Vorsicht: cop-ACAB-ana ist in Regensburg strafbar
Ist der Schriftzug ACAB („All Cops are Bastards“) eine Beleidigung? Nein, meinen unter anderem Gerichte in Karlsruhe und Berlin. In Regensburg ist das anders: Wegen eines T-Shirts mit der Aufschrift „copACABana“ wurde ein 36jähriger am Mittwoch vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt. Das T-Shirt bleibt in Gewahrsam der Justiz.
ACAB – das ist kein türkischer Vorname, wie etwa noch im vergangenen Jahr ein Redakteur der Nürnberger Zeitung mutmaßte, es ist auch keine Abkürzung für „Acht Cola, acht Bier“. Die Buchstabenkombination – mal an Hauswände gesprüht, mal gedruckt auf T-Shirts, Pullover und Kappen – steht für „All Cops are Bastards“. Das ist mittlerweile weithin bekannt.
Und dem 36jährigen Ronny K., der am Mittwoch wegen Beleidigung vor dem Amtsgericht Regensburg stand, mochte man es nicht so recht abnehmen, als er sagte: „Das sind Buchstaben aus dem deutschen Alphabet. Die können viel bedeuten.“
Die Regensburger Staatsanwaltschaft hatte dem arbeitslosen Bürokaufmann einen Strafbefehl wegen zweifacher Beleidigung zukommen lassen, weil er sich im vergangenen Jahr mit einem T-Shirt mit der Aufschrift „Copacabana“ am Hauptbahnhof aufgehalten hatte.
90 Minuten-Verhör wegen T-Shirt
Er wartete dort auf eine Mitfahrgelegenheit nach Dresden, wo er sich das Fußballspiel zwischen Dynamo Dresden und Wacker Burghausen anschauen wollte. Am selben Tag spielte in Regensburg der SSV Jahn Regensburg gegen Hansa Rostock. Ein üblicher Großeinsatz für die Polizei, die sich bereits am frühen Morgen auf dem Bahnhof postiert hatte, wo eben auch Ronny K. auf seinen Fahrer wartete.
Zwei Beamten der Spezialeinheit USK fiel das T-Shirt von Ronny K. auf.
Zwar habe der 36jährige sich nicht bewusst mit dem T-Shirt präsentiert, so einer der beiden Beamten am Mittwoch vor Gericht. „Aber es ist weitläufig bekannt, was das bedeutet. Man kann auch etwas anderes anziehen.“ Man nahm sich also des T-Shirt-Trägers an.
Ronny K. wurde eineinhalb Stunden lang vernommen, auf eventuell rechtsradikale Tätowierungen untersucht und einer Alkoholkontrolle unterzogen. Finden konnten die Beamten nichts. Schließlich wurde das T-Shirt beschlagnahmt und Ronny K. wegen Beleidigung angezeigt. Von den beiden Polizisten und deren Vorgesetzten.
Die Staatsanwaltschaft hielt die Sache für strafwürdig und verschickte einen Strafbefehl über zehn Tagessätze.
Staatsanwalt: Angeklagter ging bewusst zum Bahnhof…
„Ihnen kam es darauf an, dass diese Polizeibeamten die auf ihrem T-Shirt hervorgehobenen Buchstaben ACAB wahrnehmen“, heißt darin. Der bislang nicht vorbestrafte 36jährige habe bewusst damit gerechnet, dass sich wegen des Jahn-Fußballspiels Polizeibeamte am Bahnhof aufhalten würden und eben deshalb das T-Shirt getragen, um seine „Missachtung auszudrücken“, so die Staatsanwaltschaft.
Ronny K. legte Widerspruch dagegen ein und erschien am Mittwoch ohne Rechtsanwalt, lässig mit Jeans, Hardcore-Jacke und Turnschuhen vor dem Richtertisch von Cornelia Braun. Den Vorwurf der Beleidigung und den damit verbundenen Strafbefehl bezeichnete er als „an den Haaren herbeigezogen“.
Wirklich unrecht hat er damit nicht: Der – unter anderem in rechtsextremen Kreisen beliebte – Kleidungshersteller Troublemaker vertreibt einen Großteil der ACAB-T-Shirts in Deutschland. Die Strafanzeige eines Polizisten wegen Beleidigung gegen Troublemaker hatte keinen Erfolg. Die Klamotten sind legal.
Andere Gerichte: ACAB = „Soldaten sind Mörder“
Daneben gibt es mehrere Urteile – zuletzt vom Amts- und Landgericht Karlsruhe, die herausstellen, dass es sich bei ACAB um die Beleidigung einer „unüberschaubar großen Personengruppe“ handelt, die Beleidigung einer konkreten Person damit kaum festzustellen sei und ACAB damit von der Meinungsfreiheit gedeckt sei, ähnlich wie das Tucholsky-Zitat „Soldaten sind Mörder“.
Ronny K. erwähnte all das nicht. „Ich kann doch niemanden beleidigen, weil der sich einbildet, dass da irgendetwas steht“, meinte er lediglich.
Und auch für das Amtsgericht Regensburg spielte die Sicht der Karlsruher Richter keine Rolle. Es verurteilte Ronny K. zu 15 Tagessätzen wegen Beleidigung. Das Copacabana-T-Shirt bleibt als „Tatmittel“ in Gewahrsam der Justiz.
Ähnliches Verfahren 2009 eingestellt
„So etwas zieht man nicht einfach so an“, so Richterin Braun „Jeder weiß, was das bedeutet. Sie haben sich bewusst an diesem Tag am Hauptbahnhof gezeigt, weil Sie wussten, dass dort Polizisten sind.“
Erstaunlich: Noch im August 2009 hatte die Regensburger Staatsanwaltschaft ein ähnliches Verfahren wegen eines ACAB-Buttons eingestellt. Der damals Beschuldigte hatte allerdings einen Rechtsanwalt zu Rate gezogen.