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Nach Nazi-Aufmarsch in Regensburg

„Verfassungsschutz“ diffamiert Nazi-Gegner

Es ist ein Schlag ins Gesicht einer engagierten Zivilgesellschaft: Auf einem vorgeblichen Bildungsportal diffamiert der bayerische „Verfassungsschutz“ Regensburger Nazi-Gegner pauschal als gewaltbereite Linksextremisten. Auch ansonsten verbreiten die Geheimdienstler dort keine Bildung, sondern Lügen und Propaganda.

Der Nazi-Pulk versuchte mehrfach die Polizeikette zu durchbrechen. Foto: as

10. Mai am Hauptbahnhof: Der Nazi-Pulk versuchte mehrfach die Polizeikette zu durchbrechen. Mehrfach wird zugeschlagen. Journalisten werden bedroht und gefilmt. Foto: as

„Ich bedanke mich bei den 300 Regensburgerinnen und Regensburgern, die sich den Nazis in den Weg gestellt haben.“ Ob Bürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) diese Aussage nicht bald bereuen wird? Schließlich könnte er so bald als Unterstützer von Linksextremisten ins Visier des „Verfassungsschutzes“ geraten.

Propaganda statt politischer Bildung

Im Nachgang zum Aufmarsch-Versuch des „Freien Netz Süd“, der größte Zusammenschluss gewalttätiger Nazis in Süddeutschland, am 10. Mai in Regensburg hat das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz eine „Bewertung“ der Situation abgegebenen. Die hat zwar wenig mit der realen Situation vor Ort zu tun – nicht einmal die Uhrzeit, zu der der Aufmarsch stattfand, ist korrekt, dafür aber viel mit politischer Ideologie. Vor allem aber ist die „Bewertung“ der Geheimdienstler ein Schlag ins Gesicht einer engagierten Zivilgesellschaft.

Auf dem Portal „Bayern gegen Rechtsextremismus“, das das bayerische Innenministerium und der „Verfassungsschutz“ zusammen mit der Landeszentrale für politische Bildung betreiben, werden kurzerhand „mehr als die Hälfte“ der Menschen, die sich den Nazis in den Weg gestellt haben, als „Linksextremisten“ diffamiert.

Links der Nazi-Aufmarsch, rechts die Gegendemonstration. Der "Verfassungsschutz" meint: alles Extremisten. Foto: as

Links der Nazi-Aufmarsch, rechts die Gegendemonstration. Der “Verfassungsschutz” meint: alles Extremisten. Foto: as

Der Nazi-Pulk, dessen beeindruckendes Vorstrafen-Register von Volksverhetzung über Betrug bis hin zu gefährlicher Körperverletzung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung reicht, wird mit diesen Gegendemonstranten pauschal in einen Topf geworfen. Ohne Belege und in gleichmacherischer Diktion wird von „Gewaltbereitschaft“ und „Extremismus“ auf beiden Seiten gesprochen. Drei Personen seien vorläufig festgenommen worden.

Walter Strohmeier: Der führende Kopf der Freien Nationalisten Niederbayern verbüßt laut Verfassungsschutzberichtseit Ende 2010 eine dreijährige Haftstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung. Er war bei dem Aufmarsch in Regensburg vor Ort. Foto: wt

Walter Strohmeier: Der führende Kopf der Freien Nationalisten Niederbayern verbüßt seit Ende 2010 eine dreijährige Haftstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung – zumindest nach Angaben des Verfassungsschutzes. Tatsächlich war er bei dem Aufmarsch in Regensburg vor Ort. Foto: wt

Welchem „politische Spektrum“ diese Personen entstammen, verschweigt der „Verfassungsschutz“, erklärt stattdessen abschließend: „Die Demonstrationslage vor Ort bestätigt die Erfahrung, dass seit Aufdeckung der Morde des ‘Nationalsozialistischen Untergrund’ (NSU) eine erhöhte Gewaltbereitschaft in der Auseinandersetzung zwischen den rechts- und linksextremistischen Lagern vorhanden ist.“

Auch beim NSU: Die Unwahrheit ist Programm

Erhellend ist, was das Portal, das sich vorgeblich an alle richtet, „die sich pädagogisch, politisch und persönlich mit Rechtsextremismus auseinandersetzen“ zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) zu berichten weiß.

Entgegen den Recherchen verschiedener Medien und des aida-Archivs in München verbreitet der „Verfassungsschutz“ die glatte Lüge, dass es keine Anhaltspunkte „für eine Beteiligung ortskundiger Dritter an den Anschlägen oder eine organisierte Verflechtung mit anderen Gruppierungen“ gebe.

Kam zum Aufmarsch, prügelte auf Gegendemonstranten ein und konnte anschließend unbehelligt Gegendemonstranten abfotografieren: der Würzburger Nazi Marcel Finzelberg. Foto: wt

Kam zum Aufmarsch, prügelte auf Gegendemonstranten ein und konnte anschließend unbehelligt Gegendemonstranten abfotografieren: der Nazi Marcel Finzelberg. Foto: wt

Entgegen den Einschätzungen unabhängiger Experten und Angaben des Bundeskriminalamts, das von derzeit 129 Unterstützern des braunen Netzwerks ausgeht, verbreitet der „Verfassungsschutz“ die Mär, dass der NSU nur „aus den drei Rechtsextremisten Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe“ bestanden habe.

Das sind just dieselben Lügen, die sich fast wortgleich schon im aktuellen Verfassungsschutzbericht des Freistaats Bayern wiederfinden.

Dass die schleppende Lieferung von Akten an die Untersuchungsausschüsse, das zweifelhafte Aussageverhalten der „Verfassungsschützer“ und Verdachtsmomente, dass bayerische Geheimdienstler vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages gelogen haben, keine Erwähnung finden, versteht sich da fast schon von selbst.

Eine ähnliche verzerrte Darstellung der Realität liefert der „Verfassungsschutz“ auf dem vorgeblichen Bildungsportal nun auch zum Nazi-Aufmarsch in Regensburg: Gewaltbereite Extremisten überall, lautet das gleichmacherische und verharmlosende Credo.

Woher die 150 „Linksextremisten“ gekommen sind oder welchen Organisationen sie angehören sollen, bleibt das Geheimnis der „Verfassungsschützer“. Wo deren „Gewaltbereitschaft“ zutage getreten sein soll ebenso.

SPD-Ortsvorsitzender: „Linksextrem? Ich hoffe sehr, diese feinen Herren zählen mich dazu.“

Fest steht, dass insbesondere Gewerkschafter, Studenten, Angehörige von BI Asyl und VVN, Piraten, Grüner Jugend und Jusos sich an der Gegendemonstration beteiligt haben. Mobilisiert wurde – eine Stunde vor dem Aufmarsch – über die Verteiler des Bündnisses „Kein Platz für Nazis“, das der Geheimhaltungspolitik der Stadt Regensburg schon mehrfach einen Strich durch die Rechnung gemacht und Aufmärsche erfolgreich verhindert hat.

Der SPD-Ortsvorsitzende Peter Sturm, der ebenfalls an der Gegendemonstration am 10. Mai teilgenommen hat, schreibt auf seiner Facebook-Seite: „Vor einer Woche haben wir den Einmarsch von 70 Nazis während der Regensburger Museumsnacht verhindert. Das Innenministerium bezeichnet die Hälfte von uns als linksextrem. Ich hoffe sehr, diese feinen Herren zählen mich dazu.“

Nazi-Kader aus ganz Bayern dabei

Regensburger stoppen Nazi-Aufmarsch

Kurzfristig hatte das Kameradschaftsnetzwerk „Freies Netz Süd“ am Freitag zu einer Demonstration in Regensburg aufgerufen. Trotz einer geringen Mobilisierungszeit demonstrierten genug Regensburger Bürgerinnen und Bürger gegen den Aufmarsch, so dass dieser bereits nach wenigen Metern zum Stillstand kam.

„Ansehen des heutigen Staatsministeriums beschädigt“

Wegen „Amigo-Affäre“: Stadtrat kommt nicht zum Besuch des Kabinetts

Vor dem Besuch des bayerischen Kabinetts in Regensburg sorgt Eberhard Dünninger für einen kleinen Eklat. Wegen der „Amigo-Affäre“ hat der Vorsitzende der ödp-Fraktion im Stadtrat die Einladung des Oberbürgermeisters zum Empfang im Alten Rathaus ausgeschlagen. Gegenüber Staatsminister Ludwig Spaenle könne er keine besondere Hochachtung mehr empfinden, so Dünninger.

Stadtrat gedachte der Machtübernahme

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Zur 80. Jahrestag der Machtübernahme der Nationalsozialisten hat Oberbürgermeister Hans Schaidinger im Stadtrat eine bemerkenswerte Gedenkrede gehalten. Bemerkenswert insofern, weil er sich erstmals konkret mit frühen Opfern des NS-Regimes beschäftigte: mit Kommunisten und Sozialdemokraten.In anderen Teilen seiner Rede zeigte sich der Oberbürgermeister schlecht informiert, zum Teil verlor er den Überblick und nicht zuletzt zeigte er sich – wie es schön diplomatisch heißt – geschichtsvergessen.

Kritik am "Projekt Sichere Altstadt"

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Franz Rieger ist neuer Kreisvorsitzender der CSU

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Die Regensburger CSU hat zwar einen neuen Vorsitzenden und einen Vorstand, der alle Lager berücksichtigt. Die Wahlergebnisse lassen aber darauf schließen, dass es noch viele Unzufriedene gibt. Einig ist man sich lagerübergreifend in einem Punkt: „Wolbergs muss verhindert werden“.

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Beim DGB ist man verärgert und spricht von Geschichtsvergessenheit: Zum 80. Jahrestag des Sturms der Nazis auf die Gewerkschaftshäuser fordert der ödp-Fraktionschef Eberhard Dünninger eine Distanzierung von „marxistischen Parolen“.

CSU: Kampfkandidatur um den Vorsitz?

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„Aus dem Strohhalm ist ein Schilfrohr geworden“, sagt CSU-Fraktionschef Christian Schlegl zur Entwicklung der letzten Wochen. Im Vorfeld der Vorstandswahl am Freitag sieht alles danach aus, als ob er doch noch OB-Kandidat der CSU werden könnte. Unterdessen wird darüber nachgedacht, die Öffentlichkeit von den Wahlen auszuschließen. „Wir wollen in Ruhe diskutieren können“, sagt ein Vorstandsmitglied.

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