Ein Stadtpass, eine andere Stadtbau und mehr Inhalte
Jahrespressekonferenz der SPD. Ab sofort solle es mehr um Inhalte gehen, kündigt OB-Kandidat Wolbergs an. Einer davon: Der Stadtpass wird Wahlkampfthema.
Joachim Wolbergs wirkt heute ein wenig kämpferischer als in den zurückliegenden Wochen. Am Vortag hat der Regensburger SPD-Vorstand einstimmig das Kommunalwahlprogramm verabschiedet, kommende Woche sollen die Delegierten folgen. Doch bereits heute geht Wolbergs im Verbund mit der (durchweg charmant schweigenden) SPD-Vorsitzenden Margit Wild und Fraktionschef Norbert Hartl an die Öffentlichkeit und präsentiert erste Details. „Jahrespressekonferenz“ nennt sich das Ganze. „Nett“ soll es werden, sagt Hartl. Deshalb hat man für die (zahlreich erschienenen) Medienvertreter Brezen und Leberkäs vorbereitet.
„Richtig konkret konkret“: Sozialpolitik
Nach einer (durchweg positiven) Bilanz der Koalitionsjahre und einer Analyse des Stimmungsbilds in der Bevölkerung (das selbstverständlich zugunsten der SPD ausfällt) folgt eine Skizze der Marschroute, die sich Wolbergs für die kommenden Monate vorgenommen hat.
Weil es immer öfter die Forderung nach mehr Inhalten im Wahlkampf gebe, wolle er künftig allwöchentlich ein ausführliches Themenpapier präsentieren. „Richtig konkret konkret“ wolle die SPD in den kommenden Wochen werden und weil sich die CSU ihn zuletzt – im Zuge der Debatte um den Sozialbericht – mit dem „neu ernannten Sozialexperten Erich Tahedl“ scharf angegriffen hatte, geht es heute um das Thema „Soziale Gerechtigkeit“ (das Papier komplett als PDF).
Jetzt doch: SPD fordert den Stadtpass
Ein Punkt, der vor allem die beim Sozialbericht engagierten Menschen aufhorchen lassen dürfte: Die SPD wird mit der Forderung nach einem „Stadtpass“ in den Wahlkampf ziehen. Lange war in den letzten Jahren um dieses Thema gestritten worden und insbesondere Wolbergs hatte dabei nicht immer eine gute Figur gemacht. Konkret konkret: Er hatte es rundweg abgelehnt.
Bei der Arbeit am Sozialbericht schließlich aber war der Forderung nach einem Pass, der neben einem „Sozialticket“ für den ÖPNV auch Vergünstigungen bei städtischen Einrichtungen beinhalten sollte, von allen Arbeitsgruppen oberste Priorität eingeräumt worden.
Wahlkampfthema statt Bürgerbegehren?
Als sich anschließend herausstellte, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht einmal dem Stadtrat vorgestellt werden sollten, kündigte unter anderem das „Regensburger Sozialforum“, dem BI Asyl, die Sozialen Initiativen, der Paritätische Wohlfahrtsverband, attac und ver.di angehören, die Zusammenarbeit auf und stellte ein Bürgerbegehren zum Stadtpass in Aussicht.
Nun schreibt sich die SPD das Thema (übrigens wie schon beim letzten Wahlkampf) auf die Fahnen. „Es hat keinen Sinn, sich gegen den öffentlichen Druck zu stellen“, so Wolbergs, der aus seiner ablehnenden Haltung in der Vergangenheit keinen Hehl machte. Wie dieser Stadtpass, Wolbergs spricht von einer „Regensburg-Karte“, konkret ausgestaltet sein und was er kosten wird, müsse man allerdings erst verhandeln. Fest stehe allerdings, dass nicht nur Bedürftige darauf Anspruch haben sollen, sondern auch ehrenamtlich Engagierte, um „eine Stigmatisierung zu vermeiden“.
Stadtbau soll zurück zu den Wurzeln
Konkret konkret gibt es auch etwas zum Thema Stadtbau. Wolbergs will der städtischen Tochter eine Kapitaleinlage „in Millionenhöhe“, von zehn Millionen ist immer wieder die Rede, zur Verfügung stellen, damit diese tatsächlich wieder ihrer originären Aufgabe nachkommen könne: der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum.
Wird das mit einem Geschäftsführer Joachim Becker möglich sein? In der Vergangenheit hatte Becker sich zunächst gegen eine Sozialquote bei der Ausweisung neuer Baugebiete gestellt, immer wieder kam die Stadtbau in den vergangenen Monaten wegen fragwürdiger Mieterhöhungen ins Gerede und auch die konsequente Forderung an Mieter, Neuverträge nach großen Sanierungsmaßnahmen zu unterschreiben, statt ihre alten Verträge behalten zu dürfen, spricht eher dafür, dass die Stadtbau derzeit das macht, was die SPD laut Fraktionschef Hartl kategorisch ablehnt, nämlich „wie ein weiterer Player auf dem Immobilienmarkt zu agieren“.
„Becker handelt auf Weisung von oben“
„Der Geschäftsführer ist an die Weisungen des Aufsichtsrats gebunden“, sagt Wolbergs dazu. Erst wenn es in diesem Rahmen zu Konflikten komme, müsse man über ein Ende der Zusammenarbeit nachdenken. „Ich glaube, dass Herr Becker derzeit das macht, was ihm von oben vorgegeben wird“, ergänzt Hartl Und im Aufsichtsrat der Stadtbau stünde der CSU hier stets der Vertreter der Freien Wähler (Günther Riepl) zur Seite. Hartl erwähnt mehrere Abstimmungen, die es in diesem Zusammenhang gegeben habe: Die Ablehnung einer vorgezogenen Mietpreisbremse für die Stadtbau, so dass diese noch schnell die Mieten hunderter Wohnungen um den Maximalsatz erhöhen konnte. Die Ablehnung des Verzichts auf Neuverträge, die „am Ende zu doppelt so hohen Mieten führen können, als es mit alten Verträgen möglich wäre“.
So etwas werde es mit der SPD nicht geben. Und er, Hartl, gehe auch davon aus, dass Becker sich an entsprechende Weisungen halten werde, so sie denn der Aufsichtsrat gibt.
CSU: „Copy-Paste-Mentalität“
Dem 10.000-Wohnungen-Programm der CSU attestiert Hartl neben einer „Copy-Paste-Mentalität“ („Der Vorschlag ist vier Jahre alt und entstammt einer öffentlichen Präsentation der Stadtverwaltung.“) auch fehlenden Realismus. „Wenn ich behaupten würde, die SPD könnte innerhalb von sechs Jahren 10.000 Wohnungen bauen, würde jeder Fachmann sagen: Hartl, Du spinnst.“ Aber die CSU könne sich anscheinend alles erlauben. Und überhaupt sei das Thema ja in den Jahren 1996 bis 2008 verschlafen worden. An dieser Stelle verzieht Wolbergs ein wenig das Gesicht. Hartl hält kurz inne. „Ja, ist doch wahr.“ Aber auch wenn man etwas kämpferischer unterwegs ist. All zu scharf will man den Koalitionspartner nun doch nicht angreifen. Warum auch immer…