Auf der kleinen Haidplatzbühne des Theaters Regensburg ist die Schulwelt noch so, wie sie die letzten Jahre konstant war: Der Übertritt als perfekter Ausnahmezustand. Bei der Premiere von „Frau Müller muss weg“ (Fotos: Juliane Zitzelsberger).
„So hat noch nie jemand über mein Kind gesprochen und so darf niemand über mein Kind sprechen. Das lasse ich nicht zu.“ Marina Jeskow
Fürs bayerische Bürgertum gibt es nur zwei Wege fürs eigene Kind: das Gymnasium, oder die Orte, über die man lieber nicht spricht (Realschule oder – luftanhalt – Hauptschule). Die strengen Übertrittsregeln, gerade im bayerischen Schulsystem sorgen regelmäßig dafür, dass sich liebende Muttis und Vatis ab dem neunten Lebensjahr des Nachwuchses in Monster verwandeln: Das liebe Kleine ist nicht gut genug? Wird’s halt mit Ritalin ruhiggestellt und auf Gedeih und Verderb mit Förderunterricht eingedeckt. Weil Bildung ja der wichtigste Grundstein einer erfolgreichen Existenz ist, und ohne gymnasiale Bildung ist man ja nichts mehr in dieser Welt, nicht wahr?
Glücklicherweise gibt es gerade jetzt den Anfang eines Umdenkens in der Gesellschaft: Gymnasien müssen um ihre Klassenauslastung kämpfen, der Bildungsweg Realschule – BOS – Fachoberschulreife und FH-Studium wird für viele Familien attraktiver, was auch am Druck liegt, den die Bayern sich und ihren Kindern machen und der nicht mehr unbedingt als Weisheit letzter Schluss verstanden wird. Es rumort in Bayerns Schulen. Aber auf der kleinen Haidplatzbühne des Theaters Regensburg ist die Welt noch so, wie sie die letzten Jahre konstant war: Der Übertritt als perfekter Ausnahmezustand.
Hinter die Fassaden entschlossener Elternschaft
Die Eltern, die sich zu einer Gesprächskonfrontation mit der Grundschullehrerin ihrer Kinder, Frau Müller, verabredet haben, sind natürlich nur hier, weil es um das Wohl ihrer Kinder geht. Frau Müller wird nicht jedem der ausnahmslos wohlgeratenen und liebreizenden Kinder eine Gymnasialempfehlung aussprechen, das ist ein Problem. Die Noten müssen besser werden, die Kinder können gar nicht schuld sein, also muss Frau Müller weg. Man munkelt ja auch, sie hätte eh Probleme, weine vor der Klasse und so. Au weia. Nur – ganz so simpel gestaltet sich der Gesprächsabend dann doch nicht. Die Fassaden der entschlossenen Elternschaft brechen auf, Verzweiflung blitzt hervor.
Die Figuren, von Autor Lutz Hübner als liebevolle Klischees angelegt und von Regisseurin Sahar Amini in ihrer Inszenierung pointiert herausgearbeitet, stolpern in der mit Kastanienfiguren vollgestopften Fluchtpunkt-Minibühne umher (sonnengelbe Klaustrophobie-Momente von Anna Schurau): Da ist zum Einen Jessica (streng: Pina Kühr), die taffe Businessfrau, die mit ihrer Tochter heillos überfordert ist. Zum Anderen Marina Jeskow (mit riesengroßer Hipsterbrille: Janina Schauer), die nicht glauben will, dass ihr kleiner Engel andere Kinder verprügelt, mit ihrem Mann Patrick (abgründig: Sebastian Ganzert), der zuerst ganz Pantoffelheld und verständnisvoller Ehemann ist, um sich dann doch seine Machoseele mit Sprüchen wie „Wenn du das Geld verdienst, ziehen wir dahin wo du willst“ raushängen zu lassen.
Dann ist da noch der arbeitslose Wolf (mit hilfloser Aggressivität: Michael Lämmermann), der seiner Tochter mit Aufmerksamkeit und schulischer Förderung zusetzt, so dass diese gar nicht mehr in die Schule gehen will. Katja (tupperboxbewaffnet: Silke Heise), deren Sohn zwar gute Noten mit heimbringt, aber nicht erzählt wie’s ihm geht. Und natürlich Frau Müller (Gabriele Fischer), die anfangs noch versucht die Eltern ernstzunehmen, aber doch ganz andere (und mitunter ehrlichere) Ansichten auf die Kinder der 4. Klasse hat.
Der Übertritt ist hier kraftvoll, knackig und kurz als Spirale einer Katastrophe erzählt – was kurzweilig und mitunter sehr lustig ist. Mit „Frau Müller muss weg“ zeigt sich erneut, dass die echten Juwelen des Theaters Regensburg am Haidplatz gegeben werden. Der Applaus ist am Ende fast endlos. Zu Recht.
Frau Müller muss weg. Schauspiel von Lutz Hübner. Regie: Sahar Amini. Bühne und Kostüme: Anna Schurau. Mit: Sebastian Ganzert, Janina Schauer, Silke Heise, Pina Kühr, Michael Lämmermann, Gabriele Fischer, David Weiss.
Dass es keine Hexen und Zauberer gibt, darüber besteht heute Einigkeit – weitgehend. Dennoch sind zahlreiche Opfer der mittelalterlichen Hexenverfolgung bis heute nicht rehabilitiert. Ein herausragendes Beispiel dafür: das Bistum Eichstätt.
Passend zum Wahljahr bringt das Stadttheater Regensburg Henrik Ibsens „Volksfeind“ auf die Bühne. Am Samstag feierte die Inszenierung von Charlotte Koppenhöfer Premiere.
Ausgerechnet Müller? Der ehemalige Bischof von Regensburg ist bekanntermaßen als Chef der Glaubenskongregation gen Rom gezogen. Am Freitagmorgen hat Papst Franziskus Herrn Müller nun seine erste Audienz gewährt und aufgefordert, „mit Entschiedenheit“ gegen sexuellen Missbrauch zu handeln. Damit beauftragt der Papst also Gerhard Ludwig Müller. Eine gute Entscheidung.
Die Regensburger FDP lud am Mittwoch zur „inhaltlichen Debatte“ ins Kolpinghaus. In Stammtischatmosphäre warb Bundestagsabgeordneter Horst Meierhofer für mehr Vertrauen in neue Technologien und weniger wassersparende Duschköpfe in bayerischen Haushalten.
Porno-Pranger: Unter diesem Stichwort machte im letzten Sommer Urmann + Collegen, eine berühmt-berüchtigte Regensburger Abmahn-Kanzlei, bundesweit Schlagzeilen. Jetzt ermittelt die Regensburger Staatsanwaltschaft wegen versuchten Betrugs gegen den Rechtsanwalt Thomas Urmann. Gegen die Kanzlei läuft eine Regressklage.
Sexueller Missbrauch von Kindern ist nicht nur im Kontext der Diskussion um kirchliche Würdenträger ein brisantes Thema, bei dem vielen Erwachsenen sprichwörtlich alle Sicherungen durchbrennen. Thomas Vinterbergs neuer Film „Die Jagd“ setzt sich eindrucksvoll mit derartigen Vorwürfen auseinander, die sich schnell als falsch erweisen – und trotzdem für immer haften bleiben.
Eine „unechte“ Urkunde, Schlampereien im Gerichtsurteil und eine unglaubwürdige Belastungszeugin: Auf 152 Seiten begründet die Regensburger Staatsanwaltschaft ihren Wiederaufnahmeantrag im Fall Gustl Mollath. Mittlerweile wurde das Dokument vollständig im Internet veröffentlicht.
Am Donnerstag startete das Regensburger Festival für aktuellen Tanz in Bayern, SCHLEUDERTRAUM, in seiner neunten Auflage. Die Schirmherrschaft hat Oberbürgermeister Hans Schaidinger übernommen. Ein wichtiges Signal für Festivalleiterin Alexandra Karabelas: In der Regensburger Kulturpolitik muss sich strukturell etwas ändern.
Es war der 5. März 2010. Damals wandte sich die Diözese Regensburg erstmals an die Öffentlichkeit, um die Medien über sexuellen Missbrauch bei den Regensburger Domspatzen zu informieren. Bistumssprecher Clemens Neck präsentiere damals nur Jahrzehnte zurückliegende Fälle. Doch selbst diese wurden irreführend und falsch dargestellt. Versuch einer Aufarbeitung.
Viel wurde geredet, von Laudatoren, Jurymitgliedern und einem wahlkämpfenden Bürgermeister Wolbergs. Doch am Ende gehörte der Abend der Preisverleihung, der den formalen Abschluss der 19. Regensburger Kurzfilmwoche bildete, doch ganz den Filmschaffenden. Am Ende ließ Festivalleiterin Insa Wiese die Katze aus dem Sack.
Pleiten, Pech und Pannen: So wird die Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz hinsichtlich der Aufklärung der NSU-Morde oft dargestellt. Wer am Dienstag dem Rechtsanwalt Yavuz Narin zuhörte, wird sich damit nicht mehr abspeisen lassen. Was der Inlandsgeheimdienst getan hat, sieht eher nach aktiver Unterstützung eines Nazi-Netzwerks aus.
Kurz nach ihrem 88. Geburtstag kommt Christa Meves nach Donaustauf. In konservativen und nach rechts offenen Kreisen ist die Psychagogin fast so etwas wie ein Popstar.
Störungsfrei ging die Nominierung der Stadtratskandidaten der SPD am Sonntag über die Bühne. Lediglich zwei Delegierte verweigerten dem einen oder anderem Kandidaten die Zustimmung.
Ein Blick ins Sonderprogramm der diesjährigen Kurzfilmwoche: Mariam Mana hat für die 19. Auflage des Regensburger Festivals einige afghanische Filme unter dem Leitmotiv „Cinema Mi Amor“ zusammengefasst. Persönlich kann die Kulturmanagerin ihre Auswahl nicht erläutern.
In seiner letzten Sitzung hat der Beschwerdeausschuss des Deutschen Presserats eine Rüge gegen die Mittelbayerische Zeitung ausgesprochen. Der inkriminierte Artikel ist nach wie vor unverändert im Internet abrufbar.
Dieses Jahr findet bereits zum 19. Mal die Regensburger Kurzfilmwoche statt – immerhin das größte und bedeutungsvollste Festival seiner Art in ganz Süddeutschland. Mit welchen Problemen Festivalleiterin Insa Wiese, und ihr Team zu kämpfen haben, erzählt sie im Interview mit David Liese.
Genossenschaftliches Bauen führt in Regensburg noch ein Mauerblümchendasein. Das wurde bei einem Pressegespräch im Vorfeld des „Zweiten Regensburger Wohnprojekttages“ am vergangenen Wochenende deutlich.