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Wegen Protestaktion vor Gericht

Das soll wohl ein Witz sein…

Satire oder Urkundenfälschung? Am Dienstag verhandelte die Strafkammer des Landgerichts Regensburg gegen einen ehemaligen Austräger der Mittelbayerischen Zeitung. Der hatte eine Postkartenaktion gestartet, die dem Monopolisten gar nicht schmeckte.

MITklagen: Wegen dieser Postkarte erstattete der MZ-Verlag Strafanzeige.

Man hätte schon etwas draufschreiben können auf die Postkarten. „Protestaktion“ vielleicht. „Verschicken auf eigenes Risiko.“ Oder: „Vorsicht, Witz, Spaß, Satire!!!“. Irgendsoetwas in der Art. Vielleicht hätte man sich bei der Mittelbayerischen Zeitung dann nicht gar so geärgert. Vielleicht hätte die Staatsanwaltschaft dann gar nicht ermitteln müssen. Vielleicht hätte das Regensburger Amtsgericht den „Übeltäter“ dann gar nicht verurteilt. Und vielleicht hätte es dann gar keine Berufung vor dem Landgerichts gegeben, wo das Verfahren eingestellt wurde. Auf Staatskosten übrigens. Die Missetat ereignete sich im Sommer vor zwei Jahren. In 5.000 Regensburger Briefkästen landeten Postkarten mit Schrift- und Farbzug der Mittelbayerischen Zeitung. „MITbestimmen“ lautete das Motto, unter dem da um „Hilfe“ gebeten wurde.

Gerechterer Lohn für die Austräger?

Sollte die MZ ihre Abopreise senken? Oder weniger Prospekte ins Blatt nehmen? Oder gar den Zeitungsausträgern einen gerechteren Lohn bezahlen? „Tolle Preise“ sollten da verlost werden, zwei Ballonfahrten, Gutscheine für die Herbstdult. Wer würde da nicht „MITmachen“ wollen, bei dieser Umfrage? Genau! 35 ausgefüllte Postkarten trudelten bei der Mittelbayerischen Zeitung ein. Die Verlagsleitung erstattete prompt Strafanzeige, denn, um es noch einmal ausdrücklich zu erwähnen: Es war nicht die Mittelbayerische Zeitung, die hier irgendjemand nach seiner Meinung gefragt hätte. Nein. Thomas Reitemeyer, ehemaliger langjähriger MZ-Austräger, hatte die Postkarten drucken lassen und im Stadtgebiet verteilt. „Ich wollte damit auf die schlechten Arbeitsbedingungen aufmerksam machen“, so der 36jährige. Das Ganze sei als „witzige Protestaktion“, „ein Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung“ gedacht gewesen. Zuvor hatte er schon bei Betriebsversammlungen und in einem offenen Brief an MZ-Boss Peter Esser den „Moloch der Ausnutzung“ angeprangert. Es folgte der fristlose Rausschmiss.

"Die Mittelbayerische braucht ihre Hilfe": Rückseite der inkriminierten Postkarte.

Nach der Strafanzeige der MZ leitete die Regensburger Staatsanwaltschaft mehrere Verfahren gegen Reitemeyer ein. Eines davon wegen Urkundenfälschung. Das Amtsgericht Regensburg verurteilte Reitemeyer deshalb im vergangenen Jahr zu einer Geldstrafe. Eine Protestaktion? Das könne bestimmt nicht sein, zumal es ja „auf den Postkarten nicht vermerkt“ sei. 50 Tagessätze á 15 Euro seien da wohl angemessen, befand das Gericht. Reitemeyer legte Berufung ein und blieb am Dienstag bei seiner Haltung.

Was nicht jedem einleuchtet…

„Das war eine Aktion, um die Öffentlichkeit auf das Problem aufmerksam zu machen.“ Das Problem, dass Zeitungsausträger am Existenzminimum herumkrebsen, pro Stück und nicht pro Stunde bezahlt werden. Für ihn grenze das an Sklaverei, so Reitemeyer. Und wenn man sich die Postkarte durchlese, „dann leuchtet das doch jedem ein, dass die Mittelbayerische keine solchen Fragen stellt“. Dem mochte die Staatsanwältin nun gar nicht folgen. „Hier haben sie schon mal die erste, der das nicht einleuchtet.“ Und überhaupt sei es ja so: „Wenn Sie sich die Masse der Bevölkerung anschauen, dann gibt es da welche, die das verstehen und welche, die das nicht verstehen.“ Ja, man kann Sachen unterschiedlich verstehen. Deshalb war das Verfahren wegen Urkundenfälschung – wie schon erwähnt – nicht das einzige, das die Regensburger Staatsanwaltschaft gegen Reitemeyer eingeleitet hatte. Es gab noch ein zweites – wegen „übler Nachrede“.

„Das Ansehen der Mittelbayerischen Zeitung herabwürdigen“

Wer nämlich, wie Reitemeyer auf der Postkarte, frage, ob ein gerechterer Lohn bezahlt werden solle, der impliziere ja, dass der derzeitige Lohn ungerecht sei und das wiederum eigne sich dazu, „das Ansehen der Mittelbayerischen Zeitung in der Öffentlichkeit herabzuwürdigen“, so die Staatsanwaltschaft. Eine Argumentation, bei der Gewerkschaftern die Ohren klingen dürften. Müsste es da nicht nach jeder 1. Mai-Veranstaltung Klagen und Ermittlungsverfahren hageln – wegen massenhafter Herabwürdigung von Arbeitgebern? Dieses Verfahren wurde nach Einwänden von Reitemeyers Rechtsanwalt Robert Hankowetz zwar rasch eingestellt. Allerdings nicht, weil der Vorwurf etwas gewagt wäre, sondern weil in dem zweiten Verfahren – wegen Urkundenfälschung – ohnehin eine Strafe zu erwarten sei, die demgegenüber nicht ins Gewicht falle, so die Begründung der Staatsanwaltschaft. „Freie Meinungsäußerung gilt also schon mal als potentiell strafbar“, so der Kommentar von Robert Hankowetz. Ob die Staatsanwaltschaft dieses Verfahren wegen übler Nachrede nun noch einmal aufgreifen wird, bleibt abzuwarten. Am Dienstag blieb die Strafe nämlich aus. Nach zwei Sitzungsunterbrechungen einigten sich Gericht, Verteidigung und Staatsanwaltschaft darauf, auch das Verfahren wegen Urkundenfälschung wegen Geringfügigkeit einzustellen. Reitemeyer muss 300 Euro an die Staatskasse zahlen. Die übernimmt im Gegenzug die Verfahrenskosten. P.S.: Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht bekannt.
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