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Nur schwere Straftäter werden in den Irak abgeschoben, beschwichtigte Innenminister Joachim Herrmann 2009. Nun hat sein Ministerium die Ausländerbehörden angewiesen rigider vorzugehen. Foto: Archiv/ Staudinger
Nur schwere Straftäter werden in den Irak abgeschoben, beschwichtigte Innenminister Joachim Herrmann 2009. Nun hat sein Ministerium die Ausländerbehörden angewiesen rigider vorzugehen. Foto: Archiv/ Staudinger
„Seit April 2007 wurden aus Bayern insgesamt nur 15 Straftäter, die wegen schwerer Straftaten wie zum Beispiel Vergewaltigung, versuchten Totschlags zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden waren, in den Nordirak abgeschoben. Es ist schlicht falsch zu behaupten, dass 2.297 geduldeten Irakern in Bayern die Abschiebung drohe.“ Vom April 2009 stammt diese Aussage des Bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU). Er wollte damit Befürchtungen tausender irakischer Flüchtlinge zerstreuen, denen seit 2003 im Rahmen sogenannter „Widerrufsverfahren“ der Asylstatus aberkannt wurde und die – obwohl sie zum Teil seit über zehn Jahren in Deutschland leben – plötzlich nur noch „geduldet“ werden. Alle drei bis sechs Monate müssen sie seitdem ihre Aufenthaltsgenehmigung verlängern lassen, in ständiger Ungewissheit darüber, ob ihnen beim nächsten Gang zur Ausländerbehörde nicht die Abschiebung mitgeteilt werden würde. Doch Herrmann beschwichtigte: „Abschiebungen in den Irak finden nach einem Beschluss der Innenministerkonferenz grundsätzlich nicht statt. Ausnahmen erfolgen nur bei Personen, die wegen schwerer Straftaten verurteilt worden sind oder die Innere Sicherheit gefährden. Zudem müssen sie aus den sicheren kurdischen Provinzen im Nordirak stammen.“

Ausländerbehörde verschickt Abschiebe-Bescheide

Zwei Jahre später hat diese Aussage Herrmanns Aussage keine Gültigkeit mehr. Mehreren Bewohnern der Flüchtlingsunterkunft in Regensburg wurde vergangene Woche ihre Aufenthaltsgenehmigung aufgekündigt, von schweren Straftaten kann bei den wenigsten die Rede sein. Es dürfte sich um eine bayernweite Aktion handeln. Das Innenministerium habe mitgeteilt, „dass die Rückführung ausreisepflichtiger, straffällig gewordener Personen aus dem autonomen Kurdengebiet im Nordirak durch die Ausländerbehörden nunmehr generell möglich ist“, steht in dem Schreiben, das auch der 30jährige Omar A. (Name geändert) erhalten hat. Omar A. lebt seit zehn Jahren in Deutschland, hat eine eigene Wohnung und geht, nach Tagelöhner-Jobs beim Hafenarbeitsamt, seit 2008 einer geregelten Arbeit nach. Seine Freundin erwartet gerade ein Kind von ihm.

Falsche Angaben: Eine schwere Straftat?

Die Straftat, deretwegen die Regensburger Ausländerbehörde Omar A. nun zum Kreis der Abzuschiebenden zählt, bestand darin, dass er bei seiner Einreise einen falschen Herkunftsort angegeben hatte. Er wurde deshalb 2005 zu einer Geldstrafe von 2.000 Euro verurteilt. „Ich weiß nicht, was ich im Nordirak soll“, sagt er. „Ich lebe seit zehn Jahren hier und fühle mich als Deutscher.“ In dem kleinen Zimmer in der Flüchtlingsunterkunft haben sich mehrere Iraker versammelt, die entweder schon Schreiben bekommen haben, in denen ihnen ihre bevorstehende Abschiebung mitgeteilt wird oder die mit einem solchen Schreiben rechnen. Auch den 33jährigen Ali. K. hat die Mitteilung der Ausländerbehörde erreicht. Auch er hat bereits in Deutschland Fuß gefasst, arbeitet hier als Handwerker. Ihm wurde es zum Verhängnis, dass er – als er vor acht Jahren nach hierher kam – einen falschen Namen angegeben hat. 1.500 Euro Geldstrafe, Vorstrafe, damit jetzt einer von denen, deren „Rückführung nunmehr generell möglich“ sein soll. Marion Puhle vom Regensburger Flüchtlingsforum hält das Argument „Straftäter“ für vorgeschoben. „Schon bei den Abschiebungen nach Afghanistan sollten es zunächst nur die Straftäter sein, dann kamen alleinstehende Männer und zum Schluss die Familien.“ Diese Reihenfolge sei lediglich ein probates Mittel, um Proteste zu verhindern oder wenigstens klein zu halten, so Puhle.

„Straftäter sind nur der Anfang“

„Wer als Straftäter bezeichnet wird, hat keine Lobby und wenn schließlich die Familien mit Kindern abgeschoben werden, ist es zu spät.“ Puhle befürchtet: „Hier wird heimlich, still und leise mit einer größeren Abschiebewelle in den Irak begonnen.“ Der Verdacht ist nicht unbegründet. 2007, nachdem den hier lebenden Irakern der Asylstatus aberkannt worden war, scheiterten die Abschiebepläne der Innenministerkonferenz wohl in erster Linie an den breiten Protesten von Flüchtlingsorganisationen und daran, dass nur noch wenige Fluggesellschaften den Irak angesichts der instabilen Sicherheitslage überhaupt ansteuerten.

Auswärtiges Amt zum Nordirak: Defizit bei Menschenrechten

Dass die Provinzen im Nordirak heute so sicher sind, wie dies das Schreiben des Bayerischen Innenministeriums suggeriert, ist indes zu bezweifeln. Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) rät nach wie vor von Abschiebungen – auch in den vermeintlich sicheren Nordirak – ab. Das Auswärtige Amt sieht im Nordirak Defizite bei der Wahrung der Menschenrechte durch nichtstaatliche Akteure und Angehörige staatlicher Organe. Wie die dortigen Machthaber es mit der vermeintlich vorhandenen Demokratie, Freiheit und Sicherheit für die Bevölkerung halten, lässt sich am Umgang mit öffentlichen Protesten ablesen. Als dort Anfang 2011, ähnlich wie in Ägypten und Tunesien, die Menschen zu tausenden auf die Straße angesichts der schlechten Lebensbedingungen und mit der Forderung nach mehr Freiheiten gingen, feuerten die Sicherheitskräfte wahllos in die Menge. Mehrere Menschen wurden getötet, hunderte verletzt oder eingesperrt.

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