Vor knapp 300 Menschen steckte Hans Schaidinger die Grundlagen städtischer Erinnerungskultur ab. Foto: Staudinger
Es war ein Einlenken. Anlässlich der Gedenkfeier zum Internationalen Holocaust-Gedenktag hat Oberbürgermeister Hans Schaidinger am Sonntag erstmals vor dem ehemaligen KZ-Außenlager Colosseum in Stadtamhof gesprochen. Die Wahl des Orts ist auch ein Zugeständnis an die zahlreichen Kritiker städtischer Gedenkpolitik. In der Vergangenheit hatte die Erinnerung an die hier eingesperrten rund 400 Zwangsarbeiter und die Todesopfer des Colosseum eine allenfalls marginale Rolle gespielt.
In seiner Rede vom Sonntag (als PDF) steckt Schaidinger vor dem Colosseum und dem schräg gegenüberliegenden Gedenkstein Grundlagen einer Erinnerungskultur ab, die darauf hoffen lassen, dass auch das offizielle Regensburg langsam, aber sicher zu einem angemessenem Umgang mit seiner NS-Geschichte findet.
Erinnern, so der OB, sei „Grundlage des inneren und des äußeren Friedens in unserer Stadt, in unserem Land und weltweit“, Erinnerung „auch an die dunkelsten Kapitel unserer Vergangenheit“ sei „ein wesentlicher Bestandteil unserer Kultur“.
„Schuld ist nicht vererbbar, aber Verantwortung“
Knapp 300 Menschen hören Schaidinger zu, während er auch auf die üblichen Forderungen und Plattitüden derjenigen eingeht, die einen „Schlussstrich“ unter dieses Erinnern fordern, mit Sprüchen wie „Was kann ich da noch dafür?“ oder „Daran bin ich doch nicht schuld.“
Was dem Oberbürgermeister dabei auffällt: „Allzu viele, die für das Vergessen plädieren, sind erstaunlich nahe bei denen, die den Holocaust relativieren und die Allerweltsentschuldigung parat haben: Seht her, die anderen sind auch nicht besser als wir.“
Schuld sei nicht vererbbar, so Schaidinger. „Sehr wohl aber Verantwortung.“ Der müsse man sich stellen. „Indem wir uns erinnern, zeigen wir Bereitschaft, diese Verantwortung anzunehmen. Nur damit sind wir in der Lage, unseren Beitrag zu leisten, nicht erneut in eine Epoche der Unmenschlichkeit zu geraten.“
Und der Oberbürgermeister nennt Ereignisse und Orte in Regensburg, an die man sich erinnern sollte.
Den „Schandmarsch der Juden“ etwa, bei dem im November 1938 jüdische Mitbürger durch Regensburg getrieben, bespuckt und mit Steinen beworfen wurden und der „ein Marsch der Schande für unsere Stadt und Teil unserer Stadtgeschichte geworden ist“.
Nazi-Terror „nur durch unterstützendes Umfeld möglich“
Dabei spricht Schaidinger auch über Opfer und Täter. „Da gab es biedere Menschen, Mitbürger auch, die glaubten, ihre Pflicht tun zu müssen – Verwaltungsleute, Polizisten, Eisenbahner, SS-Angehörige. Sie stellten Kadavergehorsam über ihr Gewissen, ihre Pflicht zur Menschlichkeit, über die christlichen Gebote.“
Erinnern, Schaidinger spricht von Bekenntnis und Haltung, dürfe aber nicht bei „hehren, aber letztlich tatenlosen und damit leeren Worten bleiben“. Die „Morde der Neonazi-Terrorzelle aus Zwickau“ hätten gezeigt, dass aus dem Ungeist von damals bis heute Verbrechen entstünden. „Nur weil es ein unterstützendes Umfeld von Feinden unserer demokratischen, pluralistischen Gesellschaft gegeben hat – und wohl auch immer noch gibt – waren die Verbrechen erst möglich gewesen.“
Schwierig, die richtigen Worte zu finden…
Die Rede scheint Schaidinger sehr wichtig gewesen zu sein. Wie aus seinem Umfeld verlautet, soll er sie selbst noch stundenlang überarbeitet haben. Auf Details des Colosseum geht er am Sonntag nicht ein. Er sagt aber an einer Stelle: „Es wird immer schwer sein, die richtigen Worte zu finden angesichts des systematischen Völkermords.“
Diese richtigen Worte am Colosseum soll derzeit – im Auftrag der Stadt – eine ehrenamtliche Gruppe verschiedener Initiativen finden. Sie sollen einen neuen Text für die Bodenplatte erarbeiten, deren fragwürdige Beschriftung zuletzt die Debatte um das ehemalige KZ-Außenlager angeheizt hatte. Am Sonntag stehen dort zwei Grablichter und etwas Blumenschmuck.
Anschließende Gedenkfeier in der Stadtamhofer Pfarrkirche: Das Friedenslicht wird entzündet. Foto: Staudinger
Eine Institution muss schließen. Der Pachtvertrag für die Cafébar, für viele Regensburger seit 27 Jahren das, was das Hawelka den Wienern, ein letztes Biotop in der Regensburger Altstadt, wo das Publikum vom Tagedieb bis zum Baulöwen reicht und wo auch der Oberbürgermeister zum 25jährigen mal kurz reinschaut, um zu gratulieren, wurde nicht verlängert.
Darüber muss man auch mal reden: „50 bis 60 Euro (inklusive Mehrwertsteuer)“ könnte Mensch nach Schätzungen der Regensburger Stadtverwaltung nach seinem Tod noch abwerfen – sofern er sich verbrennen lässt. Die Stadt Regensburg will dieses Potetial jetzt nutzen.
Ein stiller Tag – wie etwa der Karfreitag oder der Totensonntag – ist der Holocaust-Gedenktag am 27. Januar nicht. Und dass er nicht wirklich im öffentlichen Bewusstsein verankert ist, zeigte vor vier Jahren unter anderem die Debatte um den Faschingsumzug in Regensburg. Es geht aber auch anders.
Ist der Schriftzug ACAB („All Cops are Bastards“) eine Beleidigung? Nein, meinen unter anderem Gerichte in Karlsruhe und Berlin. In Regensburg ist das anders: Wegen eines T-Shirts mit der Aufschrift „copACABana“ wurde ein 36jähriger am Mittwoch vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt. Das T-Shirt bleibt in Gewahrsam der Justiz.
Herbert Mirbeth konnte einem irgendwie leid tun. Am Dienstag kam der Landrat (CSU) in den Regensburger Stadtrat, um dort sein Plädoyer für eine Sinzinger und eine Kneitinger Nahverkehrsbrücke vorzutragen. Was er zu hören bekam, war viel Höflichkeit, viel Freundlichkeit und absolut nichts Neues.
Die Einzelhandelskonzerne Netto und Kaufland sind ins Visier von Staatsanwaltschaft und Zollfahndung geraten. Unter anderem im Auftrag der Staatsanwaltschaft Regensburg durchsuchten am Dienstag über 450 Fahnder mehr als 60 Lagerhallen, Büros sowie Wohn- und Geschäftsräume von Verantwortlichen in fünf Bundesländern.
„Es ist alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ Diese Einsicht hat sich beim Thema Sinzinger Nahverkehrsbrücke auch bei den betroffenen und gegen die Brücke engagierten Anwohnern durchgesetzt. Heute wird im Stadtrat darüber abgestimmt, und nachdem sogar Oberbürgermeister Hans Schaidinger (CSU) seinen Regierungsfraktionen empfohlen hat, sich gegen die Brücke auszusprechen, ist mit einem mehrheitsfähigen Gesinnungswandel zugunsten der Brücke nicht mehr zu rechnen.
Am Sonntag findet die alljährliche Veranstaltung zum Holocaust-Gedenktag statt. Zum ersten Mal wird Oberbürgermeister Hans Schaidinger dabei vor dem ehemaligen KZ-Außenlager Colosseum sprechen.
Im Haus Heuport spielen die „Sechs lustigen Fünf“, im Pfarrheim St. Paul singt „Fracksausen“. Im Heuport spricht Georg Schmid, im Pfarrheim Hans Schaidinger. Die CSU lädt zum Neujahrsempfang, besser: zu zwei Neujahrsempfängen. Zuversichtlich sind alle CSUs…
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