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Kritik: The Rake's Progress

Highway to Hell

Jeder, der in der Schule Faust gelesen hat, kennt die Story vom Wüstling: Junger ehrgeiziger Mann fällt dem Teufel in die Hände, der ihn erst verdirbt, mit ihm um seine Seele spielt, um ihn dann mit Wahnsinn zu schlagen. Wenn’s denn mal so einfach wäre. Premiere der Oper „The Rake’s Progress“ am Sonntag am Theater Regensburg (Fotos: Martin Sigmund). Rake1Der Dichter W.H. Auden, der das Libretto für „The Rakes Progress“ schrieb, hatte klare Vorstellungen von der Welt: Die Frauen sind Randgabe – sie dürfen entweder rumstehen und sinnentleerte Liebesliedchen trällern (Theodora Varga als Anne Trulove, die sich redlich abmühte, der Rolle zumindest etwas Relevanz abzugewinnen), oder sie werden als „Freakshow-Sensation“ angekündigt – exotisch, seltsam, weil grundsätzlich unabhängig (Vera Egorova spielstark als Baba). Der eigentliche Kern der Geschichte nimmt die seltsame Bromance zwischen einem naiven Mann (Brenden Gunnell grundsympathisch als Tom Rakewell) und seinem persönlichen Mephisto (Adam Kruzel etwas steif als Nick Shadow) ein. Tom, der keinen eigenstädigen moralischen Kompass besitzt, wird nur zu leicht von seinem Anti-Gewissen und Schatten Nick zu Sex und Party in der großen Stadt verführt. An einer Stelle grölen und singen sie so inbrunstvoll schief, dass sie der Wochenends-Landjugend in der Obermünsterstraße harte Konkurrenz machen. Nick stiftet Tom zu der Überlegung an, ob er eine Frau heiraten sollte, die er nicht liebt und die er ziemlich schrecklich findet; Tom denkt nicht zweimal an Anne, der er sich eigentlich versprochen hat und die ihm im Folgenden brav durch das ganze Stück hinterherhechelt, sondern findet grundsätzlich alle dämlichen Ideen von Nick total super. Rake3Zwischendurch erfindet Tom dann noch eine Maschine, die aus Steinen Brot machen soll und die natürlich ein totaler Flop ist. In seiner unglücklichen weil lieblosen Ehe, finanziell und gesellschaftlich ruiniert und offenbar auf dem Highway in die Hölle möchte er dann doch am liebsten wieder alles auf Anfang stellen – da ist es dann natürlich zu spät dafür. Anne ist sich bis ziemlich ans Ende nicht zu schade, an Tom und seine innere Güte zu glauben. Erst als Tom längst wahnsinnig im Irrenhaus sitzt, beendet sie recht abrupt ihre Zuneigung und lässt ihn wortwörtlich fallen. Im 20. Jahrhundert kann man sich also nicht mal mehr drauf verlassen, dass die Frau, die einen blind vergöttert, dann auch pflichtschuldigst pflegt wenn man nach einem halben Leben voller Party und Sünde dann endlich bereit ist, sich auf das monotone Landleben, wenn auch völlig entrückt, einzulassen. Früher war die Literaturwelt noch in Ordnung: pflichtbewusste Frauen, abenteuerlustige Lebemänner, klare Kante. Und heute? Pff, moderne Zeiten. Schön, dass Strawinsky und Auden trotz 50er Jahre Mief und häuslichem Idyll in der Gesellschaft zur Opernentstehungszeit hier zumindest randständig die Emanzipation vorzeichnen. Wenn man nicht aus dem Programmheft wüsste, dass die Oper in 1949 entstanden ist und wenn man kein Opern-Auskenner ist, man würde die Entstehungszeit nicht erraten, was auch der anachronistischen Inszenierung geschuldet ist. Erstens hat Strawinsky ein Cembalo eingebaut und Rezitative zwischen den Arien und Duetten, das klingt trotz des nicht sehr harmonischen Rests Jahrhunderte weit weg. Und als wäre das noch nicht oldschool genug, ist das Bühnenbild (sehr markant monochrom: Claudia Doderer) stark an den Expressionismus angelehnt, mit den Häuserfluchten und den starken Linien. So richtig will man diese Oper also nicht einordnen, aber so richtig zeitlos ist sie dann auch nicht. rake4Operndebütant Perrig inszeniert diese Oper in der konsequenten Anachronistik dann auch so, wie man Opern vor der Erfindung des elektrischen Lichtes gedacht hat: sehr statisch. Während die Jungs und Baba noch ein bisschen Bewegungsfreiheit haben, dürfen Anne und ihr Vater vor allem rumstehen: sie schmachtend, er mahnend. Immerhin: Auf den von Moral triefenden Epilog wurde zumindest in der Untertitelung verzichtet, so dass der letzte Merksatz im allgemeinen Gesinge unterging: „For idle hands and hearts and minds the devil finds a work to do.“ Klingt nach letztem Jahrhundert und ist so gar nicht mehr zeitgemäß. Wer nix zu tun hat, soll in die Oper gehen. The Rake’s Progress (Der Wüstling). Oper in drei Akten von Igor Strawinsky, Libretto von W. H. Auden. Regie: Elias Perrig. Mit: Mario Klein, Theodora Varga, Brenden Gunnell, Adam Kruzel, Vera Egorova, Vera Semieniuk, Cameron Becker, Mert Öztaner
Geistheiler in Lederhosen

Nikolaus und das weinende Mädchen

Normalerweise bringt Nikolaus die Kinder zum Strahlen. Für den üblen Teil hat er den Krampus. Doch bei dem Geistheiler Nikolaus fängt eine 12jährige an, vor 60 Leuten zu weinen. Trotzdem finden das alle irgendwie gut oder zumindest tolerabel, denn niemand unterbricht die “Heildemonstration”. Stattdessen halten fünf Erwachsene Menschen mit chronischen Schmerzen Alu-Bällchen in der Hand und an die 60 Leute lauschen gespannt, wie man rausfindet, dass ein Arm auf den anderen eifersüchtig ist, oder sehen fasziniert zu, wie sich Beine in Sekundenschnelle um mehrere Zentimeter verlängern. Geistheiler Nikolaus im Kolpinghaus – ein Erlebnisbericht.

Stellungnahme

Rabiate Festnahme: Polizei will Vorwürfe „umfassend prüfen“

Die Polizei hat ihr Vorgehen bei der Räumung der Anti-NPD-Blockade am vergangenen Donnerstag verteidigt. Die rabiate Festnahme eines jungen Mannes, die unsere Redaktion auf Video dokumentiert hat, soll gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft „umfassend geprüft“ werden. Wir dokumentieren die schriftlichen Antworten des Polizeipräsidiums auf unseren Fragenkatalog.

Räumung der NPD-Blockade

Einsatzstrategie: Eskalation der Gewalt (Video)

Warum brechen Polizisten jemandem die Rippen, gegen den sie nicht einmal Anzeige erstatten, geschweige denn seine Personalien aufnehmen? Die Gewalt bei der Räumung der Blockade gegen den NPD-Truck am Donnerstag war nicht nur sinnlos, sie wurde von der Einsatzleitung billigend in Kauf genommen – auch auf Kosten ihrer eigenen Beamten.

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