Am kommenden Sonntag ist der „Fall Tennessee Eisenberg“ gleich zwei Mal Thema in Regensburg: Bei einer Demonstration zum Justizgebäude und bei einer Uraufführung am Theater an der Universität.
Juristisch scheint der Fall abgeschlossen. Doch auch in diesem Jahr findet kurz vor dem Todestag von Tennessee Eisenberg eine Demonstration statt (im Bild: Demonstration 2010). Foto: Archiv
Am 30. April ist es drei Jahre her, seit der Musikstudent Tennessee Eisenberg bei einem Polizeieinsatz in Regensburg erschossen wurde: Zwei Beamte feuerten ihre Magazine leer und trafen den 24jährigen zwölf Mal. Dass der Fall trotz einiger Widersprüche von der Staatsanwaltschaft eingestellt und nicht im Rahmen einer öffentlichen Gerichtsverhandlung aufgeklärt wurde – Beschwerden dagegen blieben erfolglos – sorgte bundesweit für Diskussionen – in der Bevölkerung, den Medien und bei Juristen.
Diese Diskussionen sind mittlerweile verebbt – auch wenn nach wie vor eine Verfassungsbeschwerde gegen die abschließende Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg läuft. Am kommenden Sonntag allerdings steht der Fall in Regensburg wieder im Fokus – politisch und künstlerisch.
Forderung: Unabhängige Kontrollinstanz
Um 14 Uhr ruft die Studierendenvertretung der Uni Regensburg zu einer Demonstration vom Domplatz zum Justizgebäude in der Augustenstraße auf. Die zentrale Forderung: eine unabhängige Instanz, die Fälle von unverhältnismäßiger Gewalt bei Polizeieinsätzen aufklären soll. Das Vertrauensverhältnis zwischen Bürgern und Justiz sei durch das Vorgehen der Ermittlungsbehörden im Fall Tennessee Eisenberg nach wie vor erheblich belastet“, sagt David Vogelbacher vom studentischen Sprecherinnenrat. „Weitere Fälle von unverhältnismäßiger Gewalt seitens Polizeibeamter – wie etwa kürzlich in Rosenheim – zeigen deutlich die Notwendigkeit von Reformen im Justizsystem.“
Eine Untersuchung des Regensburger Strafrechtler Professor Henning Müller am Beispiel von Körperverletzungen belegt: Während etwa 20 Prozent der angezeigten Körperverletzungen beim „Normalbürger“ angeklagt werden sind es bei verdächtigen Polizeibeamten lediglich zwischen drei und fünf Prozent. Während zwei Drittel der Angeklagten Normalbürger verurteilt werden, trifft es bei Polizisten lediglich ein Drittel. Gerade mal acht Prozent der „normalen“ Angeklagten werden freigesprochen, 25 Prozent bei den Polizeibeamten.
Vogelbacher: „Vieles spricht dafür, bei Ermittlungen gegen Polizeibeamte unabhängige Untersuchungskommissionen einzurichten.” Beginn der Demonstration: 14 Uhr am Domplatz.
Hoffnung: Aufmerksamkeit für den Fall
Am Abend des selben Tages findet um 19 Uhr am Regensburger Studententheater die Uraufführung des Theaterstücks „zwölf zu null“ statt. Autor Thomas Spitzer und Regisseur Thomas Weisser haben den Polizeieinsatz vom 30. April 2009 künstlerisch verarbeitet, die realen Vorfälle allerdings nur als Anregung verwendet. Und die Ankündigung, dass das Stück „lustig, unterhaltsam und grotesk“ sein werde, kann durchaus Befürchtungen wecken.
zwölf zu null - das Plakat zum Theaterstück.
In einem sind sich die Theatermacher und die Organisatoren der Demonstration auf jeden Fall einig: Sie wollen wieder verstärkt die Aufmerksamkeit auf diesen Fall lenken. Weisser, der sich in der Vergangenheit auch bei Demonstrationen zu Wort gemeldet und eine Podiumsdiskussion zu dem Thema organisiert hat, sagt: „Es ist nicht in Ordnung wenn Polizisten anders behandelt werden als Normalbürger.“
Mehr über den „Fall Tennessee Eisenberg“
Ein Anliegen, zwei Veranstaltungen: Das Gedenken an die NS-Opfer bleibt in Regensburg auch in diesem Jahr gespalten. Zum ersten Mal seit 40 Jahren nimmt aber ein Bürgermeister auch beim Gedenkweg am 23. April teil. Das ist wenigstens so etwas wie der Anfang eines gemeinsamen Gedenkens.
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