Ein Krankenhaus wird katholisch gemacht
Das Ende des Evangelischen Krankenhauses und der Neubau bei den Barmherzigen ist allenfalls ein betriebswirtschaftlicher Gewinn.
Politisch und von den Betreibern wird es als zukunftsweisender Schritt gewertet: 2017 wird das „Evangelische Krankenhaus“ schließen und als „Zentrum für Altersmedizin“ bei den Barmherzigen Brüdern neu gebaut. Investitionsvolumen: Rund 30 Millionen Euro. Das bedeutet nicht nur das Aus für das einzige Krankenhaus in kommunaler Trägerschaft (Betreiber war die Stadt Regensburg). Nicht nur das Aus für das einzige Krankenhaus in der Altstadt. Es ist auch ein Schlag für alle Beschäftigten im Krankenhaus-Bereich, die konfessionsfrei sind oder sich – Konfession hin, Konfession her – nicht den Lebensvorschriften der katholischen Kirche unterwerfen wollen.
Barmherzige schlucken konfessionsfreies Krankenhaus
De facto schlucken die Barmherzigen Brüder das Evangelische Krankenhaus. Für den Neubau wird eine gemeinnützige GmbH gegründet, an der die (städtische) „Evangelische Wohltätigkeitsstiftung“ mit 20, der katholische Orden mit 80 Prozent beteiligt sein wird. Der Spatenstich ist für 2015 geplant. Doch bereits ab dem kommenden Jahr wird das Evangelische Krankenhaus unter Regie der Barmherzigen laufen. Und auch wenn Oberbürgermeister Hans Schaidinger betonte, dass sich für die knapp 220 Mitarbeiter dort nichts ändern soll, diese würden „mit allen bisherigen Rechten und Pflichten“ übernommen, gilt zumindest für alle Neueingestellten das kirchliche Arbeitsrecht.
Es gilt das kirchliche Arbeitsrecht
Neben einem weitgehendem Streikverbot bedeutet dies unter anderem eine, wie es so schön heißt, eine „Beachtung der Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre“. Kündigungsgründe können demnach sexuelle Orientierung oder nochmalige Heirat nach einer Scheidung sein. Der Geschäftsführer der Barmherzigen Brüder betonte laut Mittelbayerischer Zeitung zwar, dass es „diesbezüglich keinen Automatismus“ gebe, man gegebenenfalls auch anders entscheiden könnte. Das ist allerdings – auch wenn es so klingen mag – kein Zugeständnis, sondern Reaktion auf die gängige Rechtsprechung. Nicht immer bekommen katholische Einrichtungen in solchen Fällen recht. 2011 etwa bejahte das Bundesarbeitsgericht zwar das grundsätzliche Recht katholischer Einrichtungen, Mitarbeiter wegen solcher „Loyalitätsverstöße“ zu entlassen, hob die verhandelte Kündigung eines Chefarztes aber aus „sozialen Gründen“ auf.
Defizit spielte in der Vergangenheit keine Rolle
Sicherlich: Das Evangelische Krankenhaus fuhr alljährlich ein strukturell bedingtes Defizit ein. Zuletzt 1,5 Millionen Euro. Ein Problem war dies allerdings nie. Oberbürgermeister Hans Schaidinger hatte dies in der Vergangenheit stets verteidigt, auch mit dem Hinweis, dass die Evangelische Wohltätigkeitsstiftung, die dieses Defizit deckt, mit fast 70 Millionen Euro gut ausgestattet sei. Weil nun eine Sanierung des Klinikgebäudes in der Altstadt anstünde, hat man aber schließlich aufgegeben. Auch wenn es für die Sanierung ebensolche Zuschüsse wie für den Neubau gegeben hätte (11,4 Millionen Euroo) begab man sich stattdessen unter die Fittiche der Barmherzigen Brüder.
Ein Verlust für Beschäftigte und Patienten
Ein Gewinn ist der Zusammenschluss allenfalls betriebswirtschaftlich. Ansonsten ist es ein Verlust in vielfacher Hinsicht. Das letzte kommunale Krankenhaus wird geschluckt, die Mitarbeiter werden den Moral- und Sexualvorstellungen des katholischen Trägers unterworfen. Und nicht nur diese: Mit Blick auf die „Pille danach“ etwa haben die katholischen Krankenhäuser in Regensburg zwar nach langem Weigern eingelenkt – es gibt sie gnädigerweise für Vergewaltigungsopfer. Für alle anderen Frauen fällt mit dem Evangelischen Krankenhaus aber die letzte Anlaufstation weg, wo man außerhalb der Öffnungszeiten der KVB-Bereitschaftspraxis und abseits kirchlicher Ideologie an dieses Medikament kommen konnte. Ein Rückschritt. Mit Vollgas in die Vergangenheit.