123 Prozent Mieterhöhung: Stadtrat soll Stadtbau bremsen
Mieten, die sich nach der Sanierung verdoppeln? Nicht bei einem kommunalem Unternehmen, sollte man meinen. Doch, sagt der Mieterbund Regensburg. Am Dienstag stellten die beiden Vorsitzenden einen aktuellen Fall bei der städtischen Tochter Stadtbau „an der Kante zur Luxussanierung“ vor. Jetzt soll der Stadtrat handeln und dem Kommunalunternehmen deutliche Vorgaben machen.

Ebnet der Stadtrat einer anderen Geschäftspolitik der Stadtbau den Weg? Das hofft zumoindest der Mieterbund. Foto: Archiv
„Moderne Wegelagerei.“ So bezeichnet der Vorsitzende des Mieterbunds Kurt Schindler die Praxis der Stadtbau GmbH, Kosten von Wohnungsmodernisierungen jährlich mit elf Prozent auf die Mieten umzulegen. Gemeinsam mit seinem Stellvertreter Horst Eifler stellt Schindler am Dienstag ein Maßnahmenpaket auf dem Weg für günstigen Wohnraum vor. Bereits Ende November haben sie dieses Paket als Eingabe beim Stadtrat eingereicht. Im Januar soll es dort diskutiert werden. Kern ist eine Änderung der Mietpreispolitik der Stadtbau. Diese soll mit gutem Beispiel vorangehen, um der fortgesetzten Mietpreisexplosion entgegenzuwirken. So eben bei den elf Prozent – der gesetzlichen Obergrenze, bis zu der man Mieter jährlich an den Kosten von Modernisierungen beteiligen kann. „Die Stadtbau schöpft diese Obergrenze immer voll aus“, sagt Schindler.
Mieterhöhung von vier auf neun Euro
Wozu dies führe sei bei einem Stadtbau-Haus in der Adalbert-Stifter-Straße zu sehen. „Dort steigt die Miete nach der Modernisierung um 123 Prozent.“ Von 4,09 auf 9,13 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter. „So wird preisgünstiger Wohnraum vernichtet“, konstatiert Horst Eifler. „Hier befinden wir uns an der Kante zur Luxussanierung.“ Die meiste Mieter ziehen aus und belegen andernorts günstigen Wohnraum, der ohnehin an allen Ecken und Enden fehlt. Städtischen Zahlen zufolge fehlen derzeit rund 2.000 Sozialwohnungen in Regensburg. Statt elf solle die Stadtbau künftig nur noch maximal neun Prozent der Kosten auf die Mieten umlegen. „So handhaben es die meisten kommunalen oder ähnlich strukturierten Wohnungsunternehmen in Bayern“, sagt Schindler. Im Fall Adalbert-Stifter-Straße wäre die Miete dann zumindest um über einen Euro günstiger. Und selbst diese neun Prozent seien durchaus diskussionswürdig, legt Schindler nach. „Die gesetzliche Obergrenze wurde in den 70ern festgelegt. Damals lagen die Kreditzinsen im Baubereich bei 13 Prozent. Heute kalkuliert die Stadtbau nur mehr mit Zinskosten von 3,05 Prozent.“
„Stadträte sind hier nicht hilflos“
Weitere Forderung des Mieterbundes: Mieterhöhungen sollen in zwei Schritten innerhalb von vier Jahren auf 15 Prozent begrenzt werden. Derzeit sind bis zu 20 Prozent binnen drei Jahren möglich. Alle bisher von der Stadtbau angestrebten bzw. vorbereiteten Mieterhöhungen sollen mit sofortiger Wirkung ausgesetzt werden.

Mieterhöhungen stoppen: Schindler und Eifler (v.l.) fordern strikte Vorgaben für die Stadtbau. Foto: as
Daneben soll es vernünftige Wohntauschangebote für Mieter geben, die – entweder verwitwt oder weil die Kinder zwischenzeitlich aus dem Haus sind – nun in zu großen und damit zu teuren Wohnungen leben. „Derzeit läuft es oft so, dass die kleinere Wohnung mindestens genau so teuer kommen würde“, kritisiert Eifler. „Die Stadtbau ist das einzige Wohnungsunternehmen über das die Stadt direkt Einfluss auf die Mietpreisentwicklung nehmen kann“, erklärt Schindler. Jede Sanierung und damit einhergehende Mieterhöhung schlage direkt auf den Markt durch und trage dazu bei, die Durchschnittsmiete zu erhöhen. „Stadträte sind hier nicht hilflos, sondern können Zeichen setzen.“ Und wenn ein kommunales Wohnungsunternehmen keine Zeichen im Sinne eines vernünftigen Marktgeschehens und damit zum Wohl der Stadtgesellschaft setze – „wer soll es dann tun?“
Die Stadt muss Geld in die Hand nehmen
Vorbild für den Vorstoß von Schindler und Eifler ist das „Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“ in Berlin, das dort von den acht städtischen Wohnungsunternehmen ins Leben gerufen wurde – konkret geht es dort um 220.000 Haushalte. Die Regensburger Stadtbau GmbH verfügt über rund 6.500 Wohnungen, ein knappes Drittel davon befindet sich noch in der Mietpreisbindung. Mit dem Vorstoß des Mieterbundes ist ein Thema verbunden, dass im Regensburger Stadtrat bislang nicht angesprochen wurde: Um in ihrem Einflussbereich für günstige Mieten zu sorgen, wird die Stadt endlich auch selbst Geld in die Hand nehmen und in die Stadtbau stecken müssen. Stadtbau-Chef Joachim Becker hat in der Vergangenheit bereits selbst eingeräumt, dass man durch Sanierungen „preisgünstigen Wohnraum vernichtet“. Schließlich könne man nicht sanieren und anschließend dieselbe Miete verlangen. „Sonst wird mir Verschwendung öffentlicher Gelder vorgeworfen.“
Stadtbau: An den Grenzen der Leistungsfähigkeit

„Das Geld für Neubauten muss schließlich irgendwo herkommen.“ Stadtbau-Chef Joachim Becker. Foto: Archiv/ Mirwald
Ein anderer Hintergrund ist aber auch, dass sich die Stadtbau angesichts von Sanierungen, laufenden oder geplanten Neubauten – etwa auf dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik oder entlang der Plato-Wild-Straße – an den Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit befindet. Insbesondere der finanziellen. „Das Geld für Neubauten muss schließlich irgendwo herkommen“, so Becker. Und woher dieses Geld kommt, ist insbesondere eine politische Entscheidung. Bislang bedurfte es dafür der Verkäufe stadtbaueigener Grundstücke und Gebäude (z.B. Donaumarkt, Zandtgasse, Gaststätte am Alten Schlachthof, Wittelsbacher Straße) an Privatinvestoren und Mieterhöhungen, die preisgünstigen Wohnraum vernichten. So lange die Stadt (die in der Vergangenheit Grundstücke, auf denen nun Luxuswohnungen entstehen, verschleudert hat) nicht zuschießt, wird das so bleiben.
Montag: Internes Treffen
Am kommenden Montag wird die Eingabe des Mieterbundes in interner Runde mit den Fraktionsvorsitzenden, den Bürgermeistern und Fachleuten der Stadtverwaltung vorbesprochen. Mit dabei ist auch Stadtbauchef Becker. Dort geht es dann übrigens auch um den Verwaltungsvorschlag für eine höhere Sozialwohnungsquote in Neubaugebieten, der im Dezember unerwarteterweise vertagt wurde.