„Mieter-Pranger“: Lenkt die Stadtbau ein?
Muss jetzt ein Gericht klären, ob das fragwürdige Vorgehen der Stadtbau gegen ein Mieter-Ehepaar rechtens ist? Es gibt ein Rechtsanwaltsschreiben an Stadtbau-Chef Becker. Auch im Aufsichtsrat rumort es.
„Der renitente Mieter Dr. Steinbauer besteht mit seinem Mentor Kurt S. auf eine juristische Auseinandersetzung und strapaziert schon längst nicht nur die Nerven seiner Nachbarn, der Stadtbau, sondern zwischenzeitlich auch der Gerichte.“
Das steht auf einer Internetseite der Stadtbau GmbH über ein Mieter-Ehepaar, mit dem sich die städtische Wohnbaugesellschaft im Rechtsstreit befindet. Daneben werden die Steinbauers mit angeblich „lebensgefährlicher Sabotage“ an den Elektroanlagen in Verbindung gebracht, wegen der die städtische Tochter übrigens bis heute keine Polizei eingeschaltet hat („Dafür wäre der Elektriker zuständig gewesen“, so die wenig schlüssige Begründung von Stadtbau-Chef Joachim Becker.).
Ein solches Vorgehen hält, wie berichtet, nicht nur Oberbürgermeister Hans Schaidinger, sondern auch dessen Wunschnachfolger Christian Schlegl (CSU) für völlig richtig. „Das gehört auch mal ausgesprochen. Das denken sich doch viele. Nur sagen traut es sich keiner“, so der OB unter Schleglschem Beifall.
Rechtsanwalt fordert: Weg mit der Seite
Doch nun müssen sich die Gerichte möglicherweise nicht nur mit der vollmundig angekündigten (aber bislang noch nicht begründeten) Räumungsklage der Stadtbau gegen die Steinbauers beschäftigen, sondern auch mit besagter Seite. Der Rechtsanwalt der Steinbauers, Wolfgang Hofmann, hat Stadtbau-Chef Becker schriftlich aufgefordert, diese bis zum Dienstag zu entfernen.
Der, Becker, gibt sich recht gelassen. Rechtlich habe dieses Schreiben „keinerlei Substanz“, sagt er uns am Telefon. „Wir veröffentlichen öfter Zeitungsartikel, um die Öffentlichkeit zu informieren.“ Und hin und wieder, fügt Becker etwas süffisant hinzu, gebe es dazu eben einen „einleitenden Kommentar“. Beschweren bräuchten sich die Steinbauers da nicht. Schließlich seien sie ja als erste an die Öffentlichkeit gegangen und hätten ihn kritisiert.
Becker will „keinen Nebenkriegsschauplatz“
Er prüfe aber nun doch Änderungen an der Seite. Schließlich wolle man „keinen Nebenkriegsschauplatz“ aufmachen. „Man wird sehen“, meint Becker.
Das Aus für die Pranger-Seite dürfte im Sinn der Stadtbau-Aufsichtsräte sein, mit denen wir am Montag gesprochen haben (Haritun Sarik und Erich Tahedl, beide CSU, waren telefonisch nicht zu erreichen. Die Haltung des Aufsichtsratsvorsitzenden Schaidinger ist bekannt.). Denn auch wenn sich manche nicht äußern wollen – erfreut scheint niemand über diese neuerliche Eskalation zu sein.
Hans Holler: „Mieter nicht an den Pranger stellen“
„Egal wie man den Mietstreit ansonsten beurteilt: Ein städtisches Unternehmen kann Menschen nicht derart an den Pranger stellen“, sagt etwa Stadtrat Hans Holler (SPD), der das Thema bereits vergangene Woche im Planungsausschuss angesprochen hatte. „Das sollte die Stadtbau nicht nötig haben.“
Sein Fraktionskollege Norbert Hartl, der Becker in der Vergangenheit schon mehrfach kritisiert hat, will sich zu diesem konkreten Fall nicht öffentlich äußern, sagt aber: „Sie können sicher sein, dass ich als Aufsichtsrat das unternommen habe, was zu unternehmen ist.“
Noch verhaltener reagieren Helgit Kadlez und Astrid Freudenstein (beide CSU). Doch während Freudenstein sich dazu überhaupt nicht äußern will („schwebendes Verfahren“), merkt Kadlez zumindest an: „Man sollte darüber nachdenken, ob eine weitere Zuspitzung dieses Streits etwas bringt.“ Das Ganze müsse jetzt schon nochmal besprochen werden, „aber nicht öffentlich“.
„Eine Wertung bleibt jedem selbst überlassen“, meint Günther Riepl, für die Freien Wähler im Aufsichtsrat. Er selbst, sagt er, könne allerdings „keine Diffamierung“ erkennen. „Die Mittelbayerische Zeitung berichtet doch ähnlich.“
Hörbar sauer ist dagegen Margit Kunc (Grüne). „Ein solches Vorgehen ist schon allerhand. Das hätte ich von Herrn Becker nicht erwartet.“ Dass die Stadtbau ihre Interessen als Vermieter vertrete, könne man ihr nicht anlasten. „Aber ein Geschäftsführer sollte in der Lage sein, Probleme mit Mietern sachlich zu klären.“ Wer bei der beabsichtigten Räumung der Steinbauers vor Gericht recht bekomme, werde sich herausstellen. „Da muss man den Clinch nicht derart in die Öffentlichkeit tragen. So kommt die Stadtbau nie aus den Schlagzeilen.“