Die Polizei hat ihr Vorgehen bei der Räumung der Anti-NPD-Blockade am vergangenen Donnerstag verteidigt. Die rabiate Festnahme eines jungen Mannes, die unsere Redaktion auf Video dokumentiert hat, soll gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft „umfassend geprüft“ werden. Wir dokumentieren die schriftlichen Antworten des Polizeipräsidiums auf unseren Fragenkatalog.

Weit über 1.000 Menschen kreisten die NPD am Domplatz ein. Foto: Herbert Baumgärtner
In der polizeilichen Bilanz ist von sechs Festnahmen die Rede. Laufen gegen all diese Personen auch Strafanzeigen? Wegen welcher Delikte wurden die Personen festgenommen?
Im Zusammenhang mit Straftaten bei der Versammlung wurden sieben Personen vorläufig festgenommen. Nach derzeitigem Stand wird gegen diese Personen wegen einer vollendeten und sechs versuchten gefährlichen Körperverletzungen, in einem Fall wegen einer versuchten (einfachen) Körperverletzung ermittelt. Gegen zwei der sieben genannten Personen laufen zudem Anzeigen wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Eine Anzeige wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung richtet sich gegen einen bislang unbekannten Täter. Gegen zwei Personen werden Ordnungswidrigkeitenanzeigen nach dem Versammlungsgesetz vorgelegt.

Beweissicherung: Eine Polizeibeamtin sammelt Scherben einer Flasche ein, die während der NPD-Kundgebung flog. Hier gab es mindestens zwei Flaschenwürfe. Foto: as
Wie viele Festnahmen gab es vor der Räumung der Blockade?
Von den oben genannten sieben Personen wurden vier Personen vor der Räumung der Blockade festgenommen.
Drei Polizeibeamte wurden laut Bilanz leicht verletzt. Worin bestanden die Verletzungen bzw. wodurch wurden diese herbeigeführt?
Die Verletzungen der Beamten wurden durch Teilnehmer der Gegendemonstration gegen die NPD verursacht. Die ärztliche Feststellung über die Art der Verletzungen unterliegen der Schweigepflicht.
Wurden die Täter ermittelt?
Die Ermittlungen der Polizei stehen noch am Anfang, weshalb diese Frage noch nicht beantwortet werden kann.
Auf einem Video, das wir veröffentlicht haben, ist die rabiate Festnahme eines 22jährigen durch drei Beamte der Bereitschaftspolizei zu sehen.
Laut ärztlichem Attest erlitt dieser dabei einen Rippenbruch und eine leichte Gehirnerschütterung. Weswegen erfolgte die Festnahme? Entspricht es den Tatsachen, dass von diesem Mann weder die Personalien aufgenommen wurden, noch eine Strafanzeige gegen ihn gestellt wurde? Falls ja, warum dann die Festnahme? Entspricht es den Tatsachen, dass die Polizeibeamten keinen Krankenwagen gerufen, sondern dem jungen Mann einfach Platzverweis erteilt haben und dann den Ort des Geschehens verlassen haben? Wie beurteilen die Einsatzleitung und das Polizeipräsidium Oberpfalz das Vorgehen bei dieser Festnahme? Wird es Konsequenzen für die beteiligten Beamten geben?
Von dieser Videoaufnahme hat die Polizei erst jetzt Kenntnis erlangt. Wir bitten um Verständnis, dass die Aufnahmen zunächst ausgewertet müssen. Wir können Ihnen aber versichern, dass die erhobenen Vorwürfe durch das Polizeipräsidium Oberpfalz unter Einbindung der Staatsanwaltschaft Regensburg umfassend geprüft werden.

Der Beginn der Sitzblockade. Noch ist alles friedlich. Foto: as
Weshalb wurde die Blockade in diesem Jahr unter Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray geräumt und nicht wie 2012 durch Wegtragen der Demonstranten?
Zur Lösung der Sitzblockade ist die Polizei nach mehrfach erfolgten Lautsprecherdurchsagen in einem Stufenkonzept vorgegangen. Zunächst wurde versucht Passanten aufzuheben, damit diese den Platz verlassen können. In Einzelfällen gelang dies auch, jedoch bildeten sich sehr schnell Gruppen, die durch Unterhaken eine Auslösung verhinderten, gelöste Griffe wurden durch erneutes Unterhaken wiederhergestellt. Bei starken Widerstandsgruppen versuchte die Polizei diese am Domplatz zu umgehen, weshalb ein geradliniges Verlassen des Platzes nicht möglich war und der Einsatz in die Breite getragen wurde. Alle anwesenden Personen mussten nach den Lautsprecherdurchsagen mit Zwangsmaßnahmen der Polizei rechnen.

Noch vergleichsweise ruhig: Erste Sitzblockierer werden von der Polizei gegen mal mehr, mal weniger Widerstand entfernt. Der Lastwagen der NPD rollt näher. Foto: as
Weshalb wurde mit dem Losfahren von Lkw und Bus nicht gewartet, bis die Straße frei war?
Da die Gegendemonstranten trotz mehrfacher Aufforderung durch die Polizei und Herrn Bürgermeister Wolbergs keinerlei Reaktionen zeigten die Straße zu verlassen, war nicht absehbar, wann diese die Straße freimachen würden.
Wurde durch das Losfahren des Lkw und Busses noch während der Räumung der Blockade eine Eskalation nicht geradezu heraufbeschworden?
Die Situation vor Ort verschärfte sich ausschließlich durch das äußerst aggressive Verhalten der Gegendemonstranten.

Der erste Bus kommt. Auf dem Bürgersteig wird es eng. Foto: Herbert Baumgärtner
Wie beurteilen die Einsatzleitung und das Polizeipräsidium Oberpfalz das Gefahrenpotential eines Lkws, der im Zentimeterabstand durch eine Menschenmenge aus Polizeibeamten und Gegendemonstranten fährt?
Dies wird von Seiten der Polizei durchaus besonders bewertet. Deshalb hat sich auch die Einsatzleitung dazu entschlossen, zum Schutz der Gegendemonstranten begleitende Polizeiketten zu bilden. Die Fahrzeuge bewegten sich auch besonders vorsichtig und langsam, quasi im Schneckentempo. Durch das Verhalten nicht weniger Versammlungsteilnehmer wurden Polizeikräfte und Demonstranten in den vorderen Reihen massiv gegen die Fahrzeuge gedrückt. Auch erhielten Polizeibeamte Fußtritte. Dieses Verhalten wird seitens der Einsatzleitung als absolut verantwortungslos eingestuft. Nur durch den Einsatz von Pfefferspray konnte der Druck auf Versammlungsteilnehmer und Einsatzkräfte abgewendet werden.

Umleitung: Auch der NPD-Truck wird über den Bürgersteig geleitet. Jetzt kommt Pfefferspray zum Einsatz. Foto: Herbert Baumgärtner
Wie viele Strafanzeigen gegen die Polizei liegen bislang vor?
Nach derzeitigem Stand sind im Bereich des Polizeipräsidiums Oberpfalz vier Anzeigen gegen die Polizei bekannt.