Steinerne Brücke: Zeit ist viel Geld
Billig ist besser? Von wegen. Für die Sanierung des ersten Abschnitts der Steinernen Brücke gab die Stadt just dem günstigsten Anbieter den Zuschlag. Doch bereits im November stand fest, dass sich aufgrund der jahrelangen Verzögerungen die Kosten mindestens verdoppeln würden. Mit dem Rauswurf des Unternehmens dürfte das alles noch einmal ein ganzes Stück teurer werden.

Vergittert, verhüllt, vernagelt: So wie die Baustelle auf der Steinernen gestaltet sich auch die städtische Informationspolitik. Foto: Archiv
Die Verzögerungen bei der Sanierung der Steinernen Brücke kosten nicht nur Zeit, sondern auch jede Menge Geld. Bereits jetzt beziffern sich die Mehrkosten auf mindestens eine halbe Million Euro. Die ursprünglich veranschlagte Summe für den ersten Bauabschnitt dürfte sich damit zumindest verdoppeln. Und offenbar rächt es sich, dass der Auftrag seinerzeit an den billigsten Anbieter vergeben wurde.
Stadträte: „Informationen aus der Zeitung“
Wer nun dafür aufkommen muss, ist noch unklar. Wie überhaupt so vieles bei dem Projekt, für das zwar mindestens 20 Millionen Euro an öffentlichen Geldern ausgegeben werden, bei dem die Verantwortlichen aber offenbar glauben, nicht einmal den Stadtrat vernünftig informieren zu müssen. Öffentlich haben sich die Linken über die mangelnde Informationspolitik der Stadt beklagt. Im persönlichen Gespräch hört man das von vielen Stadträten. Die Öffentlichkeit bliebe komplett außen vor, gäbe es nicht denen einen oder anderen Medienbericht.
Vor knapp zwei Wochen machte der Bayerische Rundfunk öffentlich, dass die Stadt Regensburg der Baufirma, die für die Sanierung des ersten Bauabschnitts zuständig war, gekündigt hat. Am Faschingsdienstag räumten die „Dr. Pfanner Werkstätten“ die Baustelle. Man habe angesichts der andauernden Verzögerungen das Vertrauen verloren, heißt es wenig aufschlussreich von Seiten der Stadt zur Begründung. Nun muss die Baustelle erst abgenommen und dann neu ausgeschrieben werden. Damit verzögert sich das Ende der Sanierungsarbeiten auf einen unbestimmten Zeitpunkt. Wieder einmal. War zunächst vom Jahr 2014 (ganz zu Beginn sogar 2013) die Rede, wurde dieser bereits vor knapp zwei Jahren auf 2015 verschoben. Nun heißt es 2016, aber auch da sei man sich nicht sicher.
Der billigsten Anbieter wird jetzt der teuerste
Was das alles kostet und wer das bezahlt, werden möglicherweise erst die Gerichte klären. Bereits seit mehreren Monaten kommuniziere das Unternehmen mit der Stadt nur noch über seinen Rechtsanwalt, heißt es aus der Verwaltung. Die Pfanner Werkstätten selbst, eine in Fachkreisen äußerst anerkannte Firma, wollen sich zu der Kündigung nicht äußern. Man dürfe nicht, wird uns auf Nachfrage von Pfanner mitgeteilt. Darauf nehme man keinen Einfluss, heißt es im Gegenzug von der Stadt. Beide Seiten ziehen es vor, sich bedeckt zu halten.
Es steht auch viel Geld im Feuer. Die Mehrkosten für die bisherigen Verzögerungen bezifferte man im städtischen Tiefbauamt bereits im November auf 420.000 Euro. Dazu kämen noch Folgekosten für andere beteiligte Unternehmen, zusätzlichen Planungsaufwand und den eventuellen Verlust von Fördergeldern, heißt es in einer internen Verwaltungsvorlage vom November 2011, die unserer Redaktion vorliegt. Damals stand die nun ausgesprochene und mit weiteren Kosten verbundenen Kündigung und Neuausschreibung der Arbeiten allerdings noch nicht zur Debatte. Die Verwaltung empfahl, den Auftrag bei dem Unternehmen zu belassen. Das sei bei allen Problemen günstiger als eine Neuauschreibung.
„Vertragswidriges Verhalten“ oder unklarer Auftrag?
Bereits damals bemängelte das Tiefbauamt unter anderem „vertragswidriges Verhalten“ und „Leistungsverweigerung“ durch das Unternehmen. Es habe einen umfangreichen Schriftverkehr gegeben. Man habe mehrere Gespräche geführt, sogenannte „Verzugsmeldungen“ angezeigt und schließlich sogar mit der Kündigung gedroht. Im Gegenzug beklagte das Unternehmen Mängel beim Instandsetzungskonzept und dem Leistungsverzeichnis, auf dessen Basis man sein Auftragsangebot abgegeben hatte.

Mitten in der boomenden Stadt Regensburg befindet sich die ruhigste Baustelle der Welt: Blick hinter die Plane bei der Steinernen Brücke. Foto: Archiv
Dieses Leistungsverzeichnis zur Sanierung des ersten Bauabschnitts hatte bereits im Vorfeld der Auftragsvergabe 2011 für Diskussionen gesorgt. Sechs Unternehmen hatten auf dessen Basis Angebote abgegeben. Deren Höhe lag zwischen rund 680.000 Euro und 1,2 Millionen Euro. Der günstigste – die Pfanner Werkstätten – erhielt seinerzeit, im März 2011, den Zuschlag. Der annähernd doppelte Preis für ein und dieselbe Arbeit? Das machte dann doch einige Stadträte stutzig. Die Freien Wähler initiierten einen Nachprüfungsantrag, um das Leistungsverzeichnis, auf dessen Basis derart weit auseinander liegende Angebote abgegeben wurden, erneut überprüfen zu lassen.
Plötzlicher Meinungsumschwung der Denkmalpflege
Basis für diesen Antrag war aber nicht nur die Differenz bei den Angeboten, sondern auch Bedenken des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, das als wichtigster Zuschussgeber Kritik an diesem Verzeichnis geübt hatte. „Eine denkmalfachliche Zustimmung“ sei auf dieser Grundlage „nicht möglich“, heißt es in einem Schreiben der Behörde an die Stadt Regensburg. Dieses Schreiben scheint Einiges in Gang gesetzt zu haben. Denn nur einen Tag später zieht der zuständige Mitarbeiter seine zuvor auf vier Seiten detailliert vorgetragene Kritik plötzlich zurück.
In einer Telefonkonferenz mit dem Planungsbüro, das für die Leitung der Sanierungsarbeiten zuständig ist, hätten die „teilweise auf Missverständnissen beruhenden“ Bedenken nun „ausgeräumt“ werden können, heißt es jetzt kurz und bündig. Und obwohl Bayerns oberster Denkmalpfleger Generalkonservator Professor Egon Greipl seine Bedenken an dem Leistungsverzeichnis später erneut bekräftigte und die Auftragsvergabe weiter als „verfrüht“ bezeichnete, gab das Landesamt für Denkmalpflege schließlich seine schriftliche Zustimmung und die Pfanner Werkstätten erhielten den Zuschlag. Das Ergebnis ist bekannt: Rauswurf des Unternehmens.
Der erfolgte übrigens ohne neuerliche Information an den Stadtrat. Nun verzögert sich das Ende der Sanierung auf unbestimmte Zeit, der erste Bauabschnitt wird wohl weit mehr kosten, als es der Fall gewesen wäre, wenn man selbst den teuersten Anbieter genommen hätte und dass noch weitere Probleme folgen werden, steht zumindest zu befürchten.
Ewige Streiterei: Greipl kritisiert, Stadt dementiert
Zuletzt kritisierte Greipl gegenüber der Mittelbayerischen Zeitung das „untragbare“ Baustellenmanagement, dann erklärte er gegenüber dem BR, dass die für die Sanierung der Brückenbögen benötigten Grünsandsteine nicht ausreichen würden und zum Teil beschädigt seien. Die Stadt wiederum weist auf Nachfrage jedwede Kritik zurück, ohne sich näher zu äußern. Zu konkreten Nachfragen unserer Redaktion äußern sich beide Seiten recht nichtssagend und verweisen auf ein Treffen im April, bei dem man alle Probleme ausräumen werde. Dann kommen Greipl und das mit der Gesamtplanung betraute Büro an einem Tisch zusammen, um sich zu besprechen.
Wo diese Probleme nun tatsächlich liegen, erfahren – wie bereits erwähnt – nicht einmal die Stadträte. Und schon gar nicht die Öffentlichkeit, die das Ganze bezahlt und den Streitereien zuschauen darf, ohne vernünftig informiert zu werden. Sollten die Arbeiten für den ersten Sanierungsabschnitt 2013 nicht abgeschlossen sein, verliert die Stadt nach eigenen Angaben möglicherweise Zuschüsse in Höhe von fünf Millionen Euro.