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Anwesenheit allein keine Gefahr

Nazi klagt gegen Diskriminierung – und gewinnt

Die Stadt Schwandorf hätte dem Neonazi Daniel W. an Silvester keinen Platzverweis erteilen dürfen. Die Anordnung der Verwaltungsangestellten aus dem Kulturamt, ausgeführt durch die Polizei, war rechtswidrig, da von dem früheren Vorsitzenden der NPD Oberpfalz und des NPD-Kreisverbandes Cham/Schwandorf keine unmittelbare Gefahr ausgegangen sei.

Das Gericht hatte es nicht einfach bei der Verhandlung am Freitagvormittag. Ist die Klage überhaupt zulässig? Oder soll sie – wie von der Stadt Schwandorf beantragt – abgewiesen werden? Befindet man sich mit dem Fall überhaupt vor der richtigen Kammer? Sollen die Zeugen vernommen werden oder können die Aussagen der beteiligten Parteien als wahr unterstellt werden? Letztlich befand sich die Kammer für Sicherheitsrecht am Verwaltungsgericht Regensburg für zuständig und fällte ein Urteil, aus dem die Stadt Schwandorf als Verliererin hervorging.

Stadt Schwandorf möchte Klage abweisen lassen

Daniel W. ist gegen die Stadt Schwandorf vorgegangen und war erfolgreich. Ihm wurde am 31. Dezember 2011 kurz vor Mitternacht von einem Polizisten ein Platzverweis überbracht, nachdem ihm eine Verwaltungsangestellte des Kulturamts Hausverbot für die Silvesterparty auf dem Stadtplatz erteilt hatte. W. war der Ansicht, dass dieses Vorgehen unnötig und rechtswidrig war, klagte gegen die Stadt. Diese stellte sich auf den Standpunkt, dass sie der falsche Ansprechpartner sei, die Klage hätte gegen die Polizei gehen müssen.

Spontan-Kundgebung, Feuerwerk oder völlig harmlos?

Als Hauptgrund für den Platzverweis führte man seitens der Stadt Schwandorf „Gefahrenabwehr“ ins Feld. Feuerwerkskörper waren auf der Silvesterfeier verboten, und es sei „nicht ausgeschlossen“ gewesen, dass W. welche dabei gehabt hätte. So der Sachverhalt, wie er dem Gericht zu Beginn der Verhandlung vorlag. Außerdem soll die Gefahr bestanden haben, dass der Ex-NPDler zusammen mit seinen Begleitern zu einer spontanen Kundgebung rufen könnte. Die Stadt bezog sich dabei auf einen Artikel aus der Schwandorf-Ausgabe der Mittelbayerischen Zeitung wenige Tage vor dem Jahreswechsel.

Grundgesetzwidriges Verwaltungshandeln?

W.s Anwalt hingegen argumentierte, dass es sich beim Ausschluss seines Mandanten von der Feier um eine „bewusste Diskriminierung“ gehandelt hätte. Die Stadt habe sich die Story mit den Feuerwerkskörpern im Nachhinein „zusammengereimt“ und wollte seinen Mandanten nur wegen seiner politischen Gesinnung nicht auf dem Fest dabei haben. Oberbürgermeister und Verwaltung hätten aber politische Neutralität zu wahren und nicht ihre „sozialmoralischen Vorstellungen“ durchzusetzen. Der Anwalt von W. befürchtete gar, dass sich die Schwandorfer Verwaltung weiterhin so grundgesetzwidrig verhalten könnte, wie sie es im Fall seines Mandanten getan hat.

(Kein) Silvester mit den „Volksgenossen“

Sollte die Klage also eine Lehrstunde in Sachen Demokratie und Rechtsstaat für die Stadt Schwandorf sein, initiiert ausgerechnet durch einen ehemaligen NPD-Funktionär? Die Stadt habe W. jedenfalls nicht als „gleichwertige Person“ wie die anderen Partygäste behandelt, dabei wollte der doch nur „mit seinen Volksgenossen Silvester feiern“.

Die Stadt bestritt vehement, dass hinter dem Platzverweis politische Motive steckten. Problematisch war für die Position der Stadt Schwandorf wohl vor allem die Aussage einer unsicheren Verwaltungsangestellten, die ihr Handeln weder in rechtlicher noch in sicherheitstechnischer Hinsicht so wirklich zu begründen wusste.

Angestellte: Den OB nicht vor den Kopf stoßen

Zum Spielball der Interessen wurde der MZ-Artikel. Dort wird der Schwandorfer Oberbürgermeister Helmut Hey mit der Aussage zitiert, man wolle keine Nazis auf der Silvesterfeier haben und werde ihnen „die rote Karte zeigen“. Der Verwaltungsangestellten diente der Artikel als Rechtfertigung für ihre Entscheidung: „Ich dachte, ich handle jetzt richtig, ich wollte dem Herrn Oberbürgermeister nicht vor den Kopf stoßen, was für mich Nachteile haben könnte“, legte sie ihre Motivation dar. Der Anwalt W.s sah in dem Zeitungsartikel den Beleg dafür, dass die Verwaltung ausschließlich aus politischen Motiven gehandelt habe.

Unruhestifter bereits erkannt

Die Verwaltungsangestellte versuchte sich zu rechtfertigen: Sie habe nur versucht, eine Situation mit Eskalationspotenzial zu verhindern. W. sei bereits von anderen Personen erkannt worden, dies hätte Unfrieden stiften können. Gemeint war unter anderem der Schwandorfer Anti-Rechts-Aktivist und Wochenblatt-Mitarbeiter Johannes Hartl, der nur wenige Meter von dem Ex-NPD-Funktionär entfernt stand. Ein „Gerangel“ mit Hartl, weil dieser W. ohne dessen Einverständnis fotografiert hatte, fand erst nach dem Platzverweis statt, konnte also nicht für die Entscheidung ausschlaggebend gewesen sein.

Aufmarsch an Weihnachten oder Silvester: Nur Protest gegen Schlamperei?

Außerdem bezog man sich ein weiteres Mal auf den MZ-Artikel: W. hätte bei einer Gegendemo zum Gedenken an den Habermeier-Hausbrand angekündigt, auch mal an Weihnachten oder Silvester aufmarschieren zu wollen. Man befürchtete offenbar, dass er dieses Vorhaben umsetzen wollte.

W. stellte diese Aussage in einen völlig anderen Kontext: Am 18. Dezember 2011 hätte die NPD einen Infostand angemeldet, die Anmeldung dafür sei aber verschwunden. Wenn solche Fehler öfter passieren, so W., würde man weitere Demos anmelden, notfalls auch an Weihnachten und Silvester.

Gefahr auf Schritt und Tritt?

Für W.s Anwalt eine willkommene Gelegenheit, der Verwaltung eins überzubraten: Nach diesen Aussagen dürfte sein Mandant ja nirgends mehr hingehen. Überall seien Menschen mit anderer politischer Meinung unterwegs, und eine Spontan-Demo könne er ebenso gut zu jedem beliebigen Zeitpunkt anzetteln.

Aber ging von W. an diesem Abend tatsächlich eine Gefahr aus? Der Polizist, der W. wegen einer ausgebeulten Jackentasche kontrollierte, sei sich schnell sicher gewesen, dass er keine Feuerwerkskörper gehabt hätte. Der ertastete Gegenstand sei weich gewesen. Trotzdem habe die Polizei bei der zuständigen Verwaltungsmitarbeiterin angerufen, um dessen Anwesenheit zu melden.

Urteil: Anwesenheit allein keine konkrete Gefahr

Insgesamt also eine unklare Lage, zumal die Verwaltungsmitarbeiterin nicht einmal die Rechtsgrundlage ihres Handelns nennen konnte. Letztlich also das Urteil: Der Rausschmiss von W. durch Stadt und Polizei war rechtswidrig. Eine konkrete Gefahr sei allein durch seine Anwesenheit nicht gegeben gewesen, auch nicht in Kombination mit dem politischen Gegner.

Eine erfolgreiche Woche also für den Neonazi W.: Erst wandelte das Landgericht Amberg eine fünfmonatige Haftstrafe wegen des Verwendens verfassungswidriger Symbole in eine Geldstrafe um, und nun darf er sich auch in der anfänglichen Annahme bestätigt sehen, dass eine Stadtverwaltung auch einen Neonazi auf ihrer öffentlichen Feier zu dulden hat. Dumm nur: Die Silvesterparty mit seinen „Volksgenossen“ hat er trotzdem verpasst.

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