Glatze, Bomberjacke Harrington-Jacke, Springerstiefel, weiße Schnürsenkel: An ihrer ideologischen Gesinnung ließen die Angeklagten auch vor Gericht keinen Zweifel. Foto: as
„Ich weiß nicht mehr als das, was mein Anwalt erzählt hat.“ Es ist der sechste Verhandlungstag im Prozess gegen die „Picasso-Schläger“. Eben wurde die Beweisaufnahme mit den beiden letzten Zeugen abgeschlossen und der Hauptangeklagte Daniel S. (25) hat über seinen Rechtsanwalt Markus von Hohenau eine Erklärung abgegeben.
Darin räumt er ein, was sowieso durch nichts zu widerlegen ist: Dass er mit seinen vier „Kameraden“ am 30. Juni in dem Lokal war und es zwischen ihm und dem Barkeeper zu einem Wortwechsel gekommen ist. Dann sei es zu einer Schubserei gekommen. „Was danach passiert ist, daran kann sich mein Mandant nicht mehr erinnern.“ Ein gemeinschaftlicher Überfall auf den Barkeeper als „eine Art Rollkommando“ sei nie geplant gewesen. Daniel S. scheint sich für seine Kameraden opfern zu wollen – die berufen sich für den Überfall nämlich auf Erinnerungslücken oder verweigern die Aussage.
Dass aber nicht nur Daniel S., sondern auch vier seiner Mitangeklagten auf den Barkeeper losgegangen sind, Barhocker geworfen und ihn hinter der Theke geschlagen und gestiefelt haben, wurde indessen in den zurückliegenden Verhandlungstagen durch mehrere Zeugen und das Opfer selbst bestätigt.
Angeklagte in Uniform
Etwa drei Wochen vorher hatte der Barkeeper den Hauptangeklagten zur Rede gestellt, als der sich vor dem Lokal lautstark darüber ausgelassen hatte, „warum Neger überhaupt Kinder kriegen dürfen“. Bei dem Überfall sei Daniel S. ihm dann mit den Worten „Da bist Du ja. Jetzt bist Du dran“, entgegengekommen, so der 22jährige Barkeeper in seiner Zeugenaussage. Wenig später hätte die ganze Gruppe von beiden Seiten hinter der Theke auf ihn eingeschlagen. „Wie ich da genau raus gekommen bin, weiß ich nicht mehr.“
Seit mehreren Tagen inszenieren sich vier der sechs Angeklagten als uniformierte Gruppe: Die Haare frisch geschoren und Bomberjacke Harrington-Jacke. Zwei tragen Springerstiefel mit weißen Schnürsenkeln, die anderen New Balance-Turnschuhe. Ein anderer Nazi-Skin, der an den zurückliegenden Verhandlungstagen ebenfalls mit Bomberjacke, Springerstiefeln und Aufnähern a la „Aryan Nation“ im Zuschauerraum gesessen ist, fehlt heute.
Messer, Schläge und “Heil Hitler”
Die Vorstrafenregister der sechs Angeklagten (von denen fünf an dem Picasso-Überfall beteiligt waren) sind beeindruckend. Abgesehen vom jüngsten wurde allen bereits wegen Körperverletzungsdelikten – mal mit Fäusten, mal mit Stiefeln oder Messer – verurteilt. Ein Angeklagter etwa hatte einem jungen Mann, nachdem dieser bereits am Boden lag, ein Messer in die Brust gerammt. Ein anderer hatte über Stunden seine Mutter verprügelt. Volksverhetzung mit Nazi-Sprüchen und -Liedern oder Hitler-Gruß gehört bei allen sechs zum Repertoire. Daneben Delikte wie Raub, Betrug, Diebstahl oder Beleidigung. Die auszugsweise Verlesung der Verurteilungen am vierten Verhandlungstag dauerte knapp vier Stunden.
Dem psychiatrischen Gutachter Dr. Georg Lotter war am Montag das Schlusswort vorbehalten. Er attestiert allen sechs Angeklagten eine schwere Alkoholabhängigkeit. Zum Teil schon mit 14, spätestens mit 16 Jahren hätten die Angeklagten zu trinken angefangen und damit nicht mehr aufgehört. Sechs bis zehn Flaschen Bier täglich. Dazu Wein und Schnaps, manchmal noch Cannabis und Amphetamine.
Alkoholismus oder Persönlichkeitsstörung?
Beim Hauptangeklagten Daniel S., den Lotter von mehreren Verfahren und im Rahmen mehrerer Gespräche kennengelernt hat, habe er keinerlei „Reue oder Unrechtsbewusstsein feststellen“ können. Der Verdacht auf eine „dissoziale Persönlichkeitsstörung“ dränge sich geradezu auf. Zunächst wolle er aber – zugunsten des Angeklagten – von einer „Suchterkrankung mit Reifedefiziten“ ausgehen. Er halte es für sinnvoll, den Angeklagten für mindestens zwei Jahre in einer Anstalt unterzubringen. „Man sollte ihm zumindest einmal die Chance für einen längerfristigen Entzug geben.“ Unabhängig davon halte er den Angeklagten für voll schuldfähig, so Lotter.
Dissoziale Persönlichkeitsstörung oder Suchterkrankung – diese Frage scheint sich für den Gutachter bei fast allen Angeklagten gestellt zu haben. Stets sprach er sich pro Suchterkrankung und für eine Therapie aus. „Als Mediziner sollen wir immer vom günstigsten Fall ausgehen“, so Lotter, der in seinen Formulierungen stets schwammig blieb. Bei zwei Angeklagten wollte Lotter verminderte Schuldfähigkeit „nicht ausschließen“.
Festlegen mochte sich der Gutachter lediglich bei einem der Angeklagten. Der 31jährige sei durch seinen jahrelangen Alkoholmissbrauch bereits so schwer gezeichnet, dass eine Entziehung „aussichtslos“ sei. „Sein Hirn hat entsprechende Einbußen, seine Lebenserwartung ist begrenzt“, so Lotter. Hier sei eine „längerfristige Unterbringung“ angezeigt.
Der älteste Angeklagte, 40 Jahre alt, soll Daniel S. im Picasso zunächst zurückgehalten und dann – als der Barkeeper ihnen keinen Alkohol geben wollte – mit einem Barhocker nach ihm geworfen haben. Er verweigerte jedes Gespräch mit dem Gutachter.
Am kommenden Mittwoch wird plädiert, möglicherweise fallen bereits dann die Urteile.
„Eine Persönlichkeitsstörung, die durch eine Missachtung sozialer Verpflichtungen und herzloses Unbeteiligtsein an Gefühlen für andere gekennzeichnet ist. Zwischen dem Verhalten und den herrschenden sozialen Normen besteht eine erhebliche Diskrepanz. Das Verhalten erscheint durch nachteilige Erlebnisse, einschließlich Bestrafung, nicht änderungsfähig. Es besteht eine geringe Frustrationstoleranz und eine niedrige Schwelle für aggressives, auch gewalttätiges Verhalten, eine Neigung, andere zu beschuldigen oder vordergründige Rationalisierungen für das Verhalten anzubieten, durch das der betreffende Patient in einen Konflikt mit der Gesellschaft geraten ist.“
Dissoziale Persönlichkeitsstörung laut dem International Code of Diseases der WHO
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