Welterbetag: Künstler Schaidinger verhindert Künstler Friedl
Künstler, die nicht dankbar sind, werden mit Missachtung und Platzverbot bestraft. Im Fall von Jakob Friedl ließ sich Hans Schaidinger sogar persönlich ein Projekt einfallen, um ihn endgültig vom Ernst-Reuter-Platz zu verbannen.

Ich Oberbürgermeister, Du nix: so einfach kann die Welt sein. Jakob Friedl (li.) und Hans Schaidinger.
Wer hätte das gedacht – Hans Schaidinger wird auf seine alten Tage noch Künstler. Und nein – es ist nicht der bevorstehende Abschied als Oberbürgermeister, der ihn zu diesem neuen Hobby treibt. Es ist eine ganz persönliche Abneigung gegen einen, wenn man so will, Künstlerkollegen namens Jakob Friedl.
Wir erinnern uns: Friedl hat mehrere Jahre diverse Kunstaktionen am Europabrunnen, genauer gesagt am Europabrunnendeckel, veranstaltet, die bei einigen, vor allem jüngeren Menschen auf Begeisterung, manchen auf Ablehnung und vielen, um nicht zu sagen der übergroßen Mehrheit auf Nichtbeachtung stießen.
Immerhin: Von der „Josef Alzheimer Kulturanstiftung“ erhielt er dafür einen Förderpreis, die Leitung des Burgweintinger Einkaufszentrums (BUZ) stellte Friedl einen Raum zur Verfügung, um auch das BUZ mit Workshops, Konzerten und Ausstellungen zu beglücken und ein seit 16 Jahren existierendes, 300.000 Euro teures Loch am Ernst-Reuter-Platz, das eigentlich mal der Europabrunnen hätte werden sollen, aber nie wurde – fand dank Friedls Aktionismus zumindest irgendeine vorübergehende Bestimmung.
Bodensprenkler sticht „Puplic Crossfader“
Doch damit ist es nun vorbei: Hans Schaidinger hat nämlich eine Idee gehabt. Anfang des Jahres soll er ihm eingefallen sein – der Plan, dort eine Bodensprenkleranlage einrichten zu lassen. Was könnte man sich auch schöneres vorstellen, um den hinter Geranien-Rondells verborgenen Holzdeckel einer neuen Bestimmung zuzuführen?

Ein Bild aus glücklicheren Tagen: Jakob Friedl mit Fan am Europabrunnendeckel. Fotos: Archiv
Und Schaidingers Kunstprojekt kam irgendwie genau zum richtigen Zeitpunkt. Verhindert es doch eine weitere Kunstaktion, die Friedl zum Welterbetag am kommenden Wochenende geplant hatte: eine „Puplic Crossfader Installation“ (das sagt Friedl dazu). Ein Künstler aus Nürnberg wollte – in Zusammenarbeit mit dem Publikum – Kulturdebatten aus unterschiedlichen Parlamenten einspielen, überlagern und verformen.
Geht nicht, heißt es nun – nicht, wie man erwarten könnte, vom Kultur- oder Ordnungs-, sondern vom Tiefbauamt. Das ist schließlich zuständig für den Bau von Brunnen oder Bodensprenkleranlagen.
Eine seit 16 Jahren aktive Baustelle…
Das ablehnende Schreiben an Friedl liefert recht „aussagekräftige“ Gründe.
Plötzlich gibt es ernste „Sicherheitsbedenken“, die bei ähnlichen Aktionen in den letzten Jahren keinerlei Rolle gespielt hatten.
Eine Musikanlage, die in der Vergangenheit sogar vom Umweltamt abgenommen und für gut befunden wurde, droht plötzlich zu laut zu sein.
Und nicht zuletzt, so das Tiefbauamt, handle es sich beim Europabrunnendeckel um „eine aktive Baustelle, die künftig weder privat noch öffentlich genutzt werden kann“. Schließlich sei man – nach Schaidingers kunstsinniger Idee – beauftragt worden, die 16 Jahre vorübergehend ruhenden „Arbeiten an der Brunnenanlage zeitnah fortzuführen“.
Tatsächlich ist für eine Umsetzung des Bodensprenklers a la OB ein Beschluss des Stadtrats notwendig. Insofern ist nicht damit zu rechnen, dass bis zum Sonntag erste Rohre und Düsen verlegt werden.
Bei Motzen Liebesentzug: „So einfach ist die Welt.“
Allerdings ist mit der offen vorgeschobenen Begründung ein Ziel erreicht, das Schaidinger bereits 2011 im Stadtrat verkündete. Weil Jakob Friedl sich gegenüber der Stadt „herablassend“ verhalten habe – für eine niedrige vierstellige Summe war er offenbar nicht dankbar genug – sehe er keinerlei Veranlassung mehr, ihn zu unterstützen. Friedl war frech. Dafür setzt es Liebesentzug. Auf Dauer. Und um sich nicht dem Vorwurf des Geschmacksdiktats oder persönlicher Animositäten auszusetzen, kann auch ein OB schnell mal ein eigenes Kunstprojekt entwickeln. Schaidinger damals: „So einfach ist die Welt.“ Das gilt auch heute noch.