SOZIALES SCHAUFENSTER

Entdecke Veranstaltungen in Regensburg Alle Kultur Oekologie Soziales Kino
Henrik Ibsens "Ein Volksfeind" im Theater am Bismarckplatz

Es soll Gerechtigkeit geschehen, und gehe die Welt daran zugrunde

Passend zum Wahljahr bringt das Stadttheater Regensburg Henrik Ibsens „Volksfeind“ auf die Bühne. Am Samstag feierte die Inszenierung von Charlotte Koppenhöfer Premiere.
Gebrandmarkt, zerstört: Volksfeind Tomas Stockmann (Gerhard Hermann, li.). Fotos: Franz Schlechter

Gebrandmarkt, zerstört: Volksfeind Tomas Stockmann (Gerhard Hermann, li.). Fotos: Franz Schlechter

Am Anfang der Geschichte weiß Tomas Stockmann schon, was ihn am Ende erwarten wird. Gebrandmarkt als Volksfeind, ist seine Wahrheit ihm zum Verhängnis geworden, weil sie unbequem ist – wie Wahrheiten das nun mal sind. Die Gemeinschaft, zu deren Wohl er sich einsetzen wollte, hat sich gegen ihn gewandt. Er ist, und das hätte Hemingway nicht besser beschreiben können, zerstört: seiner Frau und ihm wurde der Job gekündigt, aus ihrer Wohnung müssen sie raus, ihre Flucht nach Amerika ist gescheitert – er ist das Opfer einer Intrigenkampagne seines einflussreichen Bruders, des Bürgermeisters (Frerk Brockmeyer) geworden. Zerstört mag Stockmanns Existenz sein, doch er gibt nicht auf. Der ungewisse Ausgang, das offene Ende: ein echter Ibsen. Doch was hat Tomas Stockmann (in grandioser Form gegen den Strom schwimmend: Gerhard Hermann) in diese extreme Lage gebracht?
„Der schlimmste Feind der Wahrheit und der Freiheit ist die kompakte Mehrheit. Ja, diese verfluchte, kompakte, liberale Mehrheit.“ – Tomas Stockmann, Ein Volksfeind
Das Wasser der Badeanstalt, die der Gemeinde Wohlstand und dem Bürgermeister Ruhm und Ehre bringen sollte, ist leider durch Bakterien vergiftet. Tomas Stockmann, der Badearzt, hat das aufgedeckt und wünscht nun, dass die Wahrheit darüber ans Licht käme. Er glaubt, er habe die Medien und die „kleinen Leute“ hinter sich, doch die Wahrheit ist am Ende nur soviel wert, wie sie den individuellen Interessen der Meinungsmacher nutzt: nämlich nichts. Niemand will die Wahrheit hören, wenn sie nicht mit den eigenen Plänen von Karriere, Sicherheit und Weltvorstellung übereinstimmt. Das Problem an der Wahrheit ist also das durchaus flexible Verhältnis dieser Gesellschaft dazu, je nachdem ob man sie brauchen kann. Die Schieflage dieser Gesellschaft also, in der jeder zuerst an sich selbst denkt und das als Gemeinschaftswohl verkauft, wird exakt von der minimalistischen Bühne (Sonja Füsti) gespiegelt; die leere runde Plattform dreht sich im Kreis, bäumt sich zu immer neuen Schieflagen auf. Das Regiekonzept von Charlotte Koppenhöfer, die klare visuelle Struktur, die dem Ibsen-Stück eine strenge und moderne Ästhetik verpasst, ist dazu sehr stimmig.
„Tomas, dein Bruder hat nun mal die Macht.“ – „Und ich hab das Recht.“ – „Ach das Recht, das Recht; was nützt dir das Recht, wenn du keine Macht hast.“
Stockmann möchte offen über Unbequemes sprechen. Der Bürgermeister möchte seine Fehlentscheidungen vertuschen und seine Autorität bewahren. Der Vorsitzende des Hausbesitzervereins (eher steif: Jacob Keller) möchte gerne ein kleines Revolutiönchen, aber bitte maßvoll und gesittet und nur, wenn’s nicht auf Kosten der Steuerzahler geht. Der Chefredakteur des „Volksboten“ (Gunnar Blume als opportunistischer Wendehals) möchte eigentlich nur mit Stockmanns Frau (behauptet sich gegen die Übermacht der Männer auf der Bühne: Ulrike Requadt) knutschen. Die Machtverhältnisse in der Gemeinde werden auf die Probe gestellt. Für Stockmann, der alles verliert, ist Demokratie am Ende die Herrschaft der Dummen über die Sehenden. Die Mehrheit, die er hinter sich wähnte, ist zu feige für die von ihm propagierte Offenheit. Volksfeind_Ulrike requadt_Jacob Keller_Michael Heuberger_FotGegen neun darf das Volk, also das Premierenpublikum, selbst wählen: ist Stockmann ein Volksfeind oder nicht? Das Ergebnis steht natürlich schon vorher fest. So wird also Politik gemacht. Wann sind hier gleich nochmal Kommunalwahlen? „Ein Volksfeind“ von Henrik Ibsen. Regie: Charlotte Koppenhöfer. Bühne und Kostüm: Sonja Füsti. Musik: Jan-S. Beyer. Mit: Gerhard Hermann, Ulrike Requadt, Frerk Brockmeyer, Heiner Stadelmann, Gunnar Blume, Michael Heuberger, Thomas Birnstiel, Jacob Keller. Premiere: 6. April 2013.
Die Geheimwaffe des Vatikan im Missbrauchsskandal

Erzbischof Müller: Genau der Richtige

Ausgerechnet Müller? Der ehemalige Bischof von Regensburg ist bekanntermaßen als Chef der Glaubenskongregation gen Rom gezogen. Am Freitagmorgen hat Papst Franziskus Herrn Müller nun seine erste Audienz gewährt und aufgefordert, „mit Entschiedenheit“ gegen sexuellen Missbrauch zu handeln. Damit beauftragt der Papst also Gerhard Ludwig Müller. Eine gute Entscheidung.

FDP-Stammtisch mit Horst Meierhofer

„Wasser ist keine Cremetorte“

Die Regensburger FDP lud am Mittwoch zur „inhaltlichen Debatte“ ins Kolpinghaus. In Stammtischatmosphäre warb Bundestagsabgeordneter Horst Meierhofer für mehr Vertrauen in neue Technologien und weniger wassersparende Duschköpfe in bayerischen Haushalten.

FilmRISS: Die Jagd

Nur nicht auf die Linien treten

Sexueller Missbrauch von Kindern ist nicht nur im Kontext der Diskussion um kirchliche Würdenträger ein brisantes Thema, bei dem vielen Erwachsenen sprichwörtlich alle Sicherungen durchbrennen. Thomas Vinterbergs neuer Film „Die Jagd“ setzt sich eindrucksvoll mit derartigen Vorwürfen auseinander, die sich schnell als falsch erweisen – und trotzdem für immer haften bleiben.

Zum 9. Mal: SCHLEUDERTRAUM in Regensburg

„Tanz ist eminent politisch“

Am Donnerstag startete das Regensburger Festival für aktuellen Tanz in Bayern, SCHLEUDERTRAUM, in seiner neunten Auflage. Die Schirmherrschaft hat Oberbürgermeister Hans Schaidinger übernommen. Ein wichtiges Signal für Festivalleiterin Alexandra Karabelas: In der Regensburger Kulturpolitik muss sich strukturell etwas ändern.

Wie die Diözese selbst "Altfälle" verschleiert

Missbrauch bei den „Domspatzen“ unter Theobald Schrems

Es war der 5. März 2010. Damals wandte sich die Diözese Regensburg erstmals an die Öffentlichkeit, um die Medien über sexuellen Missbrauch bei den Regensburger Domspatzen zu informieren. Bistumssprecher Clemens Neck präsentiere damals nur Jahrzehnte zurückliegende Fälle. Doch selbst diese wurden irreführend und falsch dargestellt. Versuch einer Aufarbeitung.

Preisverleihung auf der Kurzfilmwoche

Zum letzten Mal Regensburger Kurzfilmwoche

Viel wurde geredet, von Laudatoren, Jurymitgliedern und einem wahlkämpfenden Bürgermeister Wolbergs. Doch am Ende gehörte der Abend der Preisverleihung, der den formalen Abschluss der 19. Regensburger Kurzfilmwoche bildete, doch ganz den Filmschaffenden. Am Ende ließ Festivalleiterin Insa Wiese die Katze aus dem Sack.

"Inlandsgeheimdienst ist ein Fremdkörper in der Demokratie"

Ohne Verfassungsschutz hätte es keine Nazi-Morde gegeben

Pleiten, Pech und Pannen: So wird die Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz hinsichtlich der Aufklärung der NSU-Morde oft dargestellt. Wer am Dienstag dem Rechtsanwalt Yavuz Narin zuhörte, wird sich damit nicht mehr abspeisen lassen. Was der Inlandsgeheimdienst getan hat, sieht eher nach aktiver Unterstützung eines Nazi-Netzwerks aus.

19. Regensburger Kurzfilmwoche

Nichts als Müll und Staub

Ein Blick ins Sonderprogramm der diesjährigen Kurzfilmwoche: Mariam Mana hat für die 19. Auflage des Regensburger Festivals einige afghanische Filme unter dem Leitmotiv „Cinema Mi Amor“ zusammengefasst. Persönlich kann die Kulturmanagerin ihre Auswahl nicht erläutern.

drin