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Gedenkweg für die Opfer des Faschismus

Von Schande, Schinken und Hanswursten

Der Wunsch nach einem gemeinsamen Erinnern prägte den Gedenkweg für die Opfer des Faschismus am Dienstag. Außerdem erfuhr man von der neusten städtischen Peinlichkeit.
Etwa 150 Menschen gedachten am Dienstag der Opfer des Faschismus. Foto: as

Etwa 150 Menschen gedachten am Dienstag der Opfer des Faschismus. Foto: as

„Von Prinzen, Bürgern und Hanswursten…“ So lautet der Titel der Ausstellung, die in Regensburg am 10. November unter großem Brimborium im Historischen Museum eröffnet werden wird. Man feiert 350 Jahre Immerwährender Reichstag, die große Vergangenheit der Stadt, sich selbst. Vor dem Historischen Museum steht am frühen Dienstagabend auch Luise Gutmann (ihre Rede als PDF). Es ist die letzte Station beim Gedenkweg für die Opfer des Faschismus, der am Dienstag – wie an jedem 23. April seit rund 40 Jahren – durch die Stadt führte und es ist bemerkenswert, dass die Vorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) angesichts des Ausstellungstitels nicht in Wortspiele verfällt, um die politisch Verantwortlichen damit zu bedenken.

Schandmarsch: Keine Veranstaltung vorgesehen

Am 10. November jährt sich nämlich auch der „Schandmarsch“ der Regensburger Juden zum 75. Mal. SS und Gestapo trieben sie vom Arnulfsplatz über die Maxstraße zum Regensburger Bahnhof. Unter den Blicken hunderter Schaulustiger, die die Frauen und Männer bespuckten, beschimpften und verhöhnten. In der Nacht zuvor war die Regensburger Synagoge in Brand gesteckt und abgefackelt worden. Unter den Augen des SS-Oberbürgermeisters Otto Schottenheim, der Polizei und der Feuerwehr, die nicht löschen durfte. Eine Veranstaltung dazu ist im offiziellen Terminkalender der Stadt Regensburg nicht vorgesehen – stattdessen „Prinzen, Bürger und Hanswursten“. Dieses Jahr sind – gefühlt zumindest – etwas mehr Teilnehmer beim Gedenkweg dabei, als in den vergangenen Jahren. Die Polizei spricht von etwa 150. Und ihre Verschiedenheit spiegelt sich in den einzelnen Stationen des Gedenkwegs wider.

Zeugen Jehovas, VVN, Falken…

Den Minoritenweg, wo eine Gedenktafel und ein Stolperstein für Wolfgang Waller angebracht sind, der ermordet wurde, weil er als Zeuge Jehovas Hitlergruß und Wehrdienst verweigerte. Bislang sind 19 seiner „Glaubensbrüder“ in Regensburg dokumentiert, denen es genau so erging. Das Karavan-Denkmal am Neupfarrplatz, wo Pontus Bauknecht von Michael Kumpfmüller erzählt (seine Rede als PDF). Einem Schmied, der verhaftet wurde und in ein Strafbattallion kam, weil er Zwangsarbeiter laut Vorwurf der Gestapo mit Brot und Schinken versorgt hatte. Der Gestapo Mann, der Kumpfmüller damals brutal verhört hatte, stand 1957 erneut im Staatsauftrag vor seiner Tür, um ihn zu verhaften: dieses Mal wegen „kommunistischer Umtriebe“. Die Jüdische Gemeinde, wo Rabbi Josef Chaim Bloch sich bei den Anwesenden bedankt und auf ein Zitat von Napoleon verweist: „Wer fähig ist, so lange zu trauern, hat eine große Zukunft.“ Es sind Angehörige verschiedener politischer, religiöser und weltanschaulicher „Bekenntnisse“, die sich da zusammengefunden. haben Auch die Vertreterinnen und Vertreter einzelner Stadtratsfraktionen mischen sich unter die Teilnehmer. Und auch, wenn sicher nicht jeder alle Ansichten und Aussagen des jeweils anderen unterschreiben können wird, eint sie doch das Anliegen eines gemeinsamen Erinnerns.

„Zweigeteiltes Gedenken drängt das eigentliche Ziel in den Hintergrund.“

Begonnen hat der Gedenkweg wie jedes Jahr beim Colosseum in Stadtamhof. Dort hält die Schülerin Rebecca Petz eine kurze, aber doch beeindruckende Rede. Die Abiturientin des Albertus-Magnus-Gymnasiums hat eine Arbeit über diesen Gedenktag geschrieben. Am 23. April 1945 wurden Domprediger Johann Maier, der Polizeibeamten Michael Lottner und der Lagerarbeiter Josef Zirkel hingerichtet wurden, weil sie sich für eine kampflose Übergabe der Stadt eingesetzt hatten. In der Nacht vom 22. auf den 23. April wurden die Gefangenen im KZ-Außenlager Colosseum von der SS zum Todesmarsch getrieben. Petz hat sich mit der Jahrzehnte währenden Spaltung dieses Gedenkens in Regensburg beschäftigt. Zwei Veranstaltungen, eine am 23. April, die nächste tags darauf, dann unter offizieller Beteiligung der Stadt. „Dieses zweigeteilte Gedenken drängt das eigentliche Ziel in den Hintergrund.“ Es könne nicht sein, dass – wie im letzten Jahr – ein Bürgermeister dafür kritisiert werde, dass er beim Gedenkweg am 23. April teilnehme. Es könne nicht sein, dass von „Konkurrenzveranstaltungen“ die Rede sei. Beide Seiten müssten aufeinander zugehen, resümiert sie. Und sie sei optimistisch, dass dies gelingen könne. Die SPD hat in Person von Joachim Wolbergs angekündigt, sich im Falle eines Wahlsiegs künftig zumindest auch beim Gedenkweg am 23. April zu beteiligen. Altoberbürgermeisterin Christa Meier hat erklärt, bei der Diskussion um eine Neuausrichtung der Gedenkkultur und Geschichtspolitik auch Organisationen wie die VVN einzubinden, die in der Vergangenheit – etwa von CSU-Stadtrat Peter Welnhofer – als extremistisch und eigentlich genau so schlimm wie die Faschisten gebrandmarkt wurden. Und am Tag nach Gutmanns Rede vor dem Historischen Museum folgt denn auch eine Presseerklärung des SPD-Fraktionschefs, in der er die „Hanswursten-Ausstellung“ am 10. November als „unsensibel“ kritisiert. Schließlich habe ja an diesem Tag der „Schandmarsch“ der Juden stattgefunden. Immerhin beginnt diese mangelnde Sensibilität nun langsam auch den „Offiziellen“ aufzufallen.
CSU: Kampfkandidatur um den Vorsitz?

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„Aus dem Strohhalm ist ein Schilfrohr geworden“, sagt CSU-Fraktionschef Christian Schlegl zur Entwicklung der letzten Wochen. Im Vorfeld der Vorstandswahl am Freitag sieht alles danach aus, als ob er doch noch OB-Kandidat der CSU werden könnte. Unterdessen wird darüber nachgedacht, die Öffentlichkeit von den Wahlen auszuschließen. „Wir wollen in Ruhe diskutieren können“, sagt ein Vorstandsmitglied.

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Mit Basisdemokratie überrumpelt

Wer wird OB-Kandidat der Regensburger CSU? Der Landtagsabgeordnete Franz Rieger will die rund 1.100 Mitglieder darüber abstimmen lassen. Dem Kreisvorsitzenden Armin Gugau, der über Riegers Vorstoß vorab nicht informiert wurde, wird damit die Herrschaft über das Auswahlverfahren entzogen. Sein Stellvertreter Hans Renter zog heute die Reißleine und erklärte, nicht mehr für den Vorstand zu kandidieren.

Amberg erlangt traurige Berühmtheit

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Amberg ist nicht nur die „Perle der Oberpfalz“, sondern gilt als Beispiel für das Verharmlosen und Kleinreden von Nazi-Strukturen. Zu diesem Ergebnis kommt die Amadeu-Antonio-Stiftung in einem aktuellen Report. Manche Politiker seien „eher Teil des Problems denn der Lösung“, lautet ein Fazit. Beim Amberger Oberbürgermeister kann man durchaus zu dieser Einschätzung kommen.

Gutachter fordern Umdenken bei städtischer Geschichtspolitik

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"Frau müller muss weg" am Theater am Haidplatz

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Auf der kleinen Haidplatzbühne des Theaters Regensburg ist die Schulwelt noch so, wie sie die letzten Jahre konstant war: Der Übertritt als perfekter Ausnahmezustand. Bei der Premiere von „Frau Müller muss weg“.

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