Honecker-Ergebnis für Margit Wild
Die Regensburger SPD hat ihren Vorstand neu gewählt. Man gibt sich geschlossen, meidet öffentliche Diskussionen und schielt auf künftige „Machtoptionen“.
„Früher hat man die Wirtshäuser zugesperrt, wenn die Sozialdemokraten gekommen sind“, ruft Joachim Wolbergs in den Saal des Dechbettener Hofs. „Heute sperrt man sie extra wegen uns auf.“ Heute ist nämlich Montag – und da hat der Dechbettener Hof eigentlich Ruhetag. Aber eben nur eigentlich. Doch auch darüber hinaus haben sich die Zeiten für die Regensburger SPD geändert. Hatte es bei den Stadtverbandswahlen vor zwei Jahren noch Streitereien und Wortgefechte, ja sogar eine Kampfabstimmung um das Grußwort von Bürgermeister Wolbergs und ein recht maues Wahlergebnis für Parteichefin Margit Wild gegeben, so ist das bei der Wahlversammlung am Montag alles anders. Das Wort Geschlossenheit hört man heute so oft wie sonst nur beim CSU-Aschermittwoch in Passau.
MZ-Umfrage definiert neues Selbstbewusstsein
Das designierte Spitzentrio Wild (Landtag), Wolbergs (Oberbürgermeister) und Norbert Hartl (Bezirkstag) ist voll des gegenseitigen Lobes. Man spricht von der „Machtoption“, die sich die SPD nur noch durch Streitereien und eigene Dummheit verbauen könne, oder vom „stabilen Faktor“, als der die SPD von der Bevölkerung wahrgenommen werde. Immer wieder ist von einer ominösen MZ-Umfrage die Rede.
Diese Umfrage, angeblich repräsentativ, – die den Exponenten der Partei einen gehörigen Vorsprung auf der Beliebtheitsskala bescheinigt hat – ist es, aus der sich das neue Selbstbewusstsein und die neue Geschlossenheit der Regensburger Sozialdemokraten speisen. „Wir haben durch diese Umfrage bewiesen bekommen, dass wir eigenständig wahrgenommen werden“, freut sich Fraktionschef Hartl. „Die CSU ist zertrümmert, zersplittert, zerstört“, sagt Margit Wild während ihres Rechenschaftsberichts.
Dieser Rechenschaftsbericht ist mit vielen Dias unterlegt, auf denen meist das Spitzentrio einträchtig lächelnd abgebildet ist. Bei Infoständen zu irgendwelchen Themen oder einer nicht näher erklärten Demonstration. Und dazu erzählt Margit Wild viele verschiedene Dinge. Davon, dass die Ortsvereine alle „eine gut gepflegte Homepage“ haben. Dass es „viele Veranstaltungen“ gibt, dass die Arbeitsgemeinschaften und die Jusos „gute Arbeit machen“. Von den rund 70 Delegierten gibt es dafür Applaus. Gelegentlich.
„Schreibt Euch das hinter die Ohren“
„Wir sind geschlossen. Schreibt Euch das hinter die Ohren“, gibt Wild ihnen am Ende noch mit auf den Weg. „Bevor wir an die Öffentlichkeit gehen, reden wir erst miteinander, nicht übereinander.“ Fragen der Delegierten gibt es denn auch nicht. Auch keinen Diskussionsbedarf. Das wäre ja so etwas wie übereinander reden. „Aufstellen, durchwählen, Wahlkampf gewinnen – so muss es laufen“, hatte Joachim Wolbergs zuvor als Parole ausgegeben. Und so läuft es auch – zumindest bis zum Durchwählen.
Margit Wild erhält ein Fabel-Ergebnis von über 90 Prozent (56 von 62 Stimmen), abgesehen von gelegentlichen Außreißern ergeht es so allen Mitgliedern des Stadtverbandsvorstands. Nicht einmal Bruno Lehmeier, der kürzlich angekündigt hat, sich gegen Norbert Hartl um die Kandidatur für den Bezirkstag zu bewerben, wird spürbar abgestraft. Er bekommt als Vorstandsmitglied immerhin noch 49 von 63 Stimmen.
Interne Diskussionnen über Hartls Gegenkandidaten
Thematisiert wird Lehmeiers Kandidatur am Montag ohnehin nicht. Er selbst ist aus beruflichen Gründen verhindert und von Margit Wild gibt es lediglich den Satz: „Wir haben doch immer betont, dass uns die Demokratie ein hohes Gut ist.“Jetzt hätten beide Kandidaten Gelegenheit, sich den Delegierten zu präsentieren. Das werde in einem fairen Verfahren ablaufen, so Wild. „Wer dann im Oktober die Mehrheit der Stimmen bekommt, ist der Kandidat der SPD.“ (Ergänzung am 06.07.012 nachdem uns die Rede von Margit Wild nun schriftlich vorliegt. Anm. d. Red.)
Allenfalls aus der Rede von Joachim Wolbergs hört man heraus, dass Lehmeiers Kandidatur intern durchaus für Diskussionen gesorgt haben muss. Entgegen seiner Gewohnheit spricht er „heute über Dinge, die wir noch nicht erreicht haben“. Derer gibt es anscheinend nur zwei und es sind just solche, die Lehmeier – als Vorsitzenden der AfA (Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen) – zur Kandidatur bewogen haben: Das Fehlen von bezahlbarem Wohnraum in Regensburg („Daran werden wir weiter arbeiten“, sagt Wolbergs.) und mehr noch die Tatsache, dass die Beschäftigten in den städtischen Pflegeheimen (Bürgerheim Kumpfmühl und Bürgerstift St. Michael) nicht nach Tarif bezahlt würden („Wenn wir bei den Kommunalwahlen stärkste Kraft werden und uns mit Koalitionspartnern einigen können, werden wird das ändern.“).
Was Wolbergs von Lehmeiers Kandidatur hält, sagt er – ohne Namen zu nennen – allerdings auch. „Ich will Norbert Hartl als Ansprechpartner im Bezirkstag haben und nicht Kreti und Pleti. Damit haben wir die größte Machtoption.“
Offiziell gewählt werden die Kandidaten für Landtag, Bezirkstag und Oberbürgermeister-Wahl im Oktober.