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Vorschlag offenbart Differenzen in der Koalition

Bezahlbarer Wohnraum: Verwaltung fordert höhere Auflagen für Bauherren

Um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, will die Verwaltung die Auflagen für Investoren verschärfen. Die Debatte im Stadtrat offenbart: Gerade jene, die vorgeben, in punkto Wohnraumförderung alles und das auch noch besser zu wissen, scheinen sich mit dem Thema nicht wirklich beschäftigt zu haben. Zumindest tun sie so. Allen voran der Oberbürgermeister.

Von Grundlagen der Wohnraum-Förderung völlig überrascht – zumindest scheinbar: Christian Schlegl und Hans Schaidinger. Foto: Archiv

Will der uns verarschen? Man kommt nicht umhin, sich diese Frage zu stellen, wenn man Oberbürgermeister Hans Schaidinger am Dienstag zuhört. In der Sitzung des Planungsausschusses stellen die Fachleute der Verwaltung eine ausführliche Vorlage zur Wohnbauförderung in Regensburg vor. Das wesentliche Fazit: Die seit 2010 gültige Regelung, die Investoren zum Bau von öffentlich gefördertem und damit günstigen Wohnraum verpflichtet, soll verschärft werden.

Statt 15 müssten demnach künftig 20 Prozent öffentlich geförderter Wohnraum in neuen Baugebieten entstehen. Die Möglichkeit, sich von dieser Verpflichtung per Ablöse freizukaufen soll gestrichen werden. Bei fehlenden staatlichen Fördermitteln sollen Bauherren per Bebauungsplan dazu verpflichtet werden, Wohnungen zu errichten, deren Miete sich nach dem jeweils gültigen Mietspiegel richtet – ohne den ansonsten üblichen Neubauzuschlag von 15 Prozent (zur Verwaltungsvorlage).

„Sogar ein Oberbürgermeister mit vier Kindern könnte in eine solche Wohnung einziehen“

Und Schaidinger – sonst bekannt dafür, eigentlich alles und das Meiste davon auch noch besser zu wissen – gibt sich durchweg überrascht von dem, was Anton Sedlmeier, Leiter des Amts für Stadtentwicklung, da präsentiert.

Christian Schlegl (CSU): „Wir wollen Wohnraum für junge Familien schaffen.“

 

 

Anton Sedlmeier: „Der größte Bedarf an bezahlbarem Wohnraum besteht deutlich überproportional bei Alleinerziehenden und Singles. Wir brauchen in erster Linie Kleinwohnungen bis 50 Quadratmeter.“

 

Vieles sei da in der Vergangenheit „nicht ganz richtig diskutiert“ worden, so Sedlmeier. So hätten angesichts der drei gesetzlich festgelegten Einkommensklassen „mehr als 60 Prozent der Regensburger Bevölkerung“ theoretisch Anspruch auf einen Berechtigungsschein für eine öffentlich geförderte Wohnung (hier eine Zusammenfassung von Sedlmeiers Vortrag als PDF).

Die bereinigten Netto-Einkommensgrenzen für einen Ein-Personen-Haushalt im Jahr liegen bei dieser EOF („Einkommensorientierte Förderung“) etwa zwischen 12.000 und 19.000 Euro. Entsprechend sinkt der personengebundene Mietzuschuss. „Sogar ein Oberbürgermeister mit vier Kindern könnte in eine solche Wohnung einziehen“, so Schaidinger, der ob der Erkenntnis, dass zwei Drittel der Bevölkerung in EOF-Wohnungen einziehen könnten, völlig überrascht war (oder dies zumindest behauptete).

Fand’s zum Brüllen: Norbert Hartl. Foto: Archiv

Ähnlich scheint es manchem Exponenten der großen Koalition zu gehen, die in der Vergangenheit immer wieder bekundeten, dass man auch Wohnraum für jene schaffen müsse, die hart arbeiteten, aber dann knapp zu viel verdienten und deshalb nicht in den Genuss von öffentlich gefördertem Wohnraum kämen. Einen Antrag, den die Koalition vor geraumer Zeit zu dem Thema vorgelegt hat, enthielt so manches, zum Beispiel viele schwammige Formulierungen, aber definitiv keinen Vorschlag zur Erhöhung der Quote.

Sie haben sich zu diesem Thema offenbar weder Pressemitteilungen und Informationsmaterial von Bund und Land zu Gemüte geführt, wo all dies lang und breit erläutert wird. Ausgereicht hätte aber auch ein Blick in die stadteigene Zeitschrift „bei uns“. Dort wurden besagte Einkommensgrenzen bereits diesen Mai thematisiert.

Gabriele Opitz (FDP): „Wenn der Investor 20 Prozent geförderten Wohnraum bauen muss, zahlen das die anderen 80 Prozent über höhere Preise mit. Das geht doch nicht.“

 

Christine Schimpfermann: „Für Wohnungen werden – unabhängig von einer Quote – die Preise verlangt, die erzielt werden. Das ist bereits heute so.“

Die anschließende Debatte lieferte zum einen ein Brüllattacke von SPD-Fraktionschef Norbert Hartl, die der Oberbürgermeister per Ordnungsruf beenden musste.

Der SPD-Fraktionschef ertrug es nur schwerlich, dass Ludwig Artinger (Freie Wähler) und Irmgard Freihoffer (Linke) daran erinnerten, wie lange es bereits dauert, endlich eine solche Regelung auf den Weg zu bringen. Einen ersten Anlauf für eine „Sozialwohnungsquote“ gab es bereits 2007. Bis heute wurde noch keine einzige Wohnung aufgrund dieser Regelung errichtet (hier geht’s zu einer Pressemitteilung der Linken).

SPD will entscheiden, CSU vertagen

Zum anderen offenbarten sich auch klare Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Koalition.

Hartl signalisierte die sofortige Zustimmung seiner Fraktion: „Das ist jetzt entscheidungsreif.“ Der Vorschlag der Verwaltung sei durchdacht und ausgewogen.

Dagegen plädierte CSU-Fraktionschef Christian Schlegl im Verbund mit dem Oberbürgermeister von Anfang an für eine Vertagung. Ungewöhnlich, da Schaidinger diese Verwaltungsvorlage selbst mit unterzeichnet hat.

Die Argumente dafür lieferte Joachim Becker, Geschäftsführer der Stadtbau GmbH. Und man mag Schaidinger auch die dieses Mal bekundete Überraschung zu Beckers Ausführungen nicht abnehmen. Das Ganze wirkte eher wie ein abgekartetes Spiel.

Die Regelung führt zu schlechter Bauqualität, befürchtet Stadtbau-Chef Becker. Foto: Archiv/ Mirwald

Die städtische Tochter ist derzeit die erste und einzige Wohnbaugesellschaft, die aufgrund der bereits zwei Jahre gültigen 15-Prozent-Regelung öffentlich geförderte Wohnungen errichtet. Sie entstehen auf dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik und dienen dort nicht zuletzt als Lärmschutzriegel. Wäre der Markt in Regensburg nicht derart angespannt, wäre an dieser Stelle kaum Wohnbebauung entstanden. Im entsprechenden Lärmschutzgutachten ist von zahlreichen Ausnahmeregelungen die Rede. Entsprechend werden dort nur Mieter aus der untersten Einkommenskategorie einziehen. „Wir sind als Notnagel gezwungen worden, dort zu bauen“, so Becker in ungewöhnlicher Deutlichkeit. Künftig werde man aber immer gezwungen sein, die Wirtschaftlichkeit eingehender zu prüfen und da habe er mit der nun vorliegenden Regelung so seine Probleme.

Stadtbau-Chef hält Vorstoß für fragwürdig

Bereits beim Bau von öffentlich geförderten Wohnungen liege die zu erzielende Rendite bei „unter zwei Prozent“. Wenn man die Investoren dann noch dazu zwinge, bei ausbleibenden Fördermitteln Wohnungen zu bauen, deren Mieten auf das Niveau des Mietspiegels festgelegt seien, „dann werden Sie Gebäude bekommen, die binnen kürzester Zeit von außen ablesbar nicht in Ordnung sind“.

Norbert Hartl (SPD): „Da werden jetzt wieder einige sagen, dass diese Quote viel zu niedrig ist. Aber 30 oder mehr Prozent braucht es für Regensburg nicht. Wir haben hier keine Münchner Verhältnisse.“

 

 Norbert Hartl (SPD) vor drei Monaten bei einer Konferenz der Jusos: „Ich wollte schon immer 30 Prozent.“

 

Was Becker nicht erwähnt: In München gibt es eine ähnliche Regelung. Dort werden Investoren sogar verpflichtet, 30 Prozent mietpreisgebundenen Wohnraum zu errichten. Bleiben Fördermittel aus, springt in München die Stadt mit zinsgünstigen Darlehen in die Bresche. Das ist in Regensburg bislang nicht vorgesehen.

Will die CSU die Vorlage aufweichen?

Mit einem Geschäftsordnungsantrag auf Vertagung würgte Schaidinger die Diskussion ab. Und so beschloss man einstimmig, darüber erst in der nächsten Sitzung zu entscheiden. Dazwischen soll es eine Fraktionsvorsitzenden-Konferenz mit Stadtbau-Chef Becker und den Fachleuten der Verwaltung geben, zu der auch andere interessierte Stadträte eingeladen werden.

Klar scheint: Während die SPD auf Seiten des Verwaltungsvorschlags steht, hat die CSU im Verbund mit dem Oberbürgermeister offenbar vor, diesen wieder zu relativieren.

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drin