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CSU, SPD und die Realitätswahrnehmung

Entlarvender Streit um Brücken und Stege

Eine Brücke? Oder ein Steg? Wer ist dafür? Wer ist dagegen? Und wer war schon immer dafür oder dagegen oder nicht? Wie SPD und CSU sich die Realität schönreden.
Über den Grieser Steg geht, fährt und radelt mancher. Die von Schaidinger ins Spiel gebrachte Ersatzvariante hat einen entlarvenden Streit in der Koalition entfacht. Foto: Archiv

Über den Grieser Steg geht, fährt und radelt mancher. Die von Schaidinger ins Spiel gebrachte Ersatzvariante hat einen entlarvenden Streit in der Koalition entfacht. Foto: Archiv

Es ist ein kleines Lehrstück dafür, wie vergesslich Stadträte sein können und auch dafür, wie sich Parteien manchmal die Realität zurecht biegen. Der kürzlich entfachte Streit der Rathaus-Koalition um den Grieser Steg beziehungsweise eine Grieser Brücke beziehungsweise einen Fahrradsteg beziehungsweise eine Osttrasse – irgendein bestehendes, noch oder auch nie entstehendes Bauwerk, das über den Gries oder am Gries vorbei gehen könnte/ soll/ nicht soll oder schon da ist. Wie man vielleicht schon jetzt bemerkt – das Thema ist offen für Verirrungen und Verwirrungen, die bei manchen unabsichtlich entstehen und die andere wiederum bewusst zu verursachen scheinen.

Schaidinger: Grieser Steg ersetzen

Am Anfang stand – wie bei Flussquerungen allgemein üblich – das Wasser, genauer gesagt: das Hochwasser. Kurz nachdem jenes sich verzogen hatte, vermeldete Oberbürgermeister Hans Schaidinger via Mittelbayerische Zeitung, dass der Grieser Steg nicht tauglich für ein hundertjährliches Hochwasser sei und über kurz oder lang ersetzt werden müsse.
Während des Hochwassers musste der Grieser Steg kurzzeitig gesperrt werden. Foto: Archiv/ as

Während des Hochwassers musste der Grieser Steg kurzzeitig gesperrt werden. Foto: Archiv/ as

„Es könnte sich ja auch anbieten, einen neuen Steg etwas weiter östlich anzulegen, vom Weichser Neubaugebiet über den Spitz zur Südseite der Donau, weil ihn dort viel mehr Menschen nutzen würden“, so der Oberbürgermeister zur MZ.

Freudenstein: „Ich bin gegen eine Brücke und gegen einen Steg!“

Das sorgte für Unruhe am Gries und das rief denn auch – einen knappen Monat später – Schaidingers Parteifreundin, Stadträtin Dr. Astrid Freudenstein auf den Plan. Die ist Anwohnerin am Oberen Wöhrd und in dieser Eigenschaft – ganz im Gegensatz zu ihrer CSU-Fraktion im Speziellen und der großen Koalition im Allgemeinen – gegen jedwede Busbrücke – sei es nun die Osttrasse über den Grieser Spitz oder die derzeit favorisierte Westtrasse zum Schopperplatz.
Astrid Freudenstein (CSU): Privat schon immer gegen eine Brücke. Foto: Archiv

Astrid Freudenstein (CSU): Privat schon immer gegen eine Brücke. Foto: Archiv

Und so verschickte sie unter der Überschrift „Finger weg vom Grieser Spitz“ eine gepfefferte Pressemitteilung. „Der Grieser Spitz ist ein besonderer Ort, der nicht verbaut werden darf – weder mit Busbrücken noch mit Fahrradstegen“, so Freudenstein wörtlich.

Hartl: Wir waren schon immer gegen eine Brücke, für einen Steg und die Freudenstein ist doof!

Diese Lücke rief nun SPD-Fraktionschef Norbert Hartl auf den Plan, allgemein bekannt als Kenner jedweder Stadtratsvorlage – und liege sie auch noch so viele Jahre zurück. Und so erinnerte er Freudenstein daran, dass sie selbst an dem einstimmigen Stadtratsbeschluss vor gut einem Jahr beteiligt war, bei dem ein Fahrradsteg über den Grieser Steg bis nach Weichs ausdrücklich beschlossen wurde. „Offenbar kann sich das CSU-Stadtratsmitglied Freudenstein an nichts mehr erinnern, was erst vor kurzer Zeit war“, meint Hartl da süffisant.
Beschlossen im April 2012: Der Plan für einen Fahrradsteg über den Grieser Spitz nach Weichs.

Beschlossen im April 2012: Der Plan für einen Fahrradsteg über den Grieser Spitz nach Weichs.

Und – offenbar selbst von Erinnerungslücken geplagt – erklärt der SPD-Fraktionschef: „Die SPD lehnt eine Osttrasse für Busse durch die Grünflächen vom Grieser Spitz bis zur Kanalbrücke (…) immer schon ab.“

Schlegl: Ich war schon immer gegen eine Brücke, für einen Steg und die SPD ist doof.

Dies wiederum ließ auch CSU-Fraktionschef Christian Schlegl eine Pressemitteilung schreiben. Es sei die SPD gewesen, die hier Brücke und Fahrradsteg durcheinander werfe, wohl in der Hoffnung, „die CSU auszuspielen“. Doch dieser Versuch gehe völlig ins Leere, weil nämlich die CSU – offenbar also auch Freudenstein – ja absolut für diesen Fahrradsteg sei. Und außerdem brauche die SPD beim Thema Osttrasse – nicht ein Steg, sondern eine Brücke – gar nicht so blöd daherreden, weil die ja schon oft genug die Meinung gewechselt habe und mal für, mal gegen solche Brücke gewesen sei. Gemeinerweise hat Schlegl dazu noch eine alte Postkarte gefunden, in der dem OB-Kandidaten der SPD, Joachim Wolbergs, ein gebrochenes Wahlversprechen unter die Nase gerieben wurde, nämlich, dass es mit ihm „eine Grieser Brücke unter gar keinen Umständen geben“ werde.
Postkarte von Stadtrat Hubert Lankes aka "Kulturreverrat Regensburg", von Christian Schlegl ohne Quellenverweis als "satirische Postkarte" an die Medien verschickt.

Postkarte von Stadtrat Hubert Lankes aka “Kulturreverrat Regensburg”, von Christian Schlegl ohne Quellenverweis als “satirische Postkarte” an die Medien verschickt.

Tatsächlich hatte Wolbergs – nach der letzten Kommunalwahl – weiteren Planungen und Prüfungen für eine Grieser Brücke zugestimmt – gemeinsam mit der SPD-Fraktion, die diese Brücke doch „immer schon abgelehnt“ hatte und der CSU, deren Fraktionschef heute stolz behauptet: „Ich hingegen habe ich mich als CSU-Fraktionsvorsitzender nach Vorliegen der Ergebnisse des Gutachtens in den letzten Jahren nachweislich immer wieder klar und eindeutig geäußert, dass eine Osttrasse für den Bus für mich erledigt ist.“

Freudenstein: „Ich war noch nie gegen den einen Fahrradsteg, aber gegen den anderen Fahrradsteg“

Schlegls Parteifreundin Freudenstein, die ja „weder Busbrücken noch Fahrradstege“ über den Grieser Spitz haben will, erklärte kurz darauf gegenüber der MZ, dass sie noch nie und gar nie nicht gegen einen Fahrradsteg über den Grieser Spitz nach Weichs gewesen sei. „Auf den warten wir ja.“ Allerdings scheint sie Oberbürgermeister Hans Schaidinger – was planerische Perversionen anbelangt – Einiges zuzutrauen. Sie wende sich – aufgepasst – gegen einen zusätzlichen Fahrradsteg anstelle des Grieser Stegs über den Grieser Spitz nach Weichs, der dann – folgt man Freudensteins Befürchtung – unmittelbar neben dem „völlig unbestrittenem“ und dem gleichen Zweck dienendem Fahrradsteg über den Grieser Spitz bis nach Weichs verlaufen könnte.

Norbert Hartl: „Koalitionsräson“

Norbert Hartl bescheinigte Freudenstein – in einer weiteren Pressemitteilung – daraufhin „olympiareife Leistungen im Zurückrudern“, nur um selbst ebenfalls mit beachtlicher Geschwindigkeit zu rudern und zu erklären, dass die SPD, die ja schon immer gegen eine Brücke über den Gries gewesen sei, nach der Wahl nur „aus Koalitionsräson“ weiteren Planungen für eine Brücke über den Gries zugestimmt habe.
Zusammen keine Streitentzugserscheinungen: Norbert Hartl und Christian Schlegl.

Zusammen keine Streitentzugserscheinungen: Norbert Hartl und Christian Schlegl.

Außerdem brauche der Schlegl gar nicht so blöd daherreden, nur weil er wegen der zwangsweisen Befriedung seiner Partei unter „Streitentzugserscheinungen“ leide. Schließlich habe er bis 2010 ebenso den weiteren Planungen für eine Osttrasse zugestimmt wie seine Parteifreundin Freudenstein.

SPD und CSU: Wir haben noch nie unsere Meinung geändert, außer…

Wir fassen also zusammen: Die SPD, insbesondere Joachim Wolbergs, hat sich vor der Kommunalwahl 2008 eindeutig gegen eine Grieser Brücke ausgesprochen. Die CSU war schon immer für eine solche Variante. SPD und CSU haben unmittelbar nach der Kommunalwahl weiteren Planungen für eine Ersatztrasse über den Grieser Spitz zugestimmt. Die Koalitionsvereinbarung von 2008 enthält keinerlei verbindliche Aussagen dazu. Astrid Freudenstein hat sich zwar öffentlich immer gegen jedwede Brückenpläne ausgesprochen, aber an den entsprechenden Abstimmungen entweder nicht teilgenommen oder aus Fraktionsdisziplin mit dem Rest der CSU gestimmt. Erst nachdem – ohne Zutun von SPD oder CSU – ein internes Gutachten öffentlich wurde, das erhebliche Bedenken in punkto Artenschutz enthielt, begann sich der Wind zu drehen. Es brauchte aber weitere Gutachten, um diese Pläne endgültig ad acta zu legen. Oder wenigstens derzeit. P.S.: Der Fahrradsteg hat damit nichts zu tun. Zumindest der eine…
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