Streitpunkt Colosseum. Jetzt sollen Gutachter ein Konzept zur Erinnerung an das KZ-Außenlager entwickeln. Die umstrittene Bodenplatte bleibt. Zwar hält niemand sie für sinnvoll, aber, so Sitzungsleiter Joachim Wolbergs: „Was darauf steht ist ja nicht falsch, sondern nur belanglos.“
Platte bleibt, Platte geht, Platte bleibt… Joachim Wolbergs hat sich in der Diskussion ums Colosseum immer wieder exponiert und auch (wie im Bild) Diskussionen gestellt. Eine klare Haltung ist bei ihm nicht auszumachen. Foto: Archiv/ as
„Ich könnte es mir ganz einfach machen und jetzt sagen: Dann machen wir die Platte eben raus. Das tue ich aber nicht.“ Als Bürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) das sagt, debattiert der Kulturausschuss schon seit fast zwei Stunden über das ehemalige KZ-Außenlager Colosseum. Der einzig wirklich strittige Punkt ist die dort in einer Nacht-und-Nebelaktion verlegte Bodenplatte und als Beobachter dieses Schauspiels muss man sich zwangsläufig die Frage stellen, warum Joachim Wolbergs es sich eben nicht einfach, sondern schwer macht. Warum er eine plötzlich wieder eine Position vertritt, von der er noch im April ausdrücklich abgerückt war. Eine Position, hinter der auch seine eigene Fraktion nicht steht.
„In fast grotesker Weise am Kern der Sache vorbei“
Am Dienstag waren zwei der drei Experten im Ausschuss eingeladen, die im Februar ein Gutachten zum Colosseum im Speziellen und zur Regensburger Erinnerungskultur im Allgemeinen vorgelegt haben. An Deutlichkeit ließ dieses von der Stadt Regensburg in Auftrag gegebene Papier kaum etwas vermissen. Insbesondere die Bodenplatte vor dem Gebäude stieß den Gutachtern sauer auf. Diese gehe „in fast grotesker Weise am Kern der Sache vorbei“ und müsse entfernt werden.
Bei der Sitzung ist davon zunächst nichts zu hören. Dr. Jörg Skribeleit, Leiter der Gedenkstätte Flossenbürg, und Ulrich Fritz (Stiftung Bayerische Gedenkstätten) lassen betont sachlich die Geschichte des KZ-Außenlagers Revue passieren, in dem in den letzten Kriegswochen rund 400 Zwangsarbeiter eingesperrt waren, die „unter den Augen der Regensburger Kriegs- und Zivilgesellschaft“ (Fritz) vornehmlich am Hauptbahnhof zum Bombenräumen eingesetzt wurden. Mehr als 50 von ihnen kamen in dieser kurzen Zeit ums Leben: zerfetzt von Bomben, zu Tode geprügelt, an Krankheiten oder Hunger gestorben. Nach dem Krieg war das Lager spurlos verschwunden. Auch aus der Stadtgeschichte.
“In fast grotesker Weise am Kern der Sache vorbei”: Die Bodenplatte verschweigt insbesondere die Todesopfer der KZ-Außenstelle Colosseum.
Seit in den 80er Jahren eine Schülergruppe die Geschichte des Colosseum aufgerollt hat, habe sich der Ort zunehmend zum „Kristallisisationspunkt der Diskussion über den Umgang mit der NS-Vergangenheit entwickelt“, so Skribeleit. Das obwohl es mit der Gestapo-Zentrale oder den Messerschmitt-Werken durchaus andere bedeutende Themen gebe, die unzureichend in der Stadtgeschichte berücksichtigt werden. Und diese Diskussionen verliefen – wir haben mehrfach darüber berichtet – äußerst kontrovers. Vorläufiger Höhepunkt war eben besagte Platte.
Gutachter-Trio soll Konzept entwickeln
Nun sollen es die Experten richten und ein Konzept entwickeln. Sie schlagen vor, den Platz rund um die – unter Oberbürgermeisterin Christa Meier in den 90ern aufgestellte – Gedenkstele aufzuwerten. Diese erfülle zwar für die Betroffenen selbst eine wichtige Funktion als Ort der Erinnerung, biete aber Außenstehenden keinerlei Informationen. Das soll jetzt nachgeholt werden. Und dass das Experten-Trio um Skribeleit beauftragt werden soll, gemeinsam mit der Verwaltung ein Konzept dafür zu entwickeln, stieß am Dienstag auch auf weitgehende Zustimmung.
Unter Christa Meier aufgestellt: ein Gedenkstein zu Ehren der Opfer. Die Fläche dort soll nun nach den Vorstellungen der Gutachter durch Informationen aufgewertet werden. Foto: Archiv
Kurzfristig legte Joachim Wolbergs in seiner Eigenschaft als Sitzungsleiter einen Verwaltungsvorschlag vor, der genau dies vorsieht. Unklar ist bislang lediglich, inwieweit Vertreter aus der Zivilgesellschaft sich dabei einbringen können. Dies ist mit dem Beschluss vom Gutdünken der Gutachter abhängig. Die rechnen etwa mit einem Zeitraum von zwei Jahren, bis ein tragfähiges Konzept vorliegt.
Was Wolbergs’ Vorschlag nicht enthielt: die Entfernung der Bodenplatte, die in dem Gutachten doch so klar gefordert wird und die Wolbergs selbst noch im April angekündigt hatte.
Das stieß nun auf deutliche Kritik von Jürgen Huber (Grüne), der ebendies in einem eigenen Antrag gefordert hatte.
Huber: „Falschinformationen und Dilettantismus“
Die Grünen waren es, die vor gut fünf Jahren die Diskussion ums Colosseum erneut ins Rollen gebracht hatten, als sie eine Gedenkplatte am Gebäude gefordert hatte. Seitdem habe es „ein ewiges Hin und Her gegeben“, so Huber. Gespickt mit „Falschinformationen“, „dilettantischer Vorgehensweise“ und der Ablehnung unabhängiger Experten, über deren Hilfe man sich nun am Dienstag so dankbar zeigte. „Falschinformationen“
Jürgen Huber: “Diese unsägliche Diskussion muss endlich vom Tisch.”
Er begrüße zwar, dass die Gutachter nun ein Konzept entwickeln sollen, so Huber. „Das habe ich lange erfolglos gefordert.“ Doch als erster Schritt müsse die Platte entfernt werden. „Das ist eine Verhöhnung der Opfer. Richten Sie dem Oberbürgermeister aus, dass endlich Schluss sein muss mit dem ewigen Vernebeln und Verschleppen.“ Auch Wolbergs’ Parteifreundin Gertrud Maltz-Schwarzfischer plädierte für eine Entfernung der Platte. „Das würde etwas Dampf aus der ganzen Debatte nehmen.“ Ähnlich äußerte sich auch Altoberbürgermeisterin Christa Meier, die lediglich einschränkte, dass das auch später passieren könne.
„Wenn’s nach mir geht, bleibt die Platte. Der Text darauf ist ja nicht falsch, sondern nur belanglos.“
Joachim Wolbergs im Juli 2013
Doch der Bürgermeister ließ sich auf keine Kompromisse ein, wurde kurz laut und hatte stellenweise durchaus Probleme, die Fassung zu bewahren. „Wenn’s nach mir geht, bleibt die Platte.“ Der Text darauf sei ja „nicht falsch, sondern nur belanglos“. Und gerade „wir Sozialdemokraten müssen uns da von Ihnen gar nichts erklären lassen“, so Wolbergs in Richtung Huber.
„Der bessere Gedenker“
Allerdings, das sage er insbesondere an die Mitglieder der Koalition gerichtet, könne jeder in diesem Punkt so abstimmen, wie er wolle. Wie man sich da entscheide, sage nichts darüber aus, wer „der bessere Gedenker“ sei.
Das Colosseum in Stadtamhof: Die Gutachter wollen weg von der Fixierung auf das Gebäude. Foto: Archiv/ Mirwald
Erst auf Nachfrage von Kerstin Radler (Freie Wähler) nahmen auch die Gutachter zur Frage der Bodenplatte Stellung. Für das Gesamtkonzept sei diese Platte ohne Belang, so Ulrich Fritz. „Die ist uns momentan völlig wurscht“, erklärte gar Jörg Skribeleit. Allerdings habe man an dem Gutachten nichts zurückzunehmen. Und darin wird dezidiert eine Entfernung der Platte angemahnt. „Diese Meinung hat sich nicht geändert“, so Fritz.
Schweigen von Unger und der CSU
Erstaunlich: Während der gesamten Debatte meldete sich Kulturreferent Klemens Unger, derdie letzten Jahre federführend mit der Causa Colosseum betraut war, kein einziges mal zu Wort. Von Seiten der CSU gab es binnen zwei Stunden nur eine Wortmeldung von Erich Tahedl, der sich für den „hervorragenden Vorschlag“ der Verwaltung bedankte und an der Platte nichts auszusetzen hatte. Dann warteten er und seine Fraktionskollegen geduldig schweigend darauf, endlich abstimmen zu dürfen.
Hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beschlusses: Irmgard Freihoffer. Foto: Archiv
Ein Antrag von Irmgard Freihoffer (Linke), den Beschluss bis zur nächsten Sitzung zu vertagen, wurde von den übrigen Mitgliedern des Kulturausschusses abgelehnt, der Auftrag an die Gutachter gegen ihre Stimme auf den Weg gebracht. Die Stadträtin hatte moniert, dass Wolbergs diesen Vorschlag zu kurzfristig eingebracht habe und zweifelt zudem die Rechtmäßigkeit des Beschlusses an.
Machten die Debatte um das Colosseum zur Farce und halten sich jetzt einfach raus: Kulturreferent Klemens Unger und Oberbürgermeister Hans Schaidinger. Foto: Archiv
Wolbergs stimmt gegen eigene Fraktion
Bei der Abstimmung um die Entfernung der Bodenplatte gab es schließlich ein Patt von sieben zu sieben Stimmen, damit gilt der Antrag als abgelehnt und die Platte bleibt fürs erste dort, wo sie ist. Gegen die Entfernung stimmten die CSU, Dr. Jürgen Pätz (FDP) und Joachim Wolbergs. Damit votierte Wolbergs auch gegen seine eigene Fraktion, die zusammen mit Grünen, Linken, ödp und Freien Wählern die Platte entfernen lassen wollten. Eine SPD-Stadträtin nimmt Wolbergs zwar nach der Sitzung in Schutz: „Das wollte er doch gar nicht, aber er muss als Stellvertreter des Oberbürgermeisters die Position der Verwaltung vertreten.“ Aber man kann es sich schon schwer machen.
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