Mit Herzblut beim Verdrängen

Landes- und Bundespolizei arbeiten ab sofort beim Verdrängen nicht mehr gegeneinander, sondern Hand in Hand. Foto: Liese
Vom Hin und Her beim Verdrängen der „gewissen Klientel“
So kann man in Regensburg endlich ein Problem lösen, dass nicht nur die Polizei, sondern auch die Stadt schon lange beschäftigt: Die – überspitzt formuliert – nachhaltige Säuberung des Bahnhofsbereiches von „einer gewissen Klientel“, wie Polizeioberrat Schrottenbaum bestimmte Menschen immer wieder nennt. Damit sind Langzeitabhängige von illegalen Drogen, Alkoholiker und Obdachlose gemeint – eben alles, was am Bahnhof nicht willkommen ist. In der Vergangenheit sah das Wolfgang Mache zufolge so aus: „Die Bundespolizei wird tätig und verdrängt diese Leute in die Albertstraße. Dort wird die Landespolizei tätig und verdrängt die Leute zurück in den Bahnhof.“ Damit „die Leute“ jetzt endlich endgültig aus dem Gleisbereich, der Bahnhofshaupthalle, aber auch den Arcaden, den Parkanlagen vor dem Bahnhof und der Albertstraße – kurz: aus dem Blickfeld „verdrängt“ werden, vereinen die Polizeibehörden ihre Zuständigkeiten durch einen Schulterschluss.
Gut gelaunt: Wolfgang Mache und Stephan Schrottenbaum unterzeichnen den Einsatzbefehl.
„Die Streetworker müssen sich anpassen“
Mehrfach schon beklagten die Regensburger Streetworker die Säuberungstaktik der Polizei, erschwert sie doch deren Arbeit beträchtlich. Polizeidirektor Mache findet auch hier deutliche Worte: „Wir verkennen nicht, dass Streetwork durch unsere Maßnahmen eventuell erschwert wird. Aber in der Güterabwägung ist dem Aufbrechen dieser Strukturen Vorrang zu geben.“ Mit dem Aufbrechen der Strukturen meint er das Zersprengen der Drogenszene am Bahnhof, die die öffentliche Sicherheit in erheblichen Maße beeinträchtigen soll. Für den sozialen Rahmen dieser Leute seien andere Behörden zuständig, dies sei keine originär polizeiliche Aufgabe. „Die Streetworker müssen sich in ihrer Arbeitsweise gegebenenfalls anpassen“, fügt Mache auf Nachfrage hinzu.„Der brave Bürger – das bitte in Anführungszeichen – soll unbehelligt Bahn fahren können.“
Und Polizeioberrat Schrottenbaum macht klar: Für die Bundespolizei sei es an Bahnhöfen die primäre Aufgabe, für Reisesicherheit zu sorgen. „Aber der Bahnfahrer fühlt sich hier nicht sicher“, sagt er und zitiert Oberbürgermeister Schaidinger, der die Polizisten einmal in den Morgenstunden am Bahnhof besucht hat, so: „Das ist unglaublich, was da alles los ist.“ Der Reisende solle sagen können: „Hier in Deutschland kann man noch sicher Bahn fahren“, schiebt Schrottenbaum nach. Und noch einmal: „Der brave Bürger – das bitte in Anführungszeichen – soll unbehelligt Bahn fahren können.“ All das untermauern Mache und Schrottenbaum mit Kriminalitätsstatistiken. 2012 gab es 1.500 Ladendiebstähle im Umfeld des Bahnhofes (in der Nähe ist schließlich ein großes Einkaufszentrum), etwa 100 Körperverletzungen, und ungefähr genauso viele „Störungen der öffentlichen Ordnung“. Ob die primäre Gefahr dabei von dieser „gewissen Klientel“ ausgeht, die den Polizeichefs ein besonderer Dorn im Auge ist, geht aus den genannten Zahlen nicht hervor.Polizei setzt alles daran, um ein Alkoholverbot durchzusetzen
Schließlich bringt Wolfgang Mache noch einen weiteren Aspekt ins Spiel – das kürzlich diskutierte Alkoholverbot im Bahnhofsbereich. Durch die gemeinsamen Streifen wolle man nämlich auch „alles daran setzen, um solche Verordnungen durchzusetzen“. Der Bereich des Bahnhofs komme definitiv für so eine Verordnung infrage. Am Ende des Gesprächs – die Luft wird ob der geschlossenen Fenster langsam etwas dünn – werden noch vier der Polizisten von Landes- und Bundespolizei vorgestellt, die sich freiwillig für die Streifen gemeldet haben. „Wir zwingen hier keinen. Bei so etwas muss man schließlich mit Herzblut dabei sein“, konstatiert Schrottenbaum.
Im Vordergrund: Streifenpolizisten. Im Hintergrund: Ist das schon Klientel? Fotos: Liese