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Nun also doch: Der mittelalterliche Stadtgraben am Petersweg soll zugebaut werden. Die Stadt in Person von Planungsreferentin Christine Schimpfermann steht offenbar voll und ganz hinter den Plänen der Astaller Wohnbau GmbH, die dort ein vierstöckiges Gebäude errichten will.

Dementgegen steht die ablehnende Haltung des Gestaltungsbeirats, der Widerspruch von lokalen Denkmalschützern und der immer breitere Zuspruch, den Markus Frowein alias Amaro Ameise dort erfährt. Seit September 2005 kümmert Amaro sich um das Gelände, hat dort tonnenweise Müll entfernt und überrascht jedes Jahr mit neuer Gartengestaltung. Aus der früheren Müllhalde ist ein ansehnliches Fleckchen Erde geworden.

Eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs hat Amaro unbeschadet überstanden und auch jetzt bleibt er gelassen. Vor wenige Tagen hat er mit der Aussaat begonnen und meint: „Mir soll mal einer erklären, warum hier unbedingt gebaut werden muss.“ Die Diskussion um eine Bebauung des Areals im mittelalterlichen Stadtgraben ist alt. 1995 hatte der Architekt Martin Scheuerer das Gelände gekauft. Mit seinen Plänen für einen Büroturm scheiterte er an Einwänden des Landesdenkmalrats, lokaler Denkmalschützer und der Stadt Regensburg – schließlich auch finanziell. Vor eineinhalb Jahren wurde das Areal für 460.000 Euro nach langem Hin und Her zwangsversteigert.

Gemeinsam mit der Astaller Wohnbau GmbH tritt Scheuerer nun erneut mit einem Entwurf auf den Plan. Doch auch damit stößt Scheuerer auf Widerstand. Nicht so sehr bei der Stadt Regensburg. „Eines steht fest: Es wird gebaut werden“, hat etwa die städtische Planungsreferentin Christine Schimpfermann gegenüber der Mittelbayerischen Zeitung erklärt und dem Privatinvestor damit den Rücken gestärkt.

Bei den Mitgliedern des Gestaltungsbeirats – ansonsten zum Maßstab in Architekturfragen erhoben – stößt das Vorhaben dagegen auf Ablehnung. In seiner letzten Sitzung hatte es das Gremium schlicht abgelehnt, sich mit dem Bauvorhaben zu befassen. Mit einer Bebauung gehe eine „starke Störung einer historisch intensiven Situation“ einher, so der Vorsitzende Professor Carl Fingerhuth. Entsprechend empfahlen die Architekturwächter, das Areal frei zu lassen.

Von der Stadt Regensburg gab es dafür einen Rüffel. Der Beirat könne eine Bebauung nicht einfach ausschließen, so das Machtwort von Planungsreferentin Schimpfermann. Ein Präzedenzfall in der mehr als zehnjährigen Geschichte des Gestaltungsbeirats. Unterstützung erfahren die Architekturwächter dagegen vom Forum Regensburg. Die altehrwürdige Bürgerinitiative hatte schon in der Vergangenheit gegen die Büroturmpläne von Martin Scheuerer gewettert. Der Stadtgraben werde damit zur „Piss-Rinne“ degradiert, so eine ältere Stellungnahme. Aktuell bezweifelt Forumssprecher Helmut Wilhelm, seines Zeichens Richter, gar, dass es für das Gelände überhaupt eine gültige Baugenehmigung gibt.

„Die ursprünglich erteilte Baugenehmigung ist schlicht nicht mehr existent, weil sie nicht in Anspruch genommen wurde und inzwischen durch Fristablauf verfallen ist“, schreibt Wilhelm in einer Stellungnahme. „Das heißt auch, der Investor hat ein Grundstück erworben, für das zumindest derzeit kein Baurecht besteht.“

Von der Stadt Regensburg gab es, trotz Anfrage, bislang keine Stellungnahme zu dieser Rechtsauffassung. Im Jahr 2008 hatte Planungsreferentin Schimpfermann allerdings noch selbst erklärt, dass die Baugenehmigung aus dem Jahr 2001 zwischenzeitlich abgelaufen sei. Davon ist plötzlich keine Rede mehr.

Martin Scheuerer hat bereits erklärt, sich juristische Schritte vorzubehalten, sollte nicht gebaut werden dürfen. Wen wundert’s: Es geht um einen Haufen Geld. Auf der anderen Seite steht nun der illegale „Bewohner“ und Gestalter des Areals, Amaro Ameise. Dass er den Stadtgraben regelmäßig von Müll befreit, mit Blumen oder Gemüse bepflanzt und mit Skulpturen aus Steinen oder Holz gestaltet, hat ihm nicht nur sehr viel Zuspruch von Touristen und Einheimischen eingebracht, die das Areal auf dem Weg zum Regensburger Hauptbahnhof passieren. Seine Aktion hat auch überregionales Interesse geweckt.

Neben verschiedenen überregionalen Zeitungen waren auch Bayerisches Fernsehen und ZDF schon vor Ort, um über den „Stadtindianer“ von Regensburg zu berichten. Amaro will das Gelände nun weiter gestalten. Sein Standpunkt: „Die Stadtverwaltung sollte sich überlegen, ob sie sich auf die Seite der Einzelinteressen eines Investors schlägt oder nicht besser im Interesse der Allgemeinheit handelt.“ Er bleibe gelassen, sagt Amaro. Vor zwei Tagen hat er im Stadtgraben die erste Kastanie gepflanzt.

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