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„Großbäckerei im Landkreis Regensburg gesperrt!“ So oder so ähnlich lesen sich die Schlagzeilen bei Bild, Welt, Spiegel & Co. Vergleicht man den Regensburger Fall Biendl & Weber in Donaustauf mit der Brotfabrik Müller Brot, fragt man sich, weshalb in Neufahrn so lange weiter produziert werden durfte.

18 Filialen in Stadt und Landkreis: Biendl & Weber. Foto: Archiv

Auf den ersten Blick hört es sich dramatisch an: Tote Mäuse, Insekten, Schimmel. „Großbäckerei im Landkreis Regensburg gesperrt!“ So oder so ähnlich lesen sich die Schlagzeilen bei Bild, Welt, Spiegel & Co. Das Landratsamt Regensburg lud am Donnerstagnachmittag zur Pressekonferenz (hier die offizielle Pressemitteilung). Bereits im Vorfeld sickerte durch: Bei der angesprochenen Großbäckerei, in der die Behörde die Produktion am Dienstag gestoppt hat, handelt es sich um den Donaustaufer Betrieb Biendl & Weber: 2,2 Millionen Euro Jahresumsatz, 65 Beschäftigte, 18 Filialen in Stadt und Landkreis. Zwischen 15.000 und 20.000 Semmeln werden täglich in Donaustauf gebacken. Das Medieninteresse ist groß. Sehr groß. Bildzeitung, ZDF und Bayerisches Fernsehen sind da. Die Mittelbayerische Zeitung kommt gleich zu dritt. Über 20 Journalistinnen und Journalisten füllen den Konferenzraum im Landratsamt, wo – es ist schließlich unsinniger Donnerstag – passend zum Thema Krapfen gereicht werden. Aber wer mag schon Krapfen, wenn es um Dreck in Bäckereien geht.

„Freiwillig an die Öffentlichkeit“

Vorne sitzt – im Blitzlichtgewitter und von Mikros eingerahmt neben Landrat Herbert Mirbeth und der versammelten Rechts- und Lebensmittelkontrolleursriege – auch Bäckerei-Chef Ulrich Weber. Und nur zu behaupten, dass er wie ein geprügelter Hund aussieht, wäre noch harmlos ausgedrückt.

Freiwillig an die Öffentlichkeit? Ulrich Weber und das versammelte Landratsam.

Er habe sich freiwillig entschlossen, an die Öffentlichkeit zu gehen, sagt Weber mehrfach und unter Nicken des Landrats. Wenn man nun von ihm und den Vertretern des Landratsamtes hört, weshalb Produktion und Auslieferung vorübergehend gestoppt wurden, dann ist das zwar schlüssig, man fragt sich aber auch, weshalb die Gammel-Brotfabrik Müller – Sperrung Ende Januar – über Jahre hinweg und mit Wissen der Kontrollbehörden (allerdings nicht der Verbraucher) zu Bedingungen weiter produzieren durfte, deren Dimensionen die bei Biendl & Weber bei Weitem überschreiten.

Schwarzer Schimmel an den Fliesen

Hauptproblem in Donaustauf ist den Ausführungen am Donnerstag zufolge schwarzer Schimmel an den Wandfliesen und dem Gestänge einer Produktionsanlage, daneben Teigverkrustungen in den Backöfen. In Leitungsschächten seien Motten, in zwei Räumen abseits der Produktion zwei tote Mäuse gefunden worden. Wesentlicher Grund für die den Produktionsstopp bei Biendl & Weber war dem Leiter der Lebensmittelüberwachung Pio Bauer zufolge die Tatsache, dass die festgestellten Mängel anders nicht zu beheben seien. Für die notwendige „umfassende Grundsanierung“ müsse der Betrieb zunächst einmal stillgelegt werden.

Backfabrik Müller: Informationssperre, langsame Reaktionszeit

Zum Vergleich: Müller Brot gehört mit 1.100 Beschäftigten und 115 Millionen Euro Jahresumsatz zu den zehn größten Backfabriken in Deutschland (eine Million Semmeln täglich). Über Jahre hinweg wurden dort wiederholt Mäusekot, Kakerlaken und Maden im Mehl gefunden, von stark verunreinigten Produktionsanlagen ist die Rede. Die Verbraucher wurden darüber nicht informiert. Selbst nach dem Ende Januar verhängten Produktionsstopp hatte Müller zunächst behauptet, es handle sich um Wartungsarbeiten aufgrund eines Schwelbrands. Gesundheitsminister Marcel Huber hat das lange Schweigen der Behörden stets mit dem Argument begründet, es habe keine Gesundheitsgefährdung bestanden. Keine Gesundheitsgefährdung – das wird auch am Donnerstag im Fall Biendl & Weber immer wieder betont. Weder Schimmel noch Ungeziefer seien in direkten Kontakt mit den Lebensmitteln gekommen, so Pio Bauer. Weshalb dann der Gang an die Öffentlichkeit? Bäckerei-Chef Weber habe sich von selbst dazu entschlossen, nach einem Gespräch mit Vertretern der Lebensmittelüberwachung, wie Landrat Mirbeth erklärt. Weber selbst spricht davon, dass man „nicht nach demselben Schema handeln“ wolle, wie andere.

Landkreis: Sechs Kontrolleure, 3.000 Betriebe

In den vergangenen drei Jahren wurde Biendl & Weber an die zehn Mal kontrolliert. Übermäßig häufig angesichts der Tatsache, dass den sechs Kontrolleuren des Landratsamtes rund 3.000 Betriebe gegenüberstehen. Immer wieder betonte Landrat Herbert Mirbeth zwar, dass „Verbraucherschutz an oberster Stelle“ stehe, dass man stets „strenge Kontrollen“ durchführe, dass dies aber eben „nur stichprobenartig“ stattfinden könne. Wie es in anderen Bäckereien aussieht? Diese Frage bleibt offen. Im Landkreis gibt es insgesamt 38, davon drei Betriebe ähnlicher Dimension wie Biendl & Weber.

Großes Medieninteresse bei der Pressekonferenz im Landratsamt.

Grund für die häufigen Kontrollen bei Biendl & Weber war Pio Bauer zufolge, dass es in der Vergangenheit mehrfach Beanstandungen gegeben habe. Drei Bußgelder in Höhe von insgesamt 6.500 Euro wurden dabei verhängt – Bauer nennt anderem beschädigte Bodenfliesen, verschmutzte Deckenlampen und verunreinigte Transportbänder als Gründe. Weswegen die Bußgelder jeweils genau verhängt wurden, ist am Donnerstag nicht nachvollziehbar. Es seien jedoch stets andere Mängel gewesen als zuvor, so Bauer. Eine letzte Kontrolle im November 2011 habe eigentlich „Anlass zu Optimismus“ gegeben. Damals seien keine Mängel festgestellt worden. Am Dienstag wurde der Betrieb nun doch gestoppt.

Betrieb bleibt weiter gesperrt

Bächerei-Chef Weber macht für den nun entdeckten Schimmelbefall den Einbau neuer Fenster verantwortlich. „Wir haben zu spät gemerkt, dass die Lüftung für den Bäckereibetrieb nicht ausreicht.“ Innerhalb „weniger Tage“ habe sich der Schimmel deshalb so ausbreiten können. Während der Pressekonferenz erklärte Weber, dass er davon ausgehe, dass die Mängel mittlerweile behoben seien. Zum selben Zeitpunkt sind schon Kontrolleure des Landratsamtes vor Ort, um zu prüfen, ob die Produktion wieder aufgenommen werden kann. Ob Weber sein offensiver Gang an die Öffentlichkeit etwas bringt, bleibt abzuwarten. In jedem Fall konnte sich das Landratsamt Regensburg am Donnerstag als strenge und schnell reagierende Behörde präsentieren. Müller Brot hat, wie die Süddeutsche Zeitung am Donnerstag meldet, Insolvenz angemeldet. Fast zeitgleich teilte das Landratsamt mit, dass die bisher durchgeführten Reinigungsarbeiten bei Biendl & Weber nicht ausreichen, um den Betrieb wieder aufnehmen zu dürfen.
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