dokumentationszentrum gefordert

„Wenn Sie öffentlich machen, dass es hier ein KZ-Außenlager geben hat, werden Sie die Konsequenzen tragen.” Diesen Spruch bekam Hans Simon-Pelanda von der ARGE ehemaliges KZ Flossenbürg 1983 aus dem Regensburger Rathaus zu hören. Damals hatten Schülerinnen und Schüler der BOS im Rahmen eines Geschichtsprojekts das KZ-Außenlager Colosseum in Regensburg Stadtamhof „wieder entdeckt”. Mindestens 65 […]

Bischof Müllers Anmerkungen zum achten Gebot

Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller lässt kaum eine Gelegenheit aus, um seine Ansichten zu Medien, die über sexuelle und körperliche Gewalt im Schoß von Mutter Kirche berichten, unter die Gläubigen zu bringen. Anlässlich des Hauptfests der Marianischen Männercongegration am 18. April in der Dominikanerkirche zu Regensburg interpretierte Müller in seiner Predigt die Berichterstattung zu […]

Polizisten müssen nicht freundlich sein

Karikatur: Ernst Restelmann featuring Honore Daumier „Die Polizei hat immer recht”, titelte diesen Mittwoch das Regensburger Wochenblatt. Redakteur Christian Eckl dokumentiert in dem dazugehörigen Artikel die Geschichte eines Radlfahrers, der von einem Polizeibeamten zu Boden geworfen und verletzt wurde, weil er einen Polizei-Bus mit seinem Handy fotografiert hatte. Der Anzeige des Radlfahrers wegen Körperverletzung und […]

Leise ist sch…

Eine neue Kampagne hat das Bündnis „Fair Feiern” im Alten Rathaus zu Regensburg präsentiert. Das Bündnis aus Stadt, Polizei, Gastronomen und Altstadtbewohnern will auf diesem Weg für ein besseres Miteinander zwischen Besuchern und Bewohnern in der Regensburger Altstadt sorgen. Harte Maßnahmen wie Sperrzeitverlängerung oder drakonische Strafen wolle man derzeit vermeiden, heißt es von Seiten der […]

Eisiger Filz

Bemerkenswert! Das war die Verhandlung gegen den ehemaligen Geschäftsführer der Eisbären am Regensburger Amtsgericht. Markus Schrör musste sich wegen Insolvenzverschleppung bei der 2008 pleite gegangenen Eishockey-GmbH verantworten. Interessant war aber vor allem, warum sich die offizielle Pleite so lange verzögern konnte und wer dabei tatkräftige Unterstützung leistete. Mit über einer Million Euro war der – […]

Fall Eisenberg: Landtagsanhörung lässt Fragen offen

Innenminister Joachim Herrmann (Foto) hat indirekt Fehler beim Polizeieinsatz vom 30. April 2009 eingeräumt, bei dem der Student Tennessee Eisenberg von zwei Polizisten erschossen wurde. Zwar beharrt der CSU-Politiker auf dem Standpunkt, dass den beteiligten Beamten strafrechtlich nichts vorzuwerfen sei („Notwehrsituation”), andererseits erklärte er aber auch, dass eine bessere Schulung für solche Einsätze und eine […]

Einstweilige Verfügung gegen Meinungsäußerung

Update: Aktueller Spendenstand am Donnerstag, 8. Juli: 10.244,41 EuroUpdate: Wir werden gegen die Einstweilige Verfügung des LG Hamburg juristisch vorgehen. Näheres dazu in Kürze.Nicht nur kritische Berichterstattung, auch freie Meinungsäußerung ist der katholischen Kirche ein Dorn im Auge. Um sie zu unterbinden, scheut man weder Kosten noch Mühen. Die Diözese Regensburg hat durch ihre Münchner […]

Gespaltenes Gedenken

Es ist die sich alljährlich wiederholende Regensburger Peinlichkeit: Zum Gedenken an die Opfer des Faschismus finden zwei getrennte Veranstaltungen statt. Das „offizielle Regensburg” würdigt am Dachauplatz Domprediger Johann Maier, den Polizeibeamten Michael Lottner und Lagerarbeiter Josef Zirkel. Sie hatten für eine kampflose Übergabe der Stadt an die Alliierten eingesetzt hatten und wurden deshalb von den […]

„Mit Wertschätzung nichts zu tun!” Zoff um Erzieherinnen-Gehälter

Bürgermeister Weber bei einem Besuch im Kindergarten. Um die Gehälter von Kinderpflegerinnen und Erzieherinnen wird aktuell gestritten. Foto: Jonas Jelinski Ist der Beruf der Erzieherin eine besonders schwierige fachliche Tätigkeit? Müssen Angestellte des Sozialpädagogischen Fachdienstes Entscheidungen treffen, um eine Gefährdung des Kinderwohls vermeiden? Die Stadt Regensburg beantwortet diese Fragen de facto mit nein – um […]

Einstweilige gegen Bischof Müller

Dämpfer für Gerhard Ludwig Müller: Vergangenen Dienstag hat die Humanistische Union vor dem Berliner Landgericht eine Einstweilige Verfügung gegen den Regensburger Bischof erwirkt. Müller hatte Anfang März in einem Interview in Rom erklärt: „Unsere Justizministerin gehört zur Humanistischen Union, sozusagen zur Freimaurerei. … Für diesen Verein stellt die Pädophilie eine normale Realität dar. Sie wollen […]

Williamson-Prozess: Ein Holocaust-Leugner kommt selten allein

„Wir haben eine jüdische Diktatur. Sie dürfen sowieso nicht die Wahrheit schreiben.“ Der Nationalsozialismus sei „die Alternative“, ein „hervorragendes Wirtschaftssystem“. Der Holocaust hat nicht stattgefunden. Derlei hört man am Donnerstag im Regensburger Amtsgericht in regelmäßigen Abständen aus den Zuschauerrängen und bei den zahlreichen Verhandlungspausen – mal leise und verstohlen, mal wird es einem Fernsehteam in […]

Holocaustleugnung: Bischof Williamson verurteilt

Wegen Volksverhetzung hat das Amtsgericht Regensburg den Piusbruder Bischof Richard Williamson zu 100 Tagessätzen á 100 Euro verurteilt. Zudem muss Williamson die Kosten des Verfahrens tragen. Damit blieb das Gericht nur unwesentlich unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die 120 Tagessätze gefordert hatte. Williamson hatte in einem Interview mit einem schwedischen Journalistenteam unter anderem die Existenz […]

Steinerne Brücke: Führung übers neue Pflaster

„Steril”, so wie in der Maximiliansstraße oder auf dem Neupfarrplatz sei der geplante neue Belag für die Steinerne Brücke, sagt Generalkonservator Egon Greipl. Am historischen Belag orientiert sei das neue Pflaster, sagen Vertreter der Stadt Regensburg, die dabei vor allem auf eine besseren Schutz der Steinernen vor eindringendem Salz und Wasser pochen. Verhindern kann das […]

Tapferkeit vor dem Freund

Johano Strasser hat eine Vision. Eine radikale Umkehr, weg vom blinden Wachstums- und Fortschrittsglauben, hin zu einer sozialeren, ökologischen und demokratischen Gesellschaft mit ebenbürtigen Beteiligungsmöglichkeiten für alle schwebt dem Präsidenten des PEN-Clubs und sozialdemokratischen Vordenker in der SPD-Grundwertekommission vor – eine „Kultur der Freiheit”. „Wer sich nicht mehr materielle Ebenbürtigkeit aller zum Ziel setzt, verlässt […]

drin