SOZIALES SCHAUFENSTER

Entdecke Veranstaltungen in Regensburg Alle Kultur Oekologie Soziales Kino
„Der blanke Hohn“

Umstrittene Ehren für Unternehmer

Bei der Gewerkschaft schüttelt man den Kopf. Die Stadträte der Linken nennen es „blanken Hohn“. Am Samstag erhält der Reinigungsunternehmer Karlheinz Götz die Runtinger-Medaille der Stadt Regensburg. Sein Sohn, der mittlerweile das Unternehmen führt, weist die Kritik zurück.
Eine Branche, in der es wenig zimperlich zugeht: das Reinigungsgewerbe. Foto: Wikipedia (GNU-Lizenz)

Eine Branche, in der es wenig zimperlich zugeht: das Reinigungsgewerbe. Foto: Wikipedia (GNU-Lizenz)

Er war einer der erfolgreichsten Unternehmer im Regensburg des 14. Jahrhunderts: Matthäus Runtinger. Und weil er, wie es in einem offiziellen Informationsblatt der Stadt heißt, „viel Bedeutendes“ zu deren Wohl geleistet hat, wird seit dem Jahr 1980 eine nach ihm benannte Medaille verliehen. „Viel Bedeutendes“ hat demnach auch Dr. Karlheinz Götz geleistet, dem die Matthäus-Runtinger-Medaille am kommenden Samstag anlässlich des Stadtfreiheitstages verliehen wird.

Dr. Götz: Hoch geehrt und gut vernetzt

Götz hat die vor 64 Jahren von seinen Eltern gegründete „K. Götz Blitz-Blank GmbH“ mittlerweile zu einer weltweit operierenden Holding AG mit zweistelligen Millionenumsätzen ausgebaut. Man beschäftigt eigenen Angaben zufolge 15.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in rund 90 Tochtergesellschaften. Neben Deutschland gibt es Götz-Töchter in Österreich, Tschechien, Polen und Kanada. Er ist Mitglied mehrerer katholischer Studentenverbindungen, Förderer der Domspatzen, gesellschaftlich wie politisch gut vernetzt und wurde in der Vergangenheit unter anderem auch schon mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt. „Für den Humanisten und Katholiken Götz ist das Wohl der Mitarbeiter das A und O“, schrieb die Mittelbayerische Zeitung vor vier Jahren anlässlich des 60jährigen Firmenjubiläums über den Unternehmer.

Das Geschäft: Eine Branche, in der es rau zugeht

Das Kerngeschäft von Götz ist – trotz Ausweitung des Geschäfts auf Bereiche im Sicherheitsgewerbe oder Landschaftspflege – Gebäudereinigung. Hier hat das Unternehmen – pro Kopf gesehen – die meisten Angestellten, inklusive geringfügig Beschäftigten etwa 1.000 im Raum Regensburg. Unter anderem reinigen sie für Götz Einrichtungen der katholischen Kirche, der Universität und verschiedener Unternehmen. Deutschlandweit gesehen gerät die Reinigungsbranche immer wieder wegen Lohndrückerei und schlechter Arbeitsbedingungen in die Schlagzeilen. Und anlässlich der nun anstehenden Ehrung kommt nun Kritik von der Gewerkschaft und den Linken im Regensburger Stadtrat.

Gewerkschaft: „Götz gehört zu den wenig Zimperlichen.“

„Über diese Ehrung für Herrn Götz kann ich nur den Kopf schütteln und lachen“, sagt Reinhard Peter, zuständiger Gewerkschaftssekretär bei der IG Bau. „In dieser Branche geht es ohnehin nicht zimperlich zu“, so Peter. Und Götz gehöre – gerade was die Großen der Branche anbelangt – „zu den wenig Zimperlichen.“ Betriebsräte gebe es in den Götz-Töchtern nur vereinzelt. Das Unternehmen sei auch nicht Mitglied der Gebäudereiniger-Innung. „Damit bekommen die Beschäftigten lediglich den Mindestlohn, müssen aber auf Urlaubsgeld und Sonderzahlungen verzichten.“ Man treffe sich mit Götz sehr häufig vor dem Arbeitsgericht – meist wegen zu wenig gezahlter Stunden. Mal würden Kündigungsfristen nicht eingehalten oder es fehlten Lohnbestandteile. Ein weiteres Problem, das nicht nur, aber auch für Götz gelte: Für einzelne Flächen werde eine gewisse Stundenzahl veranschlagt. „Die ist aber häufig zu niedrig angesetzt. Und das länger putzen wird nicht bezahlt.“

Linke: „Kein vorbildlicher Arbeitgeber.“

Ins selbe Horn stoßen die Stadträte Irmgard Freihoffer und Richard Spieß. „Karlheinz Götz ist kein vorbildlicher Arbeitgeber. Das ist in Regensburg sehr wohl bekannt“, schreiben sie in einer Pressemitteilung vom Mittwoch. Sie verweisen auf die Kritik der Gewerkschaft und erinnern daran, dass Götz in der Vergangenheit den Lohn auch mit einer eigens gegründeten Leiharbeitsfirma „noch weiter gedrückt“ habe. „Vor vielen Jahren“ sei das Unternehmen vor Gericht gestanden, weil es Mitarbeiter schwarz beschäftigt und Sozialbeiträge nicht abgeführt hatte. „Damals wurde sogar öffentlich von einem ‚Skandalunternehmen’ gesprochen.“ Karlheinz Götz nun wegen der Schaffung vieler Arbeitsplätze als vorbildlich hinzustellen, sei „blanker Hohn“.

Götz: „Erstaunt, verwundert, schockiert“

Im Unternehmen zeigt man sich über die Vorwürfe bestürzt. „Ich bin erstaunt, stark verwundert, um nicht zu sagen: schockiert“, erklärt Alexander Götz, der die Unternehmensführung vor einigen Jahren von seinem Vater übernommen hat. Die alten Geschichten aus der Vergangenheit hervor zu kramen, „das war Anfang der 80iger“, grenze fast schon an Verleumdung. „Alle Verfahren gegen meine Eltern wurden damals eingestellt.“ Darüber hinaus stimme es zwar, dass man eine Leiharbeitsfirma habe. Allerdings gelte dort das Prinzip „Equal Pay“: „Diese Mitarbeiter erhalten denselben Stundenlohn von neun Euro.“ In einzelnen Töchtern – Götz nennt unter anderem Gesellschaften in Frankfurt, Chemnitz und am Uniklinikum Regensburg – gebe es durchaus Betriebsräte. „Einen Konzernbetriebsrat kann es bei uns gar nicht geben, weil wir von der Struktur her kein Konzern sind.“

„So ein schlechter Arbeitgeber können wir gar nicht sein“

Es stimme, so Götz, dass die Regensburger Firma nicht Innungsmitglied sei, für den Sicherheitsbereich gelte das im Übrigen nicht. „Dieses Recht nehmen wir für uns in Anspruch.“ Damit falle zwar das zusätzliche Urlaubsgeld weg, allerdings habe man in gewissen Bereichen und abhängig von der Ertragslage eine betriebliche Altersvorsorge eingeführt. „Als wir einmal einen Auftrag bei einem großen, namhaften Unternehmen in Regensburg verloren haben, sind alle unsere Beschäftigten mit uns gegangen und sind nicht – wie oft üblich – zu der neuen Firma, die den Zuschlag erhalten hat gewechselt. So ein schlechter Arbeitgeber können wir da ja wohl nicht sein“, erzählt Götz. Und man solle ihm mal ein Unternehmen mit 15.000 Beschäftigten nennen, bei dem es keine Arbeitsgerichtsprozesse gebe. „Unseren Beschäftigten dürfen darüber hinaus laut Arbeitsvertrag nicht länger arbeiten als bezahlt wird.“ Wenn es länger dauere, müssten sie dies ihrem Vorgesetzten mitteilen und diese Stunden würden dann auch bezahlt. „Wenn die Leute länger arbeiten als bezahlt wird, bekommen die Vorgesetzten ein Problem mit mir und ich ein Problem mit dem Zoll, selbst dann, wenn ich es nicht einmal weiß“, sagt Götz.

Selektive Informationspolitik im Stadtrat

„Es mag sein, dass sich zwischenzeitlich das eine oder andere verbessert hat“, sagt Freihoffer dazu. Fest stehe allerdings, dass Karlheinz Götz seine Leiharbeitsfirma seinerzeit, ehe es einen Mindestlohn gab, dazu genutzt habe, um den Lohn zu drücken. Fest stehe, dass es bei den Verfahren wegen der Sozialversicherungsbeiträge einen Vergleich gegeben habe, bei dem Götz zahlen musste. „Auszeichnungswürdig ist so ein Verhalten auf keinen Fall.“ So oder so hätte es im Vorfeld durchaus Diskussionsbedarf unter den Stadträten darüber gegeben, ob eine Ehrung nun gerechtfertigt ist oder nicht. Doch – und das ist es, was den Stadträten Freihoffer und Spieß besonders sauer aufstößt: Im Vorfeld der nicht-öffentlichen Stadtratssitzung Ende September, bei der die Verleihung beschlossen wurden, erhielten sie im Gegensatz zu den Fraktionsvorsitzenden der übrigen Parteien keine Informationen darüber, wer die Runtinger-Medaille erhalten sollte. Ein fundierte Debatte habe deshalb nicht wirklich stattfinden können, so Freihoffer und Spieß.

Gegenstimmen auch aus der SPD

„Auf meine spontanen Einwände haben immerhin einzelne Kolleginnen und Kollegen gegen die Verleihung und damit gegen ihre Fraktion gestimmt“, so Freihoffer. „Das zeigt, dass über die kritikwürdigen Arbeitsbedingungen bei der Firma Götz mehr Bescheid wissen.“ Über 40 von 50 Stadträten waren es aber nach Informationen unserer Redaktion dennoch, die für die Ehrung gestimmt haben. Freihoffer macht – angesichts der Tatsache, dass Götz unter anderem für das Schaffen vieler Arbeitsplätze geehrt wird – eine Rechnung auf: „Hier müsste man fragen, wie viele besser bezahlte Arbeitsplätze in der Reinigungsbranche er verdrängt hat. Diese Bilanz wäre auch einmal interessant.“

Auch bei der Stadt gilt: Wer zu teuer ist, blitzt ab

Diese Frage stellt sich tatsächlich, allerdings richtet sie sich auch an jemand anderen – die Auftraggeber nämlich. Götz ist unter anderem für die Reinigung städtischer Gebäude zuständig und sagt: „Wir zahlen Tarif, aber wir können nicht übertariflich zahlen. Würden wir übertariflich bezahlen, dann würden wir schlicht den Zuschlag für solche Aufträge nicht bekommen. Auch bei der Stadt Regensburg herrscht ein starker Preiswettbewerb.“
Kolumne: Liebes Regensburg

Teil 3 – Große Stadt, kleine Welt

Regensburg ist eine kleine Stadt. Alle naselang trifft man jemanden, den man kennt, oder – noch schlimmer – jemanden,der etwas über einen weiß. Das kann amüsant sein, aber auch gewaltig an den Nerven zehren. Unsere Autorin Bianca Haslbeck weiß selbst nicht so genau, wie sie das findet. Aber sie hat sich damit arrangiert. Im heutigen Teil der vierzehntätig erscheinenden Kolumne geht es um ein Regensburg ist, das formal eine Großstadt ist, de facto aber kleiner als eine handelsübliche Damenhandtasche. Wie immer hochgradig subjektivität und persönlich voreingenommen. Man möge die Größe besitzen, über diese kleinen Schwächen hinwegzusehen! Heute: Teil 3 – Große Stadt, kleine Welt.

Hexenjagd gegen Journalisten

„Schnüffel-Angriff gegen die Pressefreiheit“

Die Ermittlungen gegen den Passauer Journalisten Hubert Denk – er hatte eine CSU-Parteispende des milliardenschweren Laborunternehmers Schottdorf öffentlich gemacht – sorgen zunehmend für Empörung. Nach Regensburg Digital berichtete am Montag auch die Süddeutsche Zeitung über den Fall. Die Grünen im Landtag verlangen nun Aufklärung durch die Staatsregierung.

Eskalation bei NPD-Aufmarsch

Innenministerium nimmt Polizei in Schutz

„Nach derzeitigem Kenntnisstand verhältnismäßig.“ So lautet das Urteil des bayerischen Innenministeriums über den Polizeieinsatz zur Räumung einer Blockade gegen den NPD-Truck am 5. September in Regensburg. Das geht aus einer Antwort von Joachim Herrmann auf eine Anfrage der Landtagsgrünen vom 25. Oktober hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Bei der brutalen Festnahme eines 22jährigen redet der Innenminister um den heißen Brei herum. Wir veröffentlichen unten ein weiteres Video.

Roller Derby in Regensburg

„Wenn’s weh tut, nimmt man das wie eine Frau“

„A ruffian’s game played by gentlemen.“ So lautet ein geflügeltes Wort über den englischen Volkssport Rugby. Und ein wenig mag man sich daran erinnert fühlen, wenn man am Montag in der Trainingshalle des ESV 1927 Regensburg vorbei schaut, auch wenn es keine Gentlemen, sondern Ladies sind, die sich hier einer etwas raueren Sportart widmen.

Zur Kritik an Poetry Slams

Der Koch, das Buffet und der Teller

Am Dienstag starteten die deutschsprachigen Meisterschaften im Poetry Slam in Bielefeld. In der Presse kommen die modernen Wettbewerbe nach wie vor schlecht weg, zuletzt bei Boris Preckwitz in einem im Oktober 2012 erschienen Artikel der Süddeutschen Zeitung: „Mehr und mehr eine Farce“ seien Poetry Slams – langweilig, billig oder sogar falsch. Eine späte Antwort.

Regensburger Historiker-Streit

30 Jahre Bürger-Legende

Fast dreißig Jahre hat sie standgehalten, die selbstinszenierte Heldengeschichte von Robert Bürger als dem Retter Regensburgs 1945. Seit Peter Eiser und Günter Schießl sie im April 2012 in „Kriegsende in Regensburg“ einer Revision unterzogen haben, gelten Bürgers Erzählungen als grundsätzlich erschüttert und ihr Urheber als findiger Quellenmanipulator. Ein Zwischenbericht über den Stand einer Debatte, die im vergangenheitspolitischen Treibsand Regensburgs zu verschwinden droht.

Strafakte gegen den Journalisten Denk

35 LKA-Beamte unter Verdacht

Drei Oberstaatsanwälte und ein Generalstaatsanwalt ermitteln seit über drei Jahren. Verhört wurden 35 LKA-Beamte, Richter und ein Ex-Staatsanwalt, die teilweise selbst unter Tatverdacht standen. Die Akte ist über 700 Seiten dick. Ermittelt wird nicht gegen Schwerkriminelle. Ermittelt wird nicht wegen Drogenhandel, Mord oder Vergewaltigung. Ermittelt wird gegen einen Journalisten, der eine Parteispende an die CSU offenlegte. Jagdszenen aus Bayern.

Kurzfilm zum Missbrauchsskandal

Filmtipp: Der Weltverdruss

Missbrauchsskandal? War da was? Die Diözese Regensburg lässt die Stelle der im Mai verstorbenen Missbrauchsbeauftragten seit Monaten unbesetzt. Von anfänglichen Versprechungen des neuen Bischofs spüren Betroffene nichts. Doch wenn sich schon die Diözese nicht mehr mit den Missbrauchsfällen und deren Vertuschung beschäftigen will, so tut dies zumindest ein Kurzfilm aus Regensburg.

Kolumne: Liebes Regensburg

Teil 2 – Stadt der Superlative

Regensburg ist eine größenwahnsinnige Stadt. Wenn andere Städte etwas haben oder sind, hat oder ist Regensburg die größtmögliche Steigerung davon. Das erscheint unserer Autorin Bianca Haslbeck bisweilen etwas zweifelhaft. Deshalb schreibt sie in ihrer vierzehntägig erscheinenden Kolumne dieses Mal über die wichtigsten Regensburger Superlative. Höchst subjektiv und höchstpersönlich. Heute: Teil 2 – Stadt der Superlative.

drin