Die große Klappe der Integration
Im Sommer 2011 wurde Bora A. – Sohn türkischer Eltern, 36, seit 2008 CSU-Mitglied, Moslem – vom Kreisverband zum Integrationsbeauftragten gewählt. Seitdem sieht man ihn bei vielen Gesprächen, beim Posieren für Fotos und beim Verteilen von Visitenkarten. Er sucht die Öffentlichkeit und hat Forderungen, von denen seine Partei noch nichts zu wissen scheint.
Ein Moslem als Beauftragter für Integration. Beim CSU-Kreisverband Regensburg. Das sorgt für Interesse und Aufmerksamkeit – bei einigen Regensburger Medien, etwa der MZ oder TVA aktuell, aber auch in türkischsprachigen Publikationen. Das ist schließlich nichts Alltägliches.
Im Sommer 2011 wurde Bora A. – Sohn türkischer Eltern, 36, seit 2008 CSU-Mitglied – vom Kreisvorstand zum Integrationsbeauftragten gewählt. Seitdem sieht man den kleinen, etwas bulligen Mann häufig bei öffentlichen Veranstaltungen, bei vielen Gesprächen, beim Posieren für Fotos und beim Verteilen von Visitenkarten.
Faible für Schweinebraten und Papstbruder
„Wir suchen verstärkt Kontakt zur muslimischen Bevölkerung“, sagt der CSU-Kreisvorsitzende Armin Gugau. Und da habe sich A. (als einziger Moslem in der Regensburger CSU) angeboten. „Eloquent, in Regensburg aufgewachsen und einziger Moslem in der Regensburger CSU.“
Und A. ist nicht nur integriert, er scheint richtiggehend assimiliert. Er isst gerne Schweinebraten und Apfelstrudel. Er hat ein Faible für den katholischen Glauben („liberaler als der Islam“) und die Fürstenfamilie („Mit Fürst Albert habe ich schon stundenlang telefoniert.“). Auf seiner Facebook-Seite hat A. Fotos veröffentlicht, die ihn mit Papstbruder Georg Ratzinger, Bundestagspräsident Norbert Lammert oder dem CSU-Europaabgeordneten Albert Dess zeigen.
Als Sohn türkischer Gastarbeiter ist er in Regensburg geboren und – „weil meine Eltern sehr viel arbeiten mussten“ – 14 Jahre bei einer katholischen Pflegefamilie im Landkreis aufgewachsen. Wochenenden beim Wandern und im Biergarten. In Lederhosen und Tracht.
Engagiert, wortreich, ausweichend
Tracht hat Bora A. nicht an, als wir uns zum Gespräch treffen. Dafür trägt er frisch polierte Designerschuhe, Lederjacke und Poloshirt. Er redet wie Wasserfall. Engagiert, wortreich, ausweichend. Wie ein Profi-Politiker, der dem Volk aufs Maul schaut.
In Regensburg, da sei eigentlich keiner da, der die Migranten verstehe, sagt er. „60 Jahre hat sich niemand darum gekümmert.“ Der Ausländerbeirat? Eine nette Sache, aber „ein Titel ohne Mittel“. Integrationsprojekte der Stadt Regensburg? „Da müsste mal geprüft werden, ob das überhaupt funktioniert.“ Der Oberbürgermeister oder der Sozialbürgermeister? „Die haben doch für so etwas überhaupt keine Zeit.“
A. schon. Sagt er. „Ein Migrant versteht die Migranten. Ich kenne beide Welten.“
A. hat schon einige Welten kennengelernt. Er ist gelernter Koch, war „Geschäftsführer“, hat bei der Müllabfuhr und beim Sicherheitsdienst gearbeitet, am Fließband bei BMW und bei der Fleischfabrik Glöckl. Heute sei er „selbständiger Immobilienmakler“, mit einer „BAG Vermögensverwaltung Limited & Co KG“. Neben Fotos mit Papstbruder und Parteigrößen gibt es seitdem auch eines, wo er vor diversen Porsches posiert.
„A., das hört sich gut an, was Du so erzählst.“
„Ich rede mit vielen Leuten“, sagt A. In Schulen sei er gewesen, in Kindergärten und in Moscheen, sagt A. „Ich geh überall hin.“ Und eines erwähnt er mehrfach: „Die Leute, mit denen ich rede, sagen: ‘A., das hört sich gut an, was Du so erzählst’.“
Es ist auch für jeden was dabei. Nur nichts Konkretes.
Überall, sagt A., gebe es „solche und solche“. Bei den Migranten und den Deutschen.
„Einige passen sich einfach nicht an.“ Andere würden nicht richtig gefördert oder schlechter behandelt als Deutsche.
Da gebe es „kein Miteinander, nur ein Nebeneinander“. Da gerate alles „zunehmend durcheinander“, da werde „alles immer explosiver“. Da gebe es aber „auch positive Beispiele“.
Solche und solche, dieses und jenes
Das gehöre einfach „alles auf den Prüfstand“. Schließlich koste „das alles ja Geld“.
Da gehöre „überall genau hingeschaut“. In den Schulen und den Kindergärten („Das ist sehr wichtig.“), bei den Ämtern, bei der Polizei und den Gerichten („So weit gehe ich da.“).
Da gebe es Leute mit deutscher Staatsbürgerschaft, die nicht einmal Deutschen könnten. „Wie haben die das eigentlich geschafft?“ Und wiederum andere, die könnten Deutsch, hätten aber keine Staatsbürgerschaft. Solche und solche eben.
A. hat auch schon Vorstellungen, wie er – bislang ebenfalls „ein Titel ohne Mittel” – diesen von ihm benannten Allgemeinplätzen beikommen will.
A. fordert ein eigenes Amt und einen Posten
„Wir wollen in der Stadtverwaltung ein eigenes Amt für Integration einführen.“ Mit „wir“ meint A. den CSU-Kreisverband. Dieses Amt werde er leiten, zusammen mit „zwei bis fünf Leuten“.
Und dann wird gehandelt. „Fünf Punkte“ nennt A. auf die wiederholte Bitte hin, doch mal etwas konkreter zu werden: Man müsse sich „das Ganze anschauen“. Man müsse „ein Konzept entwickeln“. Man müsse „Kontakte knüpfen“ mit Behörden und Institutionen. Man müsse „sich die Sprachkurse anschauen und auch Ältere eingliedern. Das ist auch wichtig“.
„Er braucht wohl noch etwas Zeit.“
Der CSU-Kreisvorsitzende weiß anscheinend noch nichts davon, was für ein neues städtisches Amt seine Partei da – im Fall eines Wahlerfolgs – schaffen will. Bislang habe er noch nicht viel Konkretes von A. gehört, sagt Gugau. „Wir warten da noch ab. Er braucht wohl noch etwas Zeit.“