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Er zählt zu den Schlüsselfiguren bei der Entstehung des „Nationalsozialistischen Untergrunds“: der Neonazi Tino Brandt. Der heute 36jährige baute mit Geld des Thüringer Verfassungsschutzes den Thüringer Heimatschutz auf und legte damit die Keimzelle für das vor drei Monaten aufgedeckte Mördertrio Böhnhardt/ Mundlos/ Zschäpe.

Was dabei vergessen wird: Brandt startete seine steile Karriere in Bayern, genauer gesagt in Regensburg. Und bereits hier wurde er vom bayerischen Verfassungsschutz überwacht. Die Behörde weiß allerdings nicht mehr, was sie dabei herausgefunden hat: Entsprechende Akten wurden vernichtet. Das geht aus einem Antwortschreiben des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU)  hervor, mit der dieser auf eine Anfrage der Regensburger Landtagsabgeordneten Maria Scharfenberg (Grüne) reagiert hat (hier der Frage-Antwort-Katalog als PDF).

„Datenlöschungs- und Aktenvernichtungsvorschriften“

„Aufgrund entsprechender Datenlöschungs- und Aktenvernichtungsvorschriften“ stünden entsprechende Daten „nur noch eingeschränkt“ zur Verfügung, schreibt der Innenminister in einer Vorbemerkung, mit der er einen Großteil von Scharfenbergs umfangreichen Fragenkatalog abbügelt. „Welcher Kenntnisstand damals im Detail bestand, ist zuverlässig nicht mehr feststellbar.“ Zwar gebe es zu Tino Brandt „noch in großem Umfang Dokumente“, die Gegenstand der aktuellen Ermittlungen seien, aber: „Inwieweit seine damalige Rolle im Detail rekonstruierbar sein wird, ist derzeit noch nicht abschätzbar.“

Tino Brandt: Karrierestart in Regensburg

Wie berichtet, war Brandt Anfang der 90er nach Regensburg gekommen, um hier eine Ortsgruppe des wenig später verbotenen „Nationalen Blocks“ aufzubauen, der sich offen als Organisation in Tradition von SA und NSDAP bekannte. Erste Kontakte zur lokalen Neonazi-Szene hatte Brandt bereits geknüpft. In seinem Zimmer lagerte er antisemitisches und rassistisches Propagandamaterial (Foto).

Kein frühzeitiger Dämpfer – im Gegenteil

Von den örtlichen Behörden – weder Polizei, noch Staatsanwaltschaft – wurde Brandt deshalb nicht gebremst, geschweige denn behelligt. Auch nicht vom bayerischen Verfassungsschutz.

Stattdessen gingen die Behörden gegen jene vor, die die Öffentlichkeit über Brandt informierten. Zwei Antifaschisten, die seinerzeit Flugblätter verteilten und auf Brandts Aktivitäten hinwiesen, wurden vom Regensburger Amtsgericht wegen „übler Nachrede“ zu Geldstrafen verurteilt. Von Brandt verwendete Briefaufkleber (Foto), deretwegen etwa die Staatsanwaltschaft Bochum wegen „Aufstachelung zum Rassenhass“ ermittelte, bezeichnete der zuständige Richter Werner Gierl als „Schriftstücke möglicherweise rechtsextremistischer Provenienz“. Auch die damals ausführliche Berichterstattung in den Medien über Brandts Aktivitäten spielten für das Gericht keine Rolle. Gierl während des Prozesses: „Hintergründe interessieren mich nicht.“

Keine Informationen zu den „Informationen“

Herrmanns Antwort belegt zweierlei: Der bayerische Verfassungsschutz wusste über Brandt Bescheid, ließ ihn aber gewähren. Ebenso erklärt Herrmann, dass bayerischer und dem Thüringer Verfassungsschutz in Sachen Brandt zusammengearbeitet haben. Nähere Informationen enthält Herrmanns Antwort jedoch nicht. 1994 zog Brandt nach Thüringen. Wenig später wurde er dort als V-Mann geworben und erhielt – bis zu seiner Enttarnung im Jahr 2001 – dafür rund 200.000 Mark. Von dem Geld baute er nach eigenen Angaben den Thüringer Heimatschutz auf, aus dem auch der NSU – das Trio Böhnhardt/ Mundlos/ Zschäpe – hervorging, dem mindestens zehn Morde angelastet werden.

Dass Brandt bereits für den bayerischen Verfassungsschutz als V-Mann tätig gewesen sei, verneint Innenminister Herrmann. „Tino Brandt wurde zu keinem Zeitpunkt von Mitarbeitern des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz kontaktiert. Er stand auch nicht in Diensten des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz.“

„Noch etwas dürftig“

Die Landtagsabgeordnete Maria Scharfenberg bezeichnet die von Herrmann mitgeteilten Erkenntnisse als „noch etwas dürftig“. Sie fordert das Landesamt für Verfassungsschutz auf die von Hermann erwähnten noch vorhandenen Dokumente „möglichst schnell und umfassend auszuwerten“. Scharfenberg: „Auch in Bayern sind nach bisherigem Kenntnisstand fünf Morde verübt worden. Für mich stellt sich weiterhin die Frage, warum die einzelnen Taten völlig falsch eingeschätzt wurden und Zusammenhänge nicht hergestellt werden konnten?“

„Aufgrund entsprechender Datenlöschungs- und Aktenvernichtungsvorschriften stehen beim Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz nur noch eingeschränkt Daten zu seinem Erkenntnisstand Anfang der 1990er Jahre zur Verfügung. Welcher Kenntnisstand damals im Detail bestand, ist zuverlässig nicht mehr feststellbar. Gleichwohl gibt es zu Tino Brandt noch in großem Umfang Dokumente. Die Dokumente sind Gegenstand aktueller, noch nicht abgeschlossener, Auswertungen des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz in Zusammenhang mit der Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU). Eine Bewertung und Einschätzung von Tino Brandt und seiner damaligen Rolle in der rechtsextremistischen Szene ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt deshalb nur bedingt möglich. Inwieweit seine damalige Rolle im Detail rekonstruierbar sein wird, ist derzeit noch nicht abschätzbar.“
Vorbemerkung von Inneniminister Joachim Herrmann zur Antwort auf die Anfrage der Landtagsabgeordneten Maria Scharfenberg

Jahresrückblick II/VI – Einigkeit zum Jahresende: Die CSU im Glück

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Jahresrückblick I/VI – Jubel um Neugestaltung des Donaumarkts!

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Anonymous-Portal Nazi-Leaks

Nur vier NPD-Spender aus Regensburg

Für einiges Aufsehen hat zu Jahresbeginn das Enthüllungsportal Nazi-Leaks gesorgt. Durchforstet man die dort veröffentlichte Liste von NPD-Spendern nimmt sich das Ergebnis für den Raum Regensburg allerdings eher erfreulich aus: Vier vermeintliche Spender, davon zwei NPD-Bundestagskandidaten. Lediglich ein Name fällt auf.

SCHUMA Frucht: Kopfschütteln vor dem Arbeitsgericht

Es waren „nur“ drei von mehreren Verfahren, in denen sich das Regensburger Arbeitsgericht mit den Zuständen beim Früchtegroßhändler Schuma befassen muss. Und die Schilderungen des Betriebsratsvorsitzenden und dessen Rechtsanwalt Fabian Riechers sorgten am Donnerstag ebenso für Fassungslosigkeit bei den Richtern wie die darauffolgenden Erklärungen von Schuma-Anwältin Susanne Eichinger. Schuma-Geschäftsführerin Margit Schuster-Lang war trotz gerichtlicher Anordnung nicht erschienen.

Regensburger Richter mit Mumm: Schulverbot für NPD!

„Hier hat endlich mal ein Richter mit Mumm entschieden.“ Dieser Aussage des Landshuter Oberbürgermeisters Hans Rampf (CSU) ist eigentlich nichts hinzuzufügen. In einer bemerkenswert klaren Entscheidung hat das Regensburger Verwaltungsgericht befunden: Die NPD und deren Unterorganisationen haben an Schulen nichts verloren. Die Argumentation des Regensburger Verwaltungsgerichts ist einleuchtend, allerdings urteilten Gerichte in der Vergangenheit nicht auf Basis der Lebenswirklichkeit, sondern zogen sich auf formaljuristische Argumente zurück.

Fußballstadion: Übers Geld spricht man nicht!

Formal-demokratische Gründe hatte die Sondersitzung des Stadtrats, die für vergangenen Dienstag anberaumt wurde. Mit breiter Einigkeit segnete der Stadtrat den nächsten Schritt in Richtung neues Fußballstadion ab. Per Ausschreibung wird jetzt ein „Projektsteuerer“ gesucht, der die Planung federführend übernehmen wird. Eine entsprechende Ausschreibung wurde bereits tags darauf im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Was das Stadion kosten wird, weiß indes noch niemand.

Innehalten im „Tal des Todes“

Eine Ausstellung mit dem Titel „Tal des Todes“? Und das gerade jetzt zur Weihnachtszeit? In der Zeit von Christi Geburt? Das mag für den einen oder anderen erst einmal komisch klingen. Da befasst man sich doch eher mit etwas Freudigem und Besinnlichem. Doch die zehnte Auflage der GRAZer Weihnachtsausstellung – GRAZifikation – hat genau das zum Thema: Tod statt Weihnachtsdeko.

Stadthalle: Geld spielt plötzlich eine Rolle!

Manchmal erfährt man über Grundstücksverhandlungen lange nichts. Manchmal erhält man selbst auf Nachfrage keine Auskunft. Und manchmal, aber nur sehr selten, werden solche Verhandlungen in aller Öffentlichkeit ausgetragen. Das geschieht gerade beim potentiellen Stadthallenstandort Ernst-Reuter-Platz. Da beharken sich evangelische Kirche und Stadt gerade darüber, wer denn nun schuld daran ist, dass bei dem Thema nichts vorwärts geht. Und es geht um Kosten für Grundstück, Altlastenentsorgung oder Erbpacht.

Mitbestimmung unerwünscht

SCHUMA Frucht: „Hausverbot“ für Betriebsrat

Der Streit um den Umgang mit Mitarbeitern beim Regensburger Fürchtegroßhändler SCHUMA schlägt weiter Wellen. Am Freitag wurde der Betriebsrat durch die Geschäftsleitung offenbar von der Arbeit „frei gestellt“. Er muss/ darf nicht mehr im Betrieb erscheinen. SCHUMA-Geschäftsführerin Margit Schuster-Lang will zu den Auseinandersetzungen gegenüber unserer Redaktion „angesichts der laufenden Verfahren“ keinen Kommentar abgeben.

Geheimsache Naziaufmarsch: Regensburg ist Vorreiter!

50 Neonazis konnten am Wochenende weitgehend ungehindert durch Schwandorf ziehen, weil von Verwaltungsseite nichts nach außen gedrungen ist. In Schwandorf ist jetzt die Empörung über dieses Verhalten der Behörden groß. In Politik, Öffentlichkeit und Medien. Unerhört? Ach was, würde man in Regensburg sagen. Wäre so etwas in der „Oberpfalzmetropole“ passiert, würden die Verantwortlichen bei der Stadt es feiern. Als Erfolg gängiger Verwaltungspraxis.

Regensburger Telekom-Odyssee: Das Entertainment geht weiter

Anfang Dezember berichtete unsere Redaktion über die zweimonatige Odyssee einer Unternehmerin durch Warteschleifen und T-Punkte. Die Telekom hatte ihren Anschluss aus unerfindlichen Gründen stillgelegt. Immerhin: Kurz nach unserem Artikel wurde der Anschluss wieder aktiviert. Eines der ersten Gespräche führte die Unternehmerin mit einem Rechtsanwalt. So ganz scheint das mit der Kundenkommunikation immer noch nicht zu klappen.

40 Jahre Amnesty: Sünde in der CSU-, Fürsten- und Kirchen-Provinz!

Am Donnerstag feierte die „Ortsgruppe 1100“ von Amnesty-International mit Gründungsmitgliedern und rund 50 Gästen ihren 40. Jahrestag. Im „Alumneum“ der Evangelischen Kirchengemeinde (ESG) am Ölberg ließ man die internationale Arbeit Revue passieren. Aus dem Nähkästchen der Gründungsjahre wusste Veit Wagner, der „Vater“ der Regensburger Gruppe einiges zu berichten. Bis heute hält sich hartnäckig, was einst als „Quasi-Spontis“ verhöhnt wurde.

Aus dem Stadtrat IV: Du sollst Deine Verwaltung loben

Der örtliche Energieversorger hätte sich vermutlich über den Bebauungsplan gefreut, den das Regensburger Planungsamt im September 2010 dem Stadtrat vorgelegt hat (als PDF). Die künftigen Bewohner hätten sich dagegen über hohe Heiz- und Stromkosten „freuen“ dürfen. Ein Gutachten fällt über den damaligen Entwurf ein vernichtendes Urteil. Jetzt wurde komplett umgeplant. Ohne die Nachfrage eines Stadtrats wäre das nicht passiert.

Habemus Verzweiflung: Nanni Moretti therapiert den Papst

Weihnachten steht vor der Tür, im Kino läuft ein monumentaler Papstfilm, und wer geht nicht rein? Der Hochwürdigste Herr Bischof von Regensburg. Dabei mietet Seine Exzellenz sonst schon mal ganze Kinos für seine Schäfchen an, wenn der richtige Film läuft, etwa so ein rattenscharfer Jesus-Splattermovie wie Mel Gibsons „Passion Christi“, in dem die Juden wie […]

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