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Regensburg SeniorenStift: SPD lehnt Antrag auf Tarifbezahlung ab

Koalitionstreue bis zum letzten Tag

„Was die Bundes-SPD kann, können wir schon lange“, denkt man sich bei den Regensburger Sozialdemokraten wohl und lässt Linken-Stadtrat Richard Spieß mit seiner Forderung nach Tariflohn für die Angestellten in der Regensburg SeniorenStift gGmbh  (RSG) kurzerhand abblitzen. War das nur ein Wahlkampfmanöver? Eins ist jedenfalls klar: Sobald der erste Politiker bestreitet, sich im Wahlkampf zu befinden, befinden wir uns mittendrin.

Der “Saure Gockel” (alte Ansicht) gehört zu den Einrichtungen der Regensburg SeniorenStift gGmbh.

Ein klein bisschen Bundestag im Regensburger Stadtrat: Die Linke formuliert einen Antrag zu einem Thema, das sich die SPD selbst auf die Fahnen geschrieben hat, lässt darüber abstimmen und kassiert die Ablehnung der Sozialdemokraten. Was damit bewiesen ist? Vielleicht, dass die SPD die Linke einfach nur kategorisch ablehnt, ohne den Inhalt zu berücksichtigen. Mindestens aber, dass Politik oft mehr Taktik als Substanz ist. So geschehen bei der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Beteiligungen am Donnerstag. Ein Antrag von den Linken-Stadträten Richard Spieß und Irmgard Freihoffer macht die untertarifliche Bezahlung von Mitarbeitern der RSG zum Thema. Sie forderten, dass die RSG der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände beitritt und ihre Mitarbeiter nach dem Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes entlohnt werden.

Tarifbindung “größter Preistreiber”

Die RSG, ein städtisches Tochterunternehmen, betreibt das Bürgerheim Kumpfmühl („Saurer Gockel“)das Pflegeheim Georg Hegenauer und das Bürgerstift St. Michael. Aktuell bekommen die Mitarbeiter der RSG – Pflegekräfte und Hilfskräfte – einen Haustarif, der unter dem liegt, was der TVÖD ihnen bieten würde. Nur ältere Mitarbeiter werden noch nach TVÖD bezahlt. Anlass für den Antrag ist der Lagebericht und Jahresabschluss der RSG 2012, der im Mai dem Stadtrat vorgelegt wurde. Dort heißt es unter dem Punkt „Risiken der zukünftigen Geschäftstätigkeit“: „Die Tarifbindung stellt sich in den Einrichtungen weiterhin als größter Kostentreiber im Personalbereich dar. Auch wenn tarifgebundene MitarbeiterInnen nach dem TVÖD durch MitarbeiterInnen des Haustarifes ersetzt werden, ist kaum ein durchbrechender Erfolg zu sehen.“ Das könne erst kompensiert werden, wenn ältere Mitarbeiter in den Ruhestand gehen.

Haustarif trotz Personalmangel

In einem vorangehenden Abschnitt wird erfreut auf die stabile Finanzlage der RSG hingewiesen, im „Ausblick“ befürchtet man gar, „dass es derzeit fast unmöglich ist, geeignetes Personal zu finden“, weil die Lage „auf dem Fachkräftemarkt in der Altenhilfe sehr angespannt“ ist. Was liegt da also näher, als dass das tarifentlohnte Personal durch „MitarbeiterInnen des Haustarifes ersetzt“ wird? Die Linken-Stadträte verweisen in ihrem Antrag auf eine Stadtratsdebatte vom 4. Juli, in der „durch alle Parteigruppierungen“  Einigkeit bestanden hätte, dem Pflegepersonal eine bessere Bezahlung zuzugestehen.

167.000 Euro Mehrkosten für Tarif

Warum also nicht heute damit anfangen? Schließlich hat die SPD mehrfach angekündigt, diesen Umstand ändern zu wollen. Und der Stadt geht es finanziell gut, das hat Wirtschafts- und Finanzreferent Dieter Daminger in ebendieser Sitzung einmal mehr erläutert, als der das kommende Investitionsprogramm vorstellte. Da dürfte die Summe für die Gehaltssteigerung kaum ins Gewicht fallen. Das mein jedenfalls Richard Spieß. Laut Oberbürgermeister Hans Schaidinger würde eine Bezahlung der Pflege- und Pflegehilfskräfte nach TVÖD monatlich über 10.000 Euro (jährlich 167.000 Euro) mehr kosten als die jetzige Bezahlung nach Haustarif.

TVÖD kommt, “sobald die SPD die Verantwortung trägt…”

Inhaltlich hat die SPD dem Antrag auch nichts entgegenzusetzen. Aber: der Koalitionsvertrag. Mal wieder. SPD-Stadtrat Thomas Burger erklärt, die SPD habe 2008 eine Vereinbarung mit der CSU getroffen und daran werde man sich halten – auch wenn der SPD der TVÖD für die RSG-Mitarbeiter wäre. Dass dieser Entschluss für die Regensburger Sozialdemokraten offenbar sehr schmerzensreich war, hat SPD-Fraktionsvorsitzender Norbert Hartl tags zuvor schon auf telefonische Nachfrage erzählt. Aber man hätte die Koalitionsverhandlungen nicht an diesem einen Punkt scheitern lassen wollen. Und immerhin habe man – so erklärten Burger und Hartl beide – Verbesserungen innerhalb des Haustarifs durchgesetzt. „Und sobald die SPD in dieser Stadt die Verantwortung trägt und Joachim Wolbergs Oberbürgermeister werden sollte“, so Hartl, werde man „alles daran setzen“, den TVÖD für die RSG einzuführen und in den Arbeitgeberverband eintreten.

Koalitionsvertrag gilt weiterhin

Doch die Koalitionsvereinbarung mit der CSU jetzt – fünf Monate vor der Wahl – schon zu brechen, kommt für die SPD nicht in Frage. Burger wirft Spieß Wahlkampftaktik vor. Und darauf lasse sich die SPD nicht ein. Hartl: “Die glauben doch wohl nicht, die SPD fünf Monate vor der Wahl vorführen zu können?” Und so wurde der Antrag abgelehnt. Für den Antrag stimmten die Linke, die Grünen, der demnächst fraktionslose Eberhard Dünninger und die FDP. Die FDP? Ja. Denn: Man sei zwar gegen den Bau des „Sauren Gockels“ gewesen, aber wenn die Stadt diese Einrichtung schon betreibt, dann wenigstens in aller Konsequenz, so Horst Meierhofer.

Spieß: SPD instrumentalisiert RSG-Mitarbeiter für Wahlkampf

Hartl hatte sich am Tag davor noch darüber beschwert, dass sich außer der SPD niemand um das Thema gekümmert habe. Allein den Zeitpunkt sieht er schon als Indiz dafür, dass die Linke mit dem Thema nur Wahlkampf machen wolle. Spieß bestreitet indes, dass der Antrag wahlkämpferisch motiviert sei. Im Gegenteil: Die SPD sei es, die mit dem Thema auf Stimmenfang gehe: Sie würde den RSG-Mitarbeiter ihren Wahlkampf aufzwingen: Wenn Ihr SPD wählt, kümmern wir uns darum, dass es Euch besser geht – das sei die Aussage, die von Burgers Äußerungen ausgehe. Wer nun mit dem Wahlkampf angefangen hat oder sich noch lange nicht damit beschäftigt, wurde in der Sitzung nicht geklärt. Man darf allerdings davon ausgehen, dass das Hauen und Stechen um die Plätze im nächsten Stadtrat spätestens jetzt begonnen hat. Im Wahlkampf ist es nämlich immer ein bisschen wie im Wirtshaus: Wer abstreitet, einen im Tee zu haben, ist für gewöhnlich schon ganz vorn dabei.
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