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In Regensburg ist mal wieder alles super. Auch in der Kultur. Jetzt sagen das die Bürger sogar schon selbst. Wissenschaftlich bewiesen. Die Bürgerbefragung für den Kulturentwicklungsplan hat’s gezeigt. Also: Warum großartig nachdenken? Warum viel ändern? Ja, sicherlich, die Information kann man verbessern. Daran werde man arbeiten, verspricht Kulturreferent Klemens Unger. Ansonsten sieht man wenig Änderungsbedarf.

Klemens Unger mit seinem neuen Lieblingskind, dem Haus der Musik. Laut Umfrageergebnis kennen fast alle die Sing- und Musikschule, die dort beheimatet sein wird. (Foto: Archiv)

„Die Zufriedenheit mit Kulturangeboten in Regensburg bewegt sich auf sehr hohem Niveau.“ Mit dieser Zusammenfassung der Bürgerbefragung von Sonja Haug, Professorin für empirische Sozialforschung an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Regensburg (HS.R), brüstet sich die Stadtverwaltung in der Pressemitteilung zur Bürgerbefragung zum Kulturentwicklungsplan. Also alles in Butter? Wenn es jetzt schon die Wissenschaft sagt, muss ja was dran sein. Einzig Hermann Hage, Leiter des Amts für Weiterbildung und damit Chef der Volkshochschule und der Stadtbibliothek, äußert leise kritische Töne und gibt damit einen guten Hinweis auf die Defizite der Studie. Der Fragebogen selektiere über Form und Inhalt die Antworten. Vor allem jüngere Leute hätten nicht geantwortet.

Zweifelhafte Repräsentativität

Handelt es sich also um die Zufriedenheit der „Alten“? Oder haben diejenigen, die sich nicht für die Kultur in der Stadt interessieren, sich etwa auch nicht für den Fragebogen interessiert? Ohne die professorale Expertise von Sonja Haug anzweifeln zu wollen, fühlt sich der Betrachter der Umfrage nicht ganz wohl mit der Aussage, dass das Ergebnis der Studie repräsentativ sein soll. 5.000 Fragebögen wurden im Januar per Zufallsprinzip an Personen über 16 Jahren, die in Regensburg gemeldet sind, versandt, 859 kamen zurück. Das entspricht 17,2 Prozent der Befragten und etwa 0,6 Prozent der Bevölkerung. Die geringe Zahl der Antworten allein – so erklärt auch Haug – ist noch kein Grund, um die Studie kritisch zu betrachten. Wahlumfragen werden schließlich auch nur mit 1.000 Personen gemacht, sind danach aber recht genau, wenn sie auf über 60 Millionen Wahlberechtigte hochgerechnet werden.

Kulturszene: ein unerwartetes Akademiker-Biotop?

Das Problem liegt also nicht darin, wie viele geantwortet haben, sondern wer geantwortet hat. Das hat Hage wohl gemeint, und das bestätigt sich auch in den Ergebnissen: 43 Prozent der Teilnehmer haben ein abgeschlossenes Studium; Studenten, die ebenso dem akademischen Klientel angehören und sich in weiten Teilen wahrscheinlich ähnlich verhalten, sind hier noch gar nicht eingerechnet. 57 Prozent haben Abitur. In der Bevölkerung haben nur rund zwölf Prozent ein abgeschlossenes Studium und nur um die 23 Prozent Abitur.

Akademiker finden das Kulturangebot aus Oper, Museum und Symphoniekonzert besser als Menschen ohne Schulabschluss. (aus: Bürgerbefragung zum Kulturentwicklungsplan, HS.R, Prof. Dr. Sonja Haug)

In der empirischen Sozialforschung nennt man das „Bildungs-Bias“: Das Ergebnis wird verzerrt, weil Menschen mit niedrigeren Schulabschlüssen nicht antworten. In der Studie selbst wird darauf hingewiesen – die Pressemitteilung verschweigt es, auch die Teilnehmer auf der Pressekonferenz thematisieren es nicht. Was heißt das nun aber in der Konsequenz? Auch darauf gibt es einen Hinweis in der Studie, der nach außen hin aber unter den Tisch gekehrt wird: Wenn sich mehr Menschen mit niedrigerem oder völlig ohne Schulabschluss an der Umfrage beteiligt hätten, wäre die Bewertung des kulturellen Angebots deutlich schlechter ausgefallen.

Freie Szene vs. Städtische Institutionen  

Irritierend ist auch die Zusammenstellung der Kultur-Anbieter und Veranstaltungsorte. Nach einem kürzeren Exkurs über den Kulturbegriff allgemein legt die Studienleiterin fest: „Unter Kultur wird hier der institutionelle Rahmen, wie ihn der Ressortbereich des Kulturreferats vorgibt, verstanden. Es handelt sich somit um einen Ausschnitt der Kultur, der an organisatorischen Strukturen der Verwaltung orientiert ist.“ Nun gut. Das kann man machen. Warum finden sich dann aber in den Auswahlmöglichkeiten der Umfrage Veranstaltungsorte wie die Alte Mälzerei (ein privater Verein, der von der Stadt zwar kräftig unterstützt wird, aber von ihr unabhängig agiert), das Audimax der Universität (Universitäten und ihre Gebäude gehören bekanntlich zum Bundesland), die Programmkinos (eine rein private Veranstaltung) oder das ebenfalls nicht unter städtischer Regentschaft stehende Haus des Kunst- und Gewerbevereins? Die Auswahl erscheint willkürlich. Andere Veranstaltungsorte, die im städtischen Kulturleben durchaus eine tragende Rolle spielen, kommen nicht vor. Das Statt-Theater oder die Donau-Arena oder das GRAZ beispielsweise. Sie tauchen in den eigenen Nennungen der Teilnehmer hingegen oft auf.

Das GRAZ ist ein wichtiger Bestandteil der freien Szene, bleibt in der Umfrage aber – wie viele andere – völlig unberücksichtigt. (Foto: Archiv)

Ein paar Alibi-Fragen zur so genannten „Freien Szene“ gibt es am Ende des Fragebogens. Ohne zu sagen, wer oder was damit gemeint sein soll oder wie sich die freie Szene sich von den städtischen Kultur-Institutionen abgrenzt, will etwas man über deren Bedeutung in Erfahrung bringen. Ein „Ideengeber“ sei die freie Szene, sagen fast 70 Prozent der Befragten.

Städtischer Stolz: Furtmayr, Corinth, Weihnachtsmarkt

Gleichzeitig offenbart die Studie aber auch, dass viele den Unterschied zwischen den städtischen und den freien Kultur-Institutionen überhaupt nicht wissen. Die Teilnehmer nennen das Kunstforum Ostdeutsche Galerie bei der Frage nach den besuchten städtischen Museen ebenso wie das Naturkundemuseum und – ja, tatsächlich! – das Deutsche Museum. Stolz ist man auf Seiten der Stadt trotzdem, ob man etwas dafür kann oder nicht: darauf, dass 91 Prozent das Bürgerfest lieben; dass die Lovis-Corinth-Ausstellung, die Furtmayr-Ausstellung, die Schlossfestspiele, Weihnachtsmärkte und der Iron Man oft als kulturelle Höhepunkte der vergangenen Jahre genannt wurden; dass die Umfrageteilnehmer mit den Öffnungszeiten von Stadtbibliothek und Stadtarchiv zufrieden sind; dass über 70 Prozent in den vergangenen zwei Jahren mal im Theater waren.

Kulturreferent Klemens Unger (li.) und Oberbürgermeister Hans Schaidinger (2.v.li.) wollen die Ergebnisse der Umfrage in den Kulturentwicklungsplan einfließen lassen. (Foto: Stadt)

Also steht man wieder am Anfang: Alles richtig gemacht. Zufriedenheit. Der einzige Stachel im Fleisch: Die Öffentlichkeitsarbeit kommt nicht besonders gut weg. Mittelmäßige Zufriedenheit mit der Information über Kulturangebote.

Demokratie in der Kultur: Will man das wirklich?

Jetzt gibt es ja viele Studien zu allen möglichen Sachverhalten. Die Existenz eines Umfrageergebnisses allein bedeutet ja noch nicht, dass es irgendeine Konsequenz nach sich zieht. Aber was will man mit einer Studie anfangen, die ihre eigenen Voraussetzungen (Untersuchung der städtischen Kultur-Institutionen) nicht einhält? Die für eine ganze Stadt stehen soll, aber hauptsächlich einen Einblick in das Kultur-Nutzungsverhalten von Akademikern gibt? Genau, man arbeitet sie in den Kulturentwicklungsplan ein. Das heißt dann „Bürgerbeteiligung“ und soll Demokratie vorspiegeln.

Akademiker nutzen häufiger die VHS und die Bibliothek. Überraschung? (aus: Bürgerbefragung zum Kulturentwicklungsplan, HS.R, Prof. Dr. Sonja Haug)

An diesem Punkt tut sich auch schon die nächsten Fragen auf: Wie demokratisch soll und muss Kultur überhaupt sein? Soll wirklich die allein die Masse bestimmen, wofür im kulturellen Sektor Geld ausgegeben wird? Braucht es eine neue Studie, um festzustellen, dass Mario Barth und Gina Wild mehr Zuschauer ziehen hat als die Tage Alter Musik oder die Ausstellung mittelalterlichen slawischen Schmucks im Historischen Museum?

Kultur-Hindernisse: Zu wenig Zeit, zu wenig Geld

Es hätte keine Studie gebraucht, um festzustellen, dass das kulturelle Interesse unter den Akademikern größer ist als unter den anderen Bildungsschichten. Dass Leute mit Abitur und/oder Studium häufiger ins Theater und die Bibliothek gehen und VHS-Kurse  belegen. Dass diese eher bereit sind, einen vierseitigen Fragebogen auszufüllen. Es ist auch ohne Studie offensichtlich, dass die Leute zwar gerne auf Robbie-Williams-Konzerte gehen, Robbie Williams aber höchst selten in Regensburg auftaucht.

Wer zu wenig Zeit und zu wenig Geld hat, nutzt das Kulturangebot seltener. Die Avantgarde vermissen in Regensburg offenbar nur wenige. (aus: Bürgerbefragung zum Kulturentwicklungsplan, HS.R, Prof. Dr. Sonja Haug)

An den größten Hindernissen, die die Menschen von kultureller Aktivität abhalten, kann die Stadt sowieso nichts ändern. Die heißen nämlich: zu wenig Geld, zu wenig Zeit. Zufall oder nicht: Kurz vor Bekanntwerden der Studie hat der Stadtrat beschlossen, die Eintrittspreise für die städtischen Museen zu verdoppeln.

Nicht mehr als ein Hinweisgeber

Die Studie kann allenfalls als Hinweisgeber in Anspruch genommen werden. Fraglich bleibt nur: Wieso betreibt man diesen Aufwand dann überhaupt, strapaziert ein wissenschaftliches Team unter der Leitung einer Professorin, versendet 5.000 Briefe und lässt Mitarbeiter diese Ergebnisse auswerten? Die politische Bewertung der Ergebnisse zeichnet sich ja jetzt schon ab: mehr Information, ansonsten weiter wie bisher. Eine oberflächliche Interpretation der Studie (was zu befürchten ist) lässt diese Schlussfolgerung auch durchaus zu. Für diese Art der Selbstbestätigung hätte man allerdings kein Geld ausgeben müssen.
Selbständiger klagt auf Schadenersatz

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LKW mit brauner Ladung

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