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Wie die Diözese selbst "Altfälle" verschleiert

Missbrauch bei den „Domspatzen“ unter Theobald Schrems

Es war der 5. März 2010. Damals wandte sich die Diözese Regensburg erstmals an die Öffentlichkeit, um die Medien über sexuellen Missbrauch bei den Regensburger Domspatzen zu informieren. Bistumssprecher Clemens Neck präsentiere damals nur Jahrzehnte zurückliegende Fälle. Doch selbst diese wurden irreführend und falsch dargestellt. Versuch einer Aufarbeitung.

Ein Tatort: Die Hauskapelle in der ehemaligen Dompräbende.

Ein Tatort: Die Hauskapelle in der ehemaligen Dompräbende.

Als die anschwellen Berichterstattung über sexuellen Missbrauch im März 2010 auch Regensburg erreichte, war die Vorstandschaft der Regensburger „Domspatzen“ nicht völlig unvorbereitet. Noch bevor die erste Tageszeitung am 4. März 2010 sexuelle Übergriffe beim „Aushängeschild der Diözese Regensburg“ thematisierte hatte, wurden in einem Rundschreiben Eltern, Schüler und Mitarbeiter über das informiert, was da kommen könnte.

Man sei „bestürzt darüber, dass derart beschämende Vorkommnisse an kirchlichen Einrichtungen geschahen“, so die Unterzeichner Domkapellmeister Roland Büchner, Gymnasiums-Direktor Berthold Wahl und Domvikar Rainer Schinko (Internatsdirektor).

Was war vorgefallen? Der Stiftungsvorstand habe, so der Rundbrief, „mittlerweile Kenntnis davon erlangt, dass sich ein ehemaliger Schüler … gegenüber der Presse als Missbrauchsopfer bekannt hat“. Über einen „uns zugeleiteten Presseartikel aus den 50er Jahren“ sei zudem „ein konkreter Hinweis auf sexuellen Missbrauch bekannt geworden“. Man wolle „alle möglichen Fälle aufklären“ und bitte „alle, die Kenntnis von sexuellen Missbrauch … erlangt haben, oder womöglich selbst Opfer geworden sind“, sich zu melden, so das Rundschreiben.

Diözese ergreift die Flucht nach vorn

Der Zeitpunkt war denkbar ungünstig. Zwei Tage später sollte ein „Tag der offenen Tür bei den Domspatzen“ stattfinden. Entsprechend war es auch für die Pressestelle der Diözese unerlässlich, die Flucht nach vorne zu ergreifen. Man lud zur Pressekonferenz, bei der Bistumssprecher Clemens Neck zwei vor langer Zeit rechtskräftig verurteilte und längst verstorbene Geistliche als Täter präsentierte: Friedrich Zeitler und Georg Friedrich Zimmermann, Leiter und Direktor der Internate der Domgymnasiums in den 1950er Jahren.

Blickt man drei Jahre später auf die damals recht turbulenten Ereignisse und ihre Vorgeschichten zurück, offenbart sich eine abgrundtiefe Vertuschungsgeschichte, die weder mit der Verurteilung der beiden Täter noch mit der besagten Pressekonferenz endete.

Wie weit sexueller Missbrauch und seine Verschleierung in die Geschichte der „Domspatzen“ zurückreichen, ist momentan kaum abzusehen. Die vorliegende Recherche will dazu beitragen, dass zumindest einige Übergriffe aus der Zeit von Domkapellmeister Theobald Schrems sowie die darüber liegenden Schichten der Verschleierungen sichtbar und benannt werden.

Mediale Gegenoffensive serviert „Altfälle“ aus der Dompräbende

Die Presseerklärung des Ordinariats vom 5. März 2010 ist überschrieben mit „Recherchen und Meldungen über Missbrauchsfälle und pädagogische Übergriffe im Bistum Regensburg in den Jahren 1958 bis 1973“. Drei Ziele werden darin formuliert: Gerechtigkeit und Hilfe für die Opfer, rechtliche Verfolgung der Täter und Prävention weiterer Übergriffe.

Auf der Pressekonferenz bot die „Diözesanbeauftragte für sexuellen Missbrauch“ Dr. Brigit Böhm allen Geschädigten an, sich vertrauensvoll an sie zu wenden. Man wolle dazu beitragen, „Licht ins Dunkel der Tat zu bringen“ und helfen, „dass die Geschädigten ihre verletzte Würde wiederfinden, indem Gerechtigkeit hergestellt wird“. Frau Böhm und der Arbeitsstab „sexueller Missbrauch“, der seit etwa zwei Jahren aus einem fünfköpfigen Team besteht, könne psychologische Hilfe bieten.

Dem Ordinariat seien „zum jetzigen Zeitpunkt der Recherche“, so die Presseerklärung weiter, „Vorkommnisse bekannt geworden“, die Jahrzehnte zurücklägen. Von aktuellen Fällen hingegen wisse man nichts. Als Hauptattraktion der Pressekonferenz wurden neben drei anonymisierten Betroffenen die bereits erwähnten zwei wegen Missbrauchs verurteilten Geistlichen präsentiert.

Willkürliche Details, falsche Angaben

Obwohl die Strafverfahren zum Teil über 50 Jahre zurück liegen, werden den anwesenden Journalisten nur einige willkürliche Details, zum Teil aus dem o.g. „zugeleiteten Presseartikel“, mittgeteilt.

So war Georg Friedrich Zimmermann 1959 Internatsdirektor bei den „Domspatzen“, später Diözesanmusikdirektor. Er wurde einer nicht näher bezeichneten Quelle zufolge 1971 wegen sexuellen Missbrauchs zu einer elfmonatigen Haftstrafe verurteilt und 1973 in den Ruhestand versetzt. Näheres, insbesondere die eigentlichen Umstände der Übergriffe, sei unbekannt.

Der zweite verurteilte Straftäter, Friedrich Zeitler, sei seit 1. September 1953 als Religionslehrer und Präfekt am Musikgymnasium Regensburg eingesetzt gewesen. Am 6. Mai 1958 sei Zeitler, so der Pressesprecher unter Berufung auf einen Zeitungsartikel der „Regensburger Woche“, „mit zweien seiner Schützlinge bei unsittlichen Handlungen ertappt“ worden. Daraufhin habe ihn „Institutsleiter Theobald Schrems wegen dieser Vergehen“ aus dem Dienst entfernt. Für das Strafmaß gegen Zeitlers bezieht sich die Presseerklärung irreführenderweise auf die „Aussagen befragter Mitbrüder“ und gibt diese mit zwei Jahren Gefängnis prompt falsch an. Nach der Haftstrafe sei Zeitler in die Schweiz versetzt wurden, dort habe er als Hausgeistlicher in einem Schwesternkonvent mit angeschlossener Mädchenschule gewirkt. In vierzehn Tagen wolle man einen ausführlichen Bericht darüber vorlegen, hieß es am 5. März 2010.

Halbwegs geglücktes Ablenkungsmanöver

Obwohl auf dieser Pressekonferenz nur „grundsätzlich bekannte Fälle“ präsentiert wurden, verfehlte sie ihre Wirkung zunächst nicht. Zwei geistliche Internatsleiter bei den „Domspatzen“, die wegen unsittlicher Handlung an Schutzbefohlenen verurteilt worden waren: Damit konnte die Medienlandschaft eine Weile abgespeist werden. Weiterführende Nachfragen von Journalisten, z.B. nach Ergebnissen des bereits vor Jahren aufgestockten Arbeitsstabs für Präventionsarbeit, blieben dagegen unbeantwortet.

Ins Auge sticht weiterhin, dass die Verantwortlichen des Ordinariats damals zwar anlässlich der Anrufe von Betroffenen, die „in den letzten Wochen“ eingegangen seien, zur Konferenz geladen heben wollen, man aber dennoch keinerlei aktuelle Informationen vorweisen konnte oder wollte. Nur Altfälle. Offenbar wollte man mit der Pressekonferenz vornehmlich den Eindruck erzeugen, dass es bei den Domspatzen nur zwischen 1958 und 1973 sexuelle Übergriffe gegeben habe. Weder vorher noch nachher. Nur verjährte Fälle und verstorbene Täter, über die man scheinbar offen und ohne Zwang informierte.

Die stark besuchte Konferenz sei „ein Witz“ gewesen, erinnert sich ein damals anwesender Journalist.

Übergriffige Priester aus dem Fokus der Medien

Das Hauptinteresse der Pressekonferenz war es offenbar, die Debatte um sexuellen Missbrauch bei den Domspatzen so weit wie möglich einzuschränken. Die Sorge um den Ruf des prominenten Musikgymnasiums seitens des Ordinariats traf indes auf das gesteigerte Interesse diverser Medien nach Schlagzeilen wie „Missbrauch bei den Domspatzen“. Oder anders gesagt: die überaus große Fallhöhe der Domspatzen sorgt auch für außergewöhnliche Auflagezahlen. Dagegen: Ein wiederholt sexuell übergriffiger Frater der „Barmherzigen Brüder“ in einem Oberpfälzer Heim für Behinderte, der im Januar 2011 aufflog, traf keinesfalls auf ähnlich breites mediales Interesse.

Flucht nach vorn: Die "Missbrauchsbeauftragte" Dr. Birgit Böhm bei der Pressekonferenz im März 2010. Foto: Archiv

Flucht nach vorn: Die “Missbrauchsbeauftragte” Dr. Birgit Böhm bei der Pressekonferenz im März 2010. Foto: Archiv

Diese geschickte Beschränkung der Pressekonferenz auf „Altfälle“ bedeutete andererseits aber auch eine nicht unwesentliche Entlastung des damaligen Bischofs Gerhard Ludwig Müller. Was ihm sehr gelegen gewesen sein dürfte: Wegen seines Umgangs mit sexuellem Missbrauch durch Geistliche seit seinem Amtsantritt 2002 stand er ohnehin im Kreuzfeuer. Man denke nur an die sexuellen Übergriffe jenes Pfarrers, die in Viechtach begannen und in Riekofen fortgeführt wurden.

Wittenbrink: „Jeder wusste es.“

Einen Tag nach der Pressekonferenz meldete sich der ehemalige Domspatzenschüler Franz Wittenbrink im SPIEGEL zu Wort. Er bekannte sich als Betroffener eines Gewaltsystems, der auch sexuelle Übergriffe gegen andere Schüler mitbekommen hat. Wittenbrink identifizierte die Dompräbende mit einem „ausgeklügelten System sadistischer Strafen mit sexueller Lust“ und sprach davon, dass ein geistlicher Internatsdirektor abends bei Rotwein mit Minderjährigen masturbiert habe. Diese Vorgänge seien nicht unbemerkt geblieben: „Jeder wusste es“. Tatsächlich?

Wenn dem so wäre, wie erklärt sich dann die relativ kleine Anzahl von ehemaligen Domspatzenschülern, die ihn darin bestätigen? Andererseits: Wenn die Schilderung Wittenbrinks nicht stimmig wäre, wieso widerspricht ihm dann niemand? Aus Bequemlichkeit oder Angst? Wäre es nicht eine unabwendbare Gewissenssache, zum Beispiel des derzeitigen Direktors des Musikgymnasiums Berthold Wahl, der 1962 – drei Jahre nach Wittenbrink – in die Dompräbende kam, ausführlich Stellung zu beziehen?

Keine Aufklärung, kein Widerspruch

Eine Anfrage bei Schulleiter Berthold Wahl nach eigenen Beobachtungen oder Erfahrungen von gewaltsamen Übergriffen bei den „Domspatzen“ wollte er mit Verweis auf den privaten Charakter des Ganzen nicht beantworten. Nur so viel: Er sei gut dreißig Jahre nach seinem „Abitur bei den Regensburger Domspatzen wieder gerne hierher zurückgekehrt“ und verbinde mit seinen „Erfahrungen und Erlebnissen bei den Regensburger Domspatzen positive Erinnerungen“. Es bleibt der schale Geschmack zurück, dass Berthold Wahl als „Zeitzeuge“ zur Erhellung der Sachlage einiges beitragen könnte, dies aber entgegen seines eigenen Aufrufs – wonach alle, die Kenntnis von Missbrauch erlangt haben, sich melden sollten – nicht tut.

Hinzu kommt, dass gewaltsame Übergriffe nicht nur eine private Angelegenheit darstellen. So sind etwa Vergewaltigungen unter Schülern, wie sie z. B. ein Domschüler der 1990er Jahre im SPIEGEL schilderte, eventuell strafrechtlich gesehen noch nicht verjährt. Es ist nicht bekannt, ob die Staatsanwaltschaft in dieser Sache (noch) ermittelt.

In der Woche nach der Pressekonferenz vom 5. März 2010 wurde die Schilderung eines weiteren Missbrauchsopfers konkreter. Mit Manfred van Hove sollte ein ehemaliger Sängerknabe den Mut aufbringen, in einer viel beachteten Talkshow seine systematische Vergewaltigung durch Friedrich Zeitler zu thematisieren.

Manfred van Hove: „Es liegt am System und nicht an ein paar Einzeltätern.“

In einer Livesendung bei Markus Lanz legte van Hove seine Geschichte offen. Er war 1954 als Zehnjähriger ins Regensburger Internat des Domspatzengymnasiums gekommen und wurde dort über Jahre hinweg zweimal die Woche vom Internatsleiter Zeitler vergewaltigt. Nicht nur ihm sei es so ergangen, auch andere Sängerknaben, die für Zeitler einen „regelrechten Harem“ gebildet hätten, seien missbraucht worden. Nachdem das Missbrauchssystem Zeitlers, der für van Hove trotz allem eine Vaterfigur gewesen war, deren Wünschen man unbedingt Folge zu leisten hatte, aufgeflogen war, habe ihn seine Mutter ohne weitere Erklärungen von der Schule genommen.

Für van Hove liegt die Ursache dieser sexuellen Übergriffe im zölibatären System der katholischen Kirche begründet . Die Erziehung von Kindern durch zölibatäre Menschen könne seines Erachtens nicht gut gehen. Die derzeitige Aufklärungsarbeit der Kirche sei „reine Schauspielerei“ und Schadenbegrenzung, nur eine Verstärkung der staatlichen Aufsichtspflicht könne zu Veränderungen führen.

Zwischenbilanz: der Regensburger Eisberg

Im März 2011 präsentierte das Regensburger Ordinariat einer handverlesenen Gruppe von Journalisten einen „zusammenfassenden Arbeits-Bericht“ über die „Fälle sexuellen Missbrauchs im Bistum Regensburg zwischen 1945 und 2010“. Man habe die Personalakten von 2.315 Geistlichen, Diakonen, Religionslehrern und Referenten aus den letzten 65 Jahren nach gerichtsmassigen Vorgängen durchforstet. Zwar ist dem Bericht die Rede von andauernden Ermittlungen gegen drei Geistliche und von zehn (nicht näher genannten) strafrechtlich belangten Diözesan-Geistlichen bzw. ihren 78 minderjährigen Opfern. Die ein Jahr zuvor präsentierten Vorfälle in den Domspatzeninternaten kamen darin aber nicht mehr (erkennbar) vor, diesbezügliche Nachfragen wurden abgewehrt.

Es ist offensichtlich: Man will sich nicht in die Karten schauen oder gar unabhängig kontrollieren lassen. Bei den 78 Einzelfällen aus dem Zwischenbericht des Ordinariats dürfte es sich um die Spitze des berüchtigten Eisbergs handeln, zumal Vorfälle, die nicht juristisch verfolgt wurden, unbeachtet blieben.

Unklar bleibt auch, warum nur ein geringer Anteil der Personalakten untersucht wurde. Die Regensburger Diözese beschäftigt eigenen Angaben zufolge und gemäß ihren restriktiven Arbeitsgesetzen aktuell mehr als 24.000 Menschen, davon etwa 3.000 in der „Katholischen Jugendfürsorge“. Im Bistum Regensburg existieren unter anderem: vier Werkstätten mit mehr als 2.100 Betreuten, zwölf kirchliche Schulen, 400 Kindertageseinrichtungen, fünf Berufsbildungseinrichtungen und Förderschulen mit 2.500 Betreuten. Hinzu kommen über 1.500 Ordensleute aus 70 Ordensgemeinschaften.

Dass das Ordinariat nach 2010 zu Friedrich Zeitler kein Wort mehr verlieren mochte, wird mit Blick auf die zwischenzeitlich angeblich ausgewerteten Gerichtsakten etwas verständlicher: „Strafsache gegen Zeitler, Friedrich, geb. 20.8.1918 in Mitterteich, wegen Unzucht mit Abhängigen und Unzucht zwischen Männern in Regensburg u.a. 1958-1959“.

Dass Zeitler auch im Sinne des §175 („Unzucht zwischen Männern“) – wahrscheinlich zusammen mit einer weiteren erwachsenen Person – verurteilt worden war, darüber ließ sich das Ordinariat bislang nicht aus. Nach Streichung von § 175 ist eine homosexuelle Beziehung strafrechtlich gesehen nicht mehr relevant, kirchenrechtlich hingegen schon. Vermutlich durften deswegen Details aus dem Zeitler-Prozess außerhalb der Mauern des Ordinariats überhaupt nicht bekannt werden.

Homosexuelle Beziehungen innerhalb des Klerus der katholischen Kirche, die fortwährend an ihrer eigenen homophoben Sittenlehre scheitert, müssen offiziell stets aktiv verheimlicht oder vertuscht werden. Ein unaufrichtiger Selbstbetrug über Jahrhunderte, der im nachfolgend dargestellten MZ-Artikel allerdings nicht thematisiert wurde.

MZ: „Internatsleiter muß drei Jahre für Verfehlungen büßen“

Die Große Strafkammer des Regensburger Landgerichts hatte am 16. April 1959 leichtes Spiel. Der Angeklagte Friedrich Zeitler war geständig und die elf geladenen Zeugen schnell abgehandelt. Noch am gleichen Tag erging das Urteil: drei Jahre Haft, Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte für vier Jahre. Ebenso so lange wurde es Zeitler verboten, mit unter 21jährigen Menschen beruflich in Kontakt zu kommen. Der Tatbestand: „schwere sittliche Verfehlungen an noch jugendlichen Schülern“, wie die MZ vom Folgetag sich ausdrückte. Zeitler gestand, zwei seiner Schüler über Jahre hinweg sexuell missbraucht zu haben.

MZ17041959Der MZ-Autor präsentierte Zeitlers Verteidigungsstrategie: Schon vor seiner Priesterweihe (1949) habe er Zweifel gehegt. Es sei „eine unglückliche Fügung“ gewesen, „als er in ein Regensburger Knabeninternat berufen wurde.“ Als er „die Gefahr“ spürte, bat er mehrfach, aber ohne den wahren Grund nennen zu können, um Entlassung, fand aber kein Gehör und musste somit gehorsam im Dienst bleiben. „Die Versuchung“ sei jedoch immer stärker geworden, „er rang mit sich, und fiel letzten Endes doch.“

Der zum Missbrauch ausgesuchte Schüler sei auf Auslandsreisen nach Lourdes und Paris sowie später in die Wohnung Zeitlers mitgenommen worden. Ein anderer Schüler, der den ersten ablöste, durfte mit nach Spanien, Österreich und Paris fahren, „immer wieder kam es zu unzüchtigen Handlungen“. Geschenke und Begünstigungen im Schulbetrieb sollen die Jungen „geneigt“ gemacht haben, schreibt der MZ-Autor.

Der Name “Domspatzen” wird nicht genannt

Das Missbrauchssystem des Internatsleiters Zeitler flog auf, als ein dritter Schüler einschlägige Beobachtungen gemacht und diese zuhause erzählt hatte. Als es daraufhin zu einer Anzeige kam, floh Zeitler zunächst ins Ausland und stellte sich erst nach Monaten der deutschen Justiz. „Das Internat war wohl am meisten überrascht, als es von den Umtrieben hörte. Die Schuld trägt Z. allein.“ Zeitler zeigte sich, so die MZ, willig zur verdienten Buße: „Ich werde mein Leben lang beten und büßen.“ Zeitler habe, so der Staatsanwalt, „eine Anstalt von Weltruf aufs schwerste geschädigt“ und „das hohe Ideal des Priesterberufs ins Gegenteil umgewandelt.“

Das Schicksal der missbrauchten Jugendlichen war für den Berichterstatter nur am Rande von Interesse. Mit plakativen Versuchungsszenarien und eindeutigen Entlastungsbemühungen produzierte der MZ-Autor einerseits einen sündigen Täter und andererseits eine überraschte Führung des Internats. Der Name „Domspatzen“ wird hingegen nie genannt. Verdrängung beginnt beim Nichtbenennen. Dass die Öffentlichkeit vom Prozess ausgeschlossen war, erfuhr man, wie manche andere Details, nur in der „Regensburger Woche“.

Regensburger Woche: „Der gestrauchelte Internatsleiter“

In der „Regensburger Woche, Heimatblatt der fortschrittlich gesinnten Bevölkerung“ vom 17. April 1959 erfährt der Leser, dass der Studienrat Zeitler „wegen fortgesetzter Unzucht mit Abhängigen angeklagt ist“. Bemerkenswerterweise nimmt der Autor der Wochenzeitung den Prozess zum Anlass, „aus den ermittelten Begleitumständen Lehren zu ziehen.“

Zunächst wird jedoch davon berichtet, dass die erste Annäherung zwischen Zeitler und dem damals 13jähringen Opfer auf einer Romreise im Sommer 1954 geschah. Vorerst sei der Herr Studienrat, so der Bericht, nur „plantonisch“ mit dem Sängerknaben verkehrt, später jedoch „veranlaßte er den Schüler auch im Internat, seinen Wünschen dienstbar zu sein“. Im Jahre 1956 nahm Zeitler dann einen weiteren Jungen mit auf seine Missbrauchs-Reisen, so die „Woche“, wo ein dritter Schüler dann die erwähnten Beobachtungen machte und im Frühjahr 1958 juristische Schritte ins Rollen brachte.

Anders als der Autor der MZ berichtet jener der „Regensburger Woche“ auch davon, dass es im Fall Z. „nicht an Vorwürfen gegenüber der übergeordneten Anstaltsleitung gefehlt“ habe. Dennoch könne man darüber hinaus als Lehre aus dem Fall ziehen, dass die Schüler „schon bei den ersten Annäherungsversuchen des Studienrats sich zumindest an die Eltern“ hätten wenden sollen. Die Eltern hingegen hätten angesichts der gemeinsamen privaten Auslandsreisen des Studienrats und den Kindern Verdacht schöpfen müssen. Außerdem sollte generell verboten werden, „daß Schüler die privaten Räume der Lehrkräfte und Erzieher betreten“, was jedoch auch kontrolliert werden müsse.

„Nicht der Mörder, sondern der Ermordete ist schuldig!“

Dass die von Missbrauch betroffenen Schüler nach dem Auffliegen Zeitlers durch die Anstaltsleitung vom Internat gewiesen wurden, habe, so der Schluss des Woche-Berichts, nichts mit einer anstehenden Wiedergutmachung zu tun. „Diese pädagogische Praxis erinnert gar zu sehr an das Prinzip: Nicht der Mörder, sondern der Ermordete ist schuldig!“ Zumindest sind die missbrauchten Schüler ohne juristische Strafe („Unzucht“!) davon gekommen, sie galten als „verführt“.

Dass Zeitler seine Opfer offenbar auch auf Konzertreisen des Domchors missbrauchte, thematisieren die Zeitungsberichte nicht. Im Sommer 1954 zum Beispiel sollten die „Domspatzen“ die Feierlichkeiten zur Heiligsprechung von Pius X. im Vatikan gestalten. In diesem Zusammenhang begab sich der Geistliche Friedrich Zeitler mit seinen Opfern auf jene Italienreise, während der er „straucheln“ sollte.

Die vom Autor der „Woche“ ans Herz gelegten Lehren hat das Ordinariat allerdings nicht gezogen. Ansonsten hätte man Zeitler nicht im Oktober 1961 – also vor Ablauf des vierjähringen Berufsverbots aus dem Urteil vom April 1959 – und ohne Offenlegung seiner Verbrechen in die erwähnte Schweizer Mädchenschule versetzt. Gemeint ist das Constantineum von Chur, wo Zeitler sich übrigens bereits 1958 monatelang versteckt hielt und der Strafverfolgung entzog. Von dort sind nach Recherchen und Auskunft des Bistums Chur keine Übergriffe überliefert.

Propaganda des Ordinariats und Täterschutz in der „Domspatzenfamilie“

Allein aus der aufmerksamen Lektüre der beiden Zeitungsartikel, die ihrerseits ein Verschleierungsinteresse der Presse zum Ausdruck bringen, ergeben sich vielerlei Widersprüche zu den Angaben, die das Ordinariat auf der Pressekonferenz vom März 2010 vortrug. Ins Auge sticht, dass Domkapellmeister Theobald Schrems, wie es das Ordinariat vorgibt und seither vielfach, zum Beispiel auch in WIKIPEDIA, wiedergekäut wird, nicht den Vergewaltiger Zeitler aus dem Internat entfernen hat lassen, sondern betroffene Schüler. Manfred van Hove bestätigte dieses Vorgehen in seinen Interviews. An solchen peinlich-selbstbetrügerischen Details wird deutlich, dass man dem Schutz der „Täterfamilie Domspatzen“ Vorrang einräumt gegenüber einer schonungslosen Selbstschau und einer vorbehaltlosen Unterstützung aller Missbrauchsopfer.

Und dabei war es schon 1959 ein scheinheiliger Selbstbetrug, als die MZ schrieb, dass Schrems und die Internatsleitung vom sexuellen Missbrauch „am meisten überrascht“ gewesen seien. Ein Schelm, wer hierbei an ehemalige Domschüler in der MZ-Redaktion denkt.

Doch sexueller Missbrauch in den Einrichtungen der „Domspatzen“ ist nicht erst am 6. Mai 1958 vom „Himmel“ gefallen bzw. aus der „Hölle“ aufgestiegen. Das bezeugt eine aufmerksame Lektüre von Schrems eigenen Schriften.

Ein Präfekt tritt einem Internatsschüler „sexuell zu nahe“ und Schrems appelliert an den Chorgeist

Fünf Monate bevor das Bayerische Kultusministerium im Oktober 1948 die Genehmigung zur Errichtung eines Musikgymnasiums in Regensburg aussprach, war die beantragte Schullizenz urplötzlich stark gefährdet. Sexuelle Übergriffe im Etterzhausener Internat waren öffentlich bekanntgeworden. „Allerhand Unruhe“ sei im Mai 1948 in die Harmonie unter der Erzieherschaft gekommen, schreibt der Ex-Domspatz Hans Niedermayer in einem 1993 erschienenem Aufsatz „Eine kritische Liebeserklärung in memoriam – Domkapellmeister Prof. Dr. Schrems … “ (in: Christel Erkes, 1993).

„Hinzu kam, daß gemunkelt wurde, ein (hochbegabter, ebenso geschätzter wie umstrittener) Präfekt sei einem Schüler sexuell zu nahe getreten.“ Eine größere Anzahl von Schülern habe daraufhin das Internat bzw. die Domschule verlassen wollen. „Ein derartiger Aderlaß an Studenten hätte zumindest die Weiterführung des Musikgymnasiums gefährdet, aber auch empfindliche Lücken in den allmählichen heranwachsenden jungen Männerchor geschlagen“. Schrems, so Niedermayer weiter, sei es jedoch gelungen, dies zu verhindern und mit all seinen Fähigkeiten der Überredungskunst „Eltern und Schüler zu überzeugen und an den Chorgeist im engsten Sinn des Wortes zu appellieren.“

Sakrosant bis heute: Domkapellmeister Theobald Schrems (hier um 1937). Foto: privat

Sakrosant bis heute: Domkapellmeister Theobald Schrems (hier um 1937). Foto: privat

Niedermayer verhehlt seine Prioritäten keinesfalls, mit dem betroffenen Schüler mag er sich nicht weiter aufhalten. Zweifellos geht es ihm anlässlich der „Unruhe“ vor der Lizenzvergabe nur darum, die Bedrohung für den Chor auszumalen und das Krisenmanagement von Schrems zu rühmen. Dass ein Präfekt einem Internatsschüler in sexueller Hinsicht überhaupt nahetritt, erscheint in der aufschlussreichen „Liebeserklärung“ von Niedermayer als unproblematischer Normalzustand.

Schrems findet keinen Geistlichen als Ersatz

Auch im nicht veröffentlichten autobiografischen Rückblick von Theobald Schrems aus dem Jahr 1960 kommt der von Niedermayer thematisierte sexuelle Übergriff zur Sprache. Allerdings fühlt sich der Domkapellmeister bezeichnenderweise in die Situation des Täters, Ambros Pfiffig, ein.

Pfiffig, „selbst hochbegabt in jeder Hinsicht und deshalb überaus geschätzt und geehrt von allen“, habe „sich mit einem 16-jährigen Jungen (verfehlt)“ und daraufhin „schleunigst über die österreichische Grenze in seine dortige Heimat flüchten (müssen)“. Wie fast immer, so Schrems im Anschluss daran sich selbst bemitleidend, habe er „keinen Geistlichen als Ersatz für diese wichtige und verantwortungsvolle Stelle zum Seminarleiter und Jugenderzieher in Etterzhausen bekommen“ können und von daher selbst Hand anlegen müssen.

Schrems: Lob für den verurteilten Vergewaltiger

Über die zu erziehenden Internatsknaben, die in der Folgezeit den sexuellen Übergriffen der Geistlichen Zeitler und Zimmermann nahezu schutzlos ausgesetzt waren, verliert Schrems kein Wort. Keinerlei Empathie. Zeitler hingegen, der seinerseits zum Zeitpunkt der Niederschrift (um 1960) bereits im Knast saß, überschüttet Schrems in seiner Schrift mit Anerkennung und Dankesworten.

Bemerkenswert erscheint noch, dass Ambros Pfiffig sich nach Kriegsende im Mai 1945 zunächst beim damaligen Pfarrer von Straubing Friedrich Schrems aufhielt, dem Bruder von Theobald Schrems. Dort wirkte er als Geistlicher, ehe er im Jahr 1946 zu den „Domspatzen“ nach Regensburg aufbrach.

Pfiffig als pädophiler Jugendseelsorger

Die von Schrems einfühlsam erwähnte Flucht des Herrn Pfiffig nach Österreich entspricht nicht der Faktenlage. Vielmehr wurde der übergriffige hochwürdige Herr vom Regensburger Generalvikar Josef Franz für Mai bis Dezember 1948 als Kooperator nach Tirschenreuth, nahe Mitterteich, versetzt. Unverantwortlicherweise zur Jugendseelsorge. Zum Jahreswechsel erging dann der Rückruf in sein Heimatkloster, das Prämonstratenser-Stift Geras, wo er im August 1950 mit dem Aufbau eines eigenen Knabenkonviktes betraut wurde.

Wie leider zu erwarten war, kam es auch im Knabenkonvikt zu „Vorfällen“. Erst nach dem „Druck von Frauen aus dem Dorf“ reagierte man und löste im Jahre 1957 das Konvikt auf. Der vom Orden freigestellte Ambros Pfiffig setzte sich daraufhin nach Kanada ab und ging später zum Studium der Alten Geschichte, der klassischen Archäologie und der Vergleichenden Sprachwissenschaften nach Wien. Im September 1958 wurde er dort wegen „Verbrechen der Unzucht mit Personen desselben Geschlechtes.“ zu einer „Strafe von 2 Monaten schweren Kerkers bedingt auf 3 Jahre verurteilt“. Der Antritt eines Lehramts und eine Tätigkeit in der Jugenderziehung wurden ihm zudem untersagt.

Nach der Haft gab es weitere Übergriffe und Pfiffig wurde schließlich von kirchlichen Stellen nach Rom geschickt, wo er eine Lehrerlaubnis für alle Hochschulen in Italien erlangte. „‘Vorfälle‘ dieser Art ziehen sich wie ein roter Faden durch Pfiffigs Leben“, so musste Helga Hurnaus in ihrer Dissertation über den Musiker und Etruskologen (2010) resümieren.

Doch zurück zu den sexuellen Übergriffen bei den „Domspatzen“, abschließend zu denen in der NS-Zeit. Darüber drang bislang kaum etwas an die Öffentlichkeit. Über dieser Epoche liegt zudem ein Schleier, der die NS-Propagandarolle des Domchors und seines Leiters Schrems verschwinden und die „Domspatzen“ als Verfolgte und nicht als Nutznießer des NS-Regimes erscheinen lässt.

In der Dompräbende Orleanstraße: „Missbrauch an der Tagesordnung“

Als sich Friedrich Zeitler für die Leitung des 1953 neueröffneten Internats in der Reichsstraße bewarb, war er in der Dompräbende bzw. für Theobald Schrems kein Unbekannter. Der pädo-kriminelle Serientäter Zeitler war nämlich bereits an der alten Dompräbende in der Orleanstraße 2a beschäftigt. Schon Anfang der 1940er Jahre diente der junge Theologiestudent Friedrich Zeitler als Präfekt im Domspatzen-Internat – und nicht erst 1953 als ordinierter Priester in dem neu eröffneten Musikgymnasium in der Reichsstraße, wie Jahrzehnte später, bei der Pressekonferenz vom März 2010 behauptet wurde.

Ein Tatort: die ehemalige Dompräbende in der Orleansstraße. Foto: Werner

Ein Tatort: die ehemalige Dompräbende in der Orleansstraße. Foto: Werner

Anfang 2013 ist in einem Kreis ehemaliger „Domspatzen“, die sich über ihre eigene Missbrauchserfahrung austauschen, bekannt geworden, dass Zeitler in der Hauskapelle in der Orleanstraße regelmäßig Internatsknaben vergewaltigt hat. Missbrauch sei in der damaligen Dompräbende, ein Stockwerk über der Wohnung des Domkapellmeisters, an der Tagesordnung gewesen, so ein Betroffener. Und nicht nur dort. Im Jahre 1941 beispielsweise organisierte und begleitete Zeitler den Domchor auf seiner NS-Propagandareise nach Frankreich und Spanien, wo es ebenso zu sexuellen Übergriffen gekommen sein soll.

Mantel des Verschleierns bis heute

Bekannt ist zudem, dass die „Missbrauchsbeauftragte“ Böhm von einem Betroffenen detailliert über die sexuellen Gewaltpraktiken Zeitlers in der Orleanstraße in Kenntnis gesetzt worden ist. Offenbar wurden diese skandalösen und sehr bedeutsamen Informationen hinsichtlich der Schwere und des Ausmaßes der Vorfälle sexuellen Missbrauchs in den Einrichtungen der Regensburger Dompräbende zur Verschlusssache erklärt, ohne die Öffentlichkeit überhaupt zu informieren. Man legte den Mantel des Verschleierns darüber.

Die sogenannte „Missbrauchsbeauftrage“ Birgit Böhm, eine abhängige und weisungsgebundene Beschäftigte der Diözese, erscheint ist diesem Zusammenhang als Agentin eines gut abgestimmten Vertuschungsapparats. Eine professionelle Betreuung und parteiliche Unterstützung von Menschen, denen unter anderem sexualisierte Gewalt angetan wurde, sähe jedenfalls anderes aus. Es ist offensichtlich, dass eine von der Diözese abhängige Person letzteres nicht leisten kann.

Institutioneller Narzissmus bei den „Domspatzen“

Nach dem öffentlichen Bekanntwerden der sexuellen Übergriffe 1948 durch Ambros Pfiffig reagierte Schrems wie andere Leiter von kirchlichen Einrichtungen mit „institutionellem Narzissmus“ (Klaus Mertens SJ in seiner Analyse der Berliner Jesuitenschule, 2012): Er begrenzte den Image-Schade nach außen und vermied eine systemische Aufklärung, indem er die Wahrheit von der Öffentlichkeit abschottete. Dabei ging es nicht zuletzt darum,das dogmatisch überhöhte Selbstbild eines geistlichen Chorleiters aufrecht erhalten zu können, der auch weitreichenden gesellschaftlichen Führungs- und Erziehungsanspruch erhob.

Die kürzlich erschienene IPP-Studie zu Missbrauch im Kloster Ettal hat dieses Reaktionsmuster untersucht. Sie trifft mit dem zugrundeliegenden systemischen Ansatz und in all ihren Hauptaussagen ebenso für die elitär-narzisstische „Domspatzen-Familie“ zu. Man darf gespannt sein, wie sich das Regensburger Ordinariat diese eindrückliche Studie vom Leibe halten wird.

Da in der IPP-Studie ferner sexuelle Übergriffe innerhalb der Schülerschaft thematisiert und erörtert werden, dürfte sie auch (ehemaligen) Domspatzen-Schülern einiges Unwohlsein bereiten. Die mehrfach überlieferten Übergriffe innerhalb der Domspatzen-Schülerschaft, die einem Großteil der Schüler nicht verborgen geblieben sein können, werden gemeinhin bis heute ausgeblendet. Sie passen nicht so recht in das Selbstbild einer elitären Bildungseinrichtung, in der „auch die Vermittlung von Werten und einem christlichen Menschenbild“ – so eine diözesane Werbebroschüre – im Vordergrund stehen sollen.

Wie kann man das Verhalten von Theobald Schrems, der zum Einen Lieblingsschüler sonntags zu sich aufs Wohnzimmersofa kommen ließ und zum Anderen leistungsschwache oder fehlerhafte Schüler unmotiviert blutig schlug, bezüglich der gewaltsamen Übergriffe gegen Schüler bewerten? Auch wenn von sexuellen Übergriffen gegenüber Knaben durch Theobald Schrems nichts bekannt geworden ist, kommt man nicht umhin, ihn in die Kategorie der Missbrauchstäter in psychischer und physischer Hinsicht einzureihen, als Schützer von sexuellen Missbrauchstätern.

Theobald Schrems war persönlich gewalttätig und verantwortlicher Leiter einer kirchenschulischen Institution, in der systematische Gewaltanwendung exerziert und kultiviert wurde.

Aufarbeitung steht aus

Die vorbehaltlose und glaubwürdige Aufarbeitung der langen Missbrauchsgeschichte der „Domspatzen“ und eine nicht restriktive, vielfältige Unterstützung derer, die darin Opfer von sexuellen und gewalttätigen Übergriffen wurden, stehen noch aus. Ohne die Übergabe der Aufarbeitung an ein externes und unabhängiges Fachinstitut, wie zuletzt in Ettal geschehen, und der Bestellung einer externen Beauftragten zur Betreuung der Missbrauchsopfer wird sich daran grundsätzlich auch nichts ändern können. Dass man die Gewaltverhältnisse bei den „Domspatzen“, auch die unter Schülern, von externen Fachleuten fundiert untersuchen lassen könnte, ja müsste, dieser Ansatz wird vom Regensburger Ordinariat mit aller Kraft abgewehrt.

Mehr zu den Domspatzen

Hitlers liebster Knabenchor
Verwüstungen, Verleugnungen und Verklärungen bei Theobald Schrems

Literatur:

Christel Erkes: Die Regensburger Domspatzen. Begegnungen mit Theobald Schrems. Regensburg 1993.

Hans Niedermayer: Eine kritische Liebeserklärung in memoriam Domkapellmeister Prof. Dr. Schrems – Retter des Regensburger Domchors über den Krieg hinweg und Vater des Domgymnasiums, S. 114 -157, in: Erkes, 1993.

Kurt Erkes: Zu Regensburg auf der Kirchturmspitz, S. 158 – 171, in: Erkes, 1933.

Hans Karl Kandelbinder: Ich bete zu dir Gesange. Die bleibende und prägende Erinnerung an meine Domspatzenjahre unter Theobald Schrems. S. 178- 194, in: Erkes, 1993.

Theobald Schrems: „Regensburger Kirchenmusik – von der alten zur neuen Dompräbende mit Musikgymnasium u. Vorschule Etterzhausen“, um 1960.

Theobald Schrems: Von der Tätigkeit des Regensburger Domchors, in: Die Kirchenmusik 4, Sondernummer Regensburg, 1941, S. 39 – 42.

Heiner Keupp, Florian Straus u.a.: Sexueller Missbrauch, psychische und körperliche Gewalt im Internat der Benediktinerabtei Ettal Individuelle Folgen und organisatorisch-strukturelle Hintergründe (IPP-Bericht), 2013.

Andreas Jobst: Pressegeschichte Regensburgs von der Revolution 1848/49 bis in die Anfänge der Bundesrepublik Deutschland, Regensburg 2002.

Christine Bergmann: Abschlussbericht der Unabhängigen Beauftragten zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs, 2011.

Preisverleihung auf der Kurzfilmwoche

Zum letzten Mal Regensburger Kurzfilmwoche

Viel wurde geredet, von Laudatoren, Jurymitgliedern und einem wahlkämpfenden Bürgermeister Wolbergs. Doch am Ende gehörte der Abend der Preisverleihung, der den formalen Abschluss der 19. Regensburger Kurzfilmwoche bildete, doch ganz den Filmschaffenden. Am Ende ließ Festivalleiterin Insa Wiese die Katze aus dem Sack.

"Inlandsgeheimdienst ist ein Fremdkörper in der Demokratie"

Ohne Verfassungsschutz hätte es keine Nazi-Morde gegeben

Pleiten, Pech und Pannen: So wird die Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz hinsichtlich der Aufklärung der NSU-Morde oft dargestellt. Wer am Dienstag dem Rechtsanwalt Yavuz Narin zuhörte, wird sich damit nicht mehr abspeisen lassen. Was der Inlandsgeheimdienst getan hat, sieht eher nach aktiver Unterstützung eines Nazi-Netzwerks aus.

19. Regensburger Kurzfilmwoche

Nichts als Müll und Staub

Ein Blick ins Sonderprogramm der diesjährigen Kurzfilmwoche: Mariam Mana hat für die 19. Auflage des Regensburger Festivals einige afghanische Filme unter dem Leitmotiv „Cinema Mi Amor“ zusammengefasst. Persönlich kann die Kulturmanagerin ihre Auswahl nicht erläutern.

Schimmel-Mais: Liegt der Fehler im Kontrollsystem?

„Der größte Lebensmittelskandal, den wir je gesehen haben“

Edlham/Brake. Ein Lebensmittelskandal folgt dem nächsten: Nach Pferdefleisch in Fertiggerichten und falsch deklarierten Bio-Eiern haben Futtermittelhersteller nun Mais verarbeitet, der mit dem krebserregenden Schimmelpilzgift Aflatoxin B1 verseucht war. Der Schimmelpilz kam mit einer Schiffsladung Mais von Serbien nach Deutschland und war über einen Hamburger Importeur an den niedersächsischen Hafen Brake geliefert worden. Davon gelangten 10.000 […]

Mafia-Methoden am grauen Kapitalmarkt?

Wenn Geldgierige Geldgierige bekämpfen

Hier die bösen Anlagebetrüger, dort die mutigen Aufklärer? Seit der Razzia gegen die S&K-Gruppe, die auch Ausläufer in Regensburg hatte, feiert sich ein Finanzportal namens „GoMoPa“ fast täglich selbst. Doch den selbsternannten Aufklärern scheint es weniger um das Geld der Anleger als um das eigene Bankkonto zu gehen.

FilmRISS: Kritik zu „The Master“

Beinahe demütig

Paul Thomas Anderson zeichnet in „The Master“ das verstörende Bild einer in den 50ern aufkommenden amerikanischen Sekte. Parallelen zu L. Ron Hubbard und Scientology sind möglich, aber nicht zwingend.

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