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Frei.Wild in Regensburg

Reaktionäre Rebellen

Rebellen gegen alle Widerstände – so geriert sich Frei.Wild. Dabei würden sich die Südtiroler Deutschrocker beim politischen Aschermittwoch der CSU gar nicht schlecht machen.


„Arschgeigen!“ Als die Böhsen Onkelz zuletzt jemanden so tituliert haben, waren es „die Wichser von der NPD“. Auch am Freitag Samstag hat Ex-Onkel Matthias „Gonzo“ Röhr, dessen Band zusammen mit Frei.Wild auf Tour geht, in der Regensburger Donauarena eine Ansage an „ein paar Arschgeigen“ zu machen: Er meint unter anderem den Journalisten Thomas Kuban, der 15 Jahre lang undercover in der Rechtsrock-Szene unterwegs war, und der wenige Tage zuvor bei Günther Jauch die „nationalistischen, völkischen Texte“ von Frei.Wild kritisiert hat. Eine „Arschgeige“, ein „Arschloch“ ist dieser Kuban deshalb. Er habe seinen Freunden von Frei.Wild „eine schwere Zeit“ beschert, wie Röhr in anklagendem Ton berichtet. Man habe Einiges zu tun gehabt, „damit ihr alle sicher hierher kommt“.

Aber es sei ja klar, warum Frei.Wild derart angegriffen werde: „Wenn man sich der Wahrheit verschrieben hat, wird eben die größte Keule ausgepackt, die es gibt. Und das ist die Nazi-Keule.“ Die Stinkefinger, „Buh“-, „Arschloch“- und Jubel-Rufe der 7.000 Fans folgen wie bestellt, dann spielt Röhr „Sekt oder Selters“, eines der wenigen eigenen Lieder von Gonzo. Ansonsten gibt’s Onkelz-Cover satt. In der Umbaupause läuft ein Tonband mit dem Frei.Wild-Song „Wahre Werte“, ein Lied über Heimatliebe.

„ES WAR SO ÜBELST GEIL, WIE GONZO GESTERN DIESES ARSCHLOCH FERTIG GEMACHT HAT !! DIE SOLLN IHR DUMME FRESSE HALTEN ! FREI.WILD BIS ZUM TOD!
Eintrag von „skipper10“ unter einem Video mit Thomas Kuban auf Youtube

 

Eine Stunde vorher. „Die Leute sind tiefenentspannt“, sagt ein Security-Mann unter dem Geschepper von klirrenden Bierflaschen und dem lauten, aber nicht aggressiven Gegröle der Frei.Wild-Fans, die sich an den Eingängen drängeln. Bierselige Vorfreude herrscht unter den größtenteils Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die einen an Fans bei einem Derby SSV Jahn – Wacker Burghausen erinnern.

Anders sind nur die Klamotten und dass die Merchandise-Maschinerie der Südtiroler Deutschrocker bestens funktioniert, sieht man daran, dass kaum ein Fan ohne Frei.Wild-Shirt, -Button oder sonstige Devotionalien unterwegs ist. Darunter mischen sich einige Onkelz-Shirts und ein paar wenige Träger einschlägiger Nazi-Klamotten wie „Consdaple“. Sie bleiben aber eher Exoten und die „Todesstrafe für Kinderschänder“-Shirts, wie sie bei anderen Konzerten schon gesichtet wurden, fehlen hier.

Eine Distanzierung von der rechten Szene muss Frei.Wild-Sänger Philipp Burger heute nicht selbst abgeben. An den Seitenbanden hängen einige „Frei.Wild gegen Rassismus und Extremismus“-Banner und als er von der Bühne nur kurz andeutet, was die Medien da in den letzten Tagen veranstaltet hätten, beginnt der Headbanger-Block mit in die Luft gereckten Mittelfingern „Nazis raus“-Rufe zu intonieren, die aber in den hinteren Reihen und auf den Tribünen verebben.

„Wann hört ihr auf, Eure Heimat zu hassen, wenn ihr euch ihrer schämt, könnt ihr sie doch verlassen.“
Frei.Wild: Wahre Werte

Dann dröhnt „Unser Wille, unser Weg“ von der Bühne und das Publikum singt – das ist bei eigentlich jedem Song der Fall – wie ein Mann mit. Die Texte kennt man aus dem Effeff. Unpolitisch ist dieser Abend spätestens seit dem Gonzo-Statement nicht mehr.

Frei.Wild, die Rebellen, die sich durch nichts und niemand unterkriegen lassen. Die Helden, die gegen den Mainstream-Strom schwimmen. Ohne Rücksicht auf Verluste und Ansehen. Gegen alle Widerstände. Neider abwatschen, scheinheiligen Gutmenschen den Krieg erklären oder – immer wieder – die Verbrüderung mit den Fans ausrufen. So geriert sich die Band und dieses Gefühl vermittelt sie auch ihrer Anhängerschaft.

„Lieb uns oder friss uns, wir kennen die Gefahren. Erfinde was, erzähl es rum, du missgeratener Samen.“
Frei.Wild: Unser Wille, unser Weg

„Wir haben hier eine Gemeinschaft geschaffen, die es sonst nirgends gibt“, ruft Burger ins Publikum. Nichts und niemand könne das zerstören. Von niemanden lasse man sich da unterkriegen. Frenetischer Jubel beim schweißtriefenden Publikum in der Arena, wo gepogt und mitgesungen wird, wo Südtirol-Fahnen geschwenkt und immer wieder die Feuerzeuge rausgeholt werden, wenn es mal ein wenig gefühliger von der Bühne klingt.


Dabei sind die „Wahren Werte“, die da besungen werden, so rebellisch nicht. Heimatliebe, Sprache, Glaube – auf den ersten Blick was als Vorband für den politischen Aschermittwoch der CSU. Staatstragend gar. Und Bayern lobt Burger ausdrücklich. „Ihr seid doch sowas wie der Norden Südtirols.“ Niedrige Arbeitslosenquote, gute Wirtschaftszahlen. „Die Leute hier sind einfach fleißig ohne Ende“, meint Burger. „Mia san Mia“-Rufe aus dem Publikum. Dann folgt „Mach Dich auf“. Ein Lied über alle jene, die nur jammern, verbunden mit der Aufforderung sich – irgendwie rebellisch – aufzumachen.

„Südtirol, du bist noch nicht verloren. In der Hölle sollen deine Feinde schmoren.“
Frei.Wild: Südtirol

Und am Ende – vor den Zugaben – muss es natürlich kommen, das von den Fans immer wieder geforderte „Land der Vollidioten“, dem Burger sein Heimatverständnis voranstellt: „Bei uns in Südtirol ist das was Positives. Das ist nicht wie in Deutschland, wo das immer mit Rechtslastigkeit in Verbindung gebracht wird.“ Jubel. Und dann singt man wieder euphorisch mit.

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Das Lied bezieht sich auf Südtirol, aber dass dort noch kaum einer der hier Anwesenden jemals war, hat eine kurze Händchen-Hebe-Runde im Publikum gezeigt. Egal. Ein Land der Vollidioten ist eben – das hat Burger schon vorweg genommen – auch Deutschland, wo manche Arschgeigen dazu kommen, den Texten von Frei.Wild. einen völkischen Nationalismus, eine Scharnierfunktion zum Neonazi-Rock a la Landser, Combat 18 & Co zu bescheinigen.

Die ganze Debatte darüber, ob Frei.Wild nun völkisch-nationalistisch oder nur patriotisch ist, darüber, ob die stets mit Angriffen gegen Kritiker verbundenen Distanzierungen nun klar oder windelweich sind, nutzt in erster Linie Frei.Wild. Bei den Fans wird berechtigte Kritik relativiert, nicht zur Kenntnis genommen oder eben den manipulativen und bösartigen Methoden von Feinden einer Band, die doch nur die Wahrheit – welche auch immer – sagt, in die Schuhe geschoben. Distanzierungen von Frei.Wild werden überhöht und nicht hinterfragt.


Trotz musikalisch eher begrenzter Fähigkeiten kann die Band so ihr Outcast- und Wir gegen alle-Image pflegen, das ansonsten kaum Bestand hätte. Denn wenn man sich nicht gegen Kritik an der Nähe zum Nationalismus wehrt – wo bleibt dann die in ermüdender Wiederholung behauptete Rebellion? Und wogegen lehnt sich Frei.Wild dann eigentlich auf? Es bleibt nichts übrig.

Mit der Zugabe „Halt Deine Schnauze“ wird der Abend beschlossen.

„Leider Gottes, ist Deutschland auf einem Weg, der jedem Verstand mit Bravour den Atem raubt. Ganz ehrlich, das ist die logische Konsequenz dieser ‘Wir alle müssen ewig für die Taten unserer Vorfahren büßen’-Politik!!! Aber man wollte es so, hat Kinder so erzogen und trägt nun die Konsequenz, selber Schuld!!!

Ich kann mich nicht erinnern, dass sich Italiener, Russen, Amerikaner oder z.B. auch Chinesen ihrer Herkunft geschämt hätten, obwohl deren Diktatoren und Regime gleich viele und um viele Millionen Menschen mehr auf dem Gewissen haben, als es unter Scheiss-Hitler-Deutschland der Fall gewesen ist. (…)

Auch macht man Vergangenes nicht ungeschehen, indem man schon seit Jahrzehnten davon finanziell Profitierende, lächtsend nach einer Daseinsberechtigung für ihr klägliches Dasein weiter unterstützt und ihre Meinung blind unterstreicht nur um ja nicht dagegen zu pissen.“

Frei.Wild-Sänger Philipp Burger im Juni 2012

Aufruf zum Aufstand?

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Schikanen gegen Flüchtlingsprotest

Ungleich per Gesetz

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„Pro Regensburg“

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