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Ärgert sich über seinen Vortrag bei strammrechter Gesprächsrunde: MdB Horst Meierhofer (FDP). Einige seiner Parteifreunde haben weniger Berührungsängste. Foto: Archiv/ Staudinger

„Wir hatten sogar schon Türken da. Und Schwarzafrikaner auch. Da dürften auch Linke mit diskutieren, wenn sie kommen.“ Nein. Mit Rechtsextremen will Joachim Hahn nun wirklich nichts am Hut haben.

Der „Runde Tisch Niederbayern“, den Diplomingenieur Hahn zusammen mit Max Aßbeck, dem stellvertretenden Kreisvorsitzenden der Republikaner in Dingolfing, federführend verantwortet, sei ein „politischer Stammtisch mit Tiefgang“. Allmonatlich trifft man sich im Landgasthof Apfelbeck in Mamming. Zehnjähriges Jubiläum feiert der „Runde Tisch Niederbayern“ in diesem Jahr.

Da ist es etwas unerfreulich, dass der Bayerische Rundfunk die „lose Gesprächsrunde“ (Hahn) in einer aktuellen Reportage als „knallhart rechtes Sammelbecken“ bezeichnet und dabei erwähnt, dass auch der Regensburger Bundestagsabgeordnete Horst Meierhofer (FDP) dem „Runden Tisch“ vergangenen November einen Besuch abgestattet hat. Mit dem Landshuter CSU-Stadtrat Rudolf Schnur diskutierte Meierhofer über Atompolitik.

Die Behauptung des BR sei eine „Unverschämtheit“, meint Hahn.

„Stammtisch mit Tiefgang“: NPD, REP, FDP, CSU

Meierhofer hat sich gegenüber unserer Redaktion von den Veranstaltern um Joachim Hahn distanziert. „Es ärgert mich, dass ich auf so etwas hereingefallen bin.“ Erst bei genauerem Hinschauen falle die Ausrichtung des „Runden Tisches“ auf. „Bei dem Abend war das nicht zu erkennen.“

Ohnehin befindet Meierhofer sich in guter Gesellschaft, wenn es darum geht, sich zu ärgern. MdB Max Stadler (FDP) und zwei weitere seiner Bundestagskollegen, der ehemalige sächsische Landtagsabgeordnete Peter Porsch (Linke) oder Vertreter der örtlichen CSU haben schon dafür hergehalten, den „Runden Tisch Niederbayern“, bei dem sich regelmäßig auch Vertreter von NPD und Republikanern versammeln, salonfähig zu machen.

„Migrationsindustrie und Meinungsdiktatur“

„Migrationsindustrie“
„Völkermord an den Sudetendeutschen“
„Tschechien – ein rücksichtsloser Nachbar?“
„Petition an Bundestag: Ausweisung straffälliger Ausländer“
„Bäcker aus Bulgarien backen zukünftig unsere Semmeln“
„Meinungsdiktatur rotgrüner ‘Gutmenschen’“
„Lehrer in Migrantenschulen (brauchen) Leibwächter“
„Schule ohne Rassismus (…) missbraucht unsere Kinder“

Solche und ähnliche Themen dominieren den Internetauftritt des „Stammtisches mit Tiefgang“. Dazwischen eingestreut finden sich andere „nonkonforme“ (Hahn) Themen, wie E10, Guttenberg oder Gentechnik. Alibi-Einträge zwischen den oben angeführten Parolen.

Alles, was sich in irgendeiner Form gegen Rechtsextreme wendet ist – so der dröhnende Tenor – Geldverschwendung, Schwachsinn oder „Meinungsdiktatur“.

In Deutschland gebe es gar „Sondergesetze“, um die Meinungsfreiheit einzuschränken erfährt man. Es geht um den §130 StGB (Volksverhetzung), wie Hahn am Telefon erklärt. Dieser werde „zunehmend verschärft“ und die freie Meinungsäußerung eingeschränkt.

BR-Journalist – „ein Linksextremer“

Konfrontiert man Hahn mit den oben angeführten Zitaten des von ihm mit verantworteten Internetauftritts meint er nur: „Was soll daran falsch sein?“ Fängt man an, mit ihm zu diskutieren, schweift er ab, wechselt das Thema. Und wenn es im all zu viel wird, meint er noch: „Ich schreibe das ja nicht alles selber.“

Der BR-Journalist Robert Andreasch, der schon mehrfach Recherchen zum „Runden Tisch Niederbayern“ veröffentlicht hat (hier als PDF, ab Seite 113), sei ein „Linksextremer“, weiß Hahn. Zu diesen „Linksextremen“ würden noch eine ganze Reihe von Personen und Organisationen gehören, wie er uns bei zwei Telefonaten erläutert. Ein regelrechtes „Netzwerk“ gebe es da, bekräftigt Hahn und nennt unter anderem die „Amadeu Antonio Stiftung“.

„Gott ist mit den Standhaften!!“

Nach rechts ist man beim Runden Tisch zu Mamming dagegen weniger besorgt. Eine willkürliche Auswahl einiger Referenten und Diskutanten:

Da ist Hans Mirtes, gern gesehener Gast beim Runden Tisch in Mamming. Mirtes war bis 2009 Bundesvorsitzender des völkischen Witikobundes, dem der Verfassungsschutz eine „Verdichtung von Anhaltspunkten für rechtsextremistische Bestrebungen“ bescheinigt.

Mirtes spricht in seinen Schriften vom „tschechischen Raubsystem“ und ruft zum „Kampf“ um die Sudetendeutsche Heimat auf: „Welches Erdbeben werden wir erleben, wenn sich die Sudetendeutschen von ihren Kaffeekränzchen verabschieden und der Wiedergewinnung ihrer Heimat zuwenden? Man sollte sie nicht unterschätzen und ihre Geduld nicht überstrapazieren. Die Weichen sind richtig gestellt. Packen wir`s an. Gott ist mit den Standhaften!!“

Da ist Dr. Ulrich Neumann vom „Institut für angewandte wissenschaftliche Irenik“, der im März beim „Runden Tisch“ war, um diese „relative junge Wissenschaft“ vorzustellen.

Irenik ist ein veralteter Begriff, der – kurz gefasst – die Aufarbeitung theolgischer Konflikte beschreibt. Bei Neumann liest sich „angewandte wissenschaftliche Irenik“ zum Beispiel so: „Was die neuere Geschichte der Deutschen und unter ihnen die Vertriebenen betrifft, kennt eigentlich niemand die Wahrheit. Weder ist wirklich und allgemein bekannt, was die Nazis in Polen verbrochen haben noch die Verbrechen der Vertreiber.“

Gegen „die politisch korrekten Meinungen“

Da ist Franz W. Seidler, der 2009 vom Runden Tisch als ein „der korrekten Auswertung von geschichtlichen Tatsachen“ verpflichteter Historiker gefeiert wird. „Die politisch korrekten und gewünschten Meinungen vieler heutiger Historiker haben nichts mit Wissenschaft zu tun“, heißt es weiter.

Eine „korrekte Auswertungen historischer Tatsachen“ a la Seidler hört sich so an: „Selbst wenn die These stimmen sollte, wonach das Deutsche Reich die Sowjetunion überfallen hätte, gibt das Völkerrecht der Bevölkerung kein Recht, sich mit den verbrecherischen Mitteln des Partisanenkrieges zu wehren“.

Der 78jährige ist Autor für die rechtsextreme „Militärzeitschrift“. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung bescheinigt Seidler, sich „schon lange aus der seriösen Geschichtswissenschaft verabschiedet“ zu haben. Er schwanke „zwischen Verharmlosung und kritikloser Übernahme der nationalsozialistischen Perspektive“.

Als nächster Referent ist im April Bernd Kallina in den Landgasthof Apfelbeck eingeladen. Der Redakteur des Deutschlandfunks war Funktionär der verfassungsfeindlichen NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“. Er ist „Alter Herr“ und Aktivist der völkischen „Burschenschaft Danubia“ (München), die längere Zeit vom Verfassungsschutz beobachtet wurde und gehört dem Witikobund an. Er wird über „Der Begriff des Politischen in der Informationsgesellschaft. Wie Massenmedien unser Bewusstsein prägen“ referieren.

Willfährige Lokalpresse

Lokale Vertreter von NPD und Republikanern finden sich immer wieder bei dem „losen Gesprächskreis“ ein. Schließlich wollen Hahn und seine Kameraden „niemanden ausgrenzen“.

„Ich versuche etwas Ehrliches, etwas Gutes zu machen“, raunt Hahn in jovialem Ton ins Telefon. Dafür müsse man „über den eigenen Tellerrand hinausschauen“.

Das tut er vor allem nach ganz rechtsaußen. „Der Faschismus kommt heute als Antifaschismus daher“, meint Hahn gegen Ende unseres Gesprächs.

Tatsächlich scheint der Faschismus eher in der Gestalt „nonkonformer runder Tische“ aufzutreten, die von lokalen Medien hofiert und von demokratischen Parteien legitimiert werden.

Das Anzeigenblatt Vilstal-Bote und der PNP-Ableger Landauer Neue Presse bieten der braunen Runde seit Jahren eine kritiklose und wohlwollende Plattform. Zum Teil werden Pressemitteilungen des Runden Tisches unbesehen und ohne Autorenangabe übernommen.

Meierhofer: Beschwerde beim BR

Der FDP-Abgeordnete Horst Meierhofer mag sich darüber ärgern, dass er auf den „Runden Tisch Niederbayern“ hereingefallen ist. Er will sich aber auch beim Bayerischen Rundfunk beschweren, weil der Zusammenhang zwischen seinem Vortrag und den rechtsextremen Zusammenhängen des Runden Tisches zu verkürzt dargestellt worden sei.

Seine Parteifreunde in der Region haben dagegen weniger ein Problem, sich mit Hahn und seinen Kameraden zu verbrüdern.

Alois Rohrsetzer, Mitglied im Vorstand der Niederbayern-FDP und bekennender Fan des ehemaligen FPÖ-Vorsitzenden Jörg Haider, ist regelmäßiger Gast und Referent beim „Runden Tisch“. Ohnehin gehören die Liberalen rund um Mamming zu den treusten Besuchern des „nonkonformen” Gesprächskreises.

Auch Organisator Joachim Hahn mag die Liberalen, vor allem die in Österreich. Deren Position gefalle ihm, sagt er. „Die FDP in Niederbayern würden sich wünschen, solche Wahlergebnisse einzufahren wie die FPÖ“, fügt Hahn noch an.

Da ist so eine braune Runde ein echter Gewinn für beide Seiten.

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