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Experte kritisiert angebliche Studie

„Jobwunder“ Regensburg? „Quatsch!“

Dass mit der Studie des Suchmaschinenbetreibers Adzuna, laut der Regensburg den „attraktivsten Arbeitsmarkt“ in ganz Deutschland hat, etwas nicht stimmt, beweist bereits ein Blick auf aktuelle Zahlen. Dass die Herangehensweise an sich zu keinem ernstzunehmenden Ergebnis führt, bestätigt jetzt auch der renommierte Experte Prof. Dr. Ernst Kistler.

Von David Liese

Prof. Dr. Ernst Kistler: Jobwunder-Meldung ist „Quatsch." Foto: Archiv

Prof. Dr. Ernst Kistler: Jobwunder-Meldung ist „Quatsch.” Foto: Archiv

Regensburg ist Symbol des neuen deutschen Jobwunders – das vermeldete am Montag die FAZ im Internet und bezog sich dabei auf eine „Studie“ des Meta-Suchmaschinenbetreibers Adzuna. Die Lokalmedien und auch der Oberbürgermeister freuten sich mit und setzten sich genauso rasch wie unkritisch auf diese erfreuliche Meldung drauf.

Kistler zur FAZ-Meldung: „Friss oder stirb!”, „Quatsch!”

Prof. Dr. Ernst Kistler, Direktor am Internationalen Institut für Empirische Sozialökonomie (INIFES), bezeichnete die Meldung der FAZ, die von diesen Zahlen auf den „attraktivsten Arbeitsmarkt“ schloss, unserer Redaktion gegenüber heute wörtlich als „Quatsch“. Der zugrundeliegenden Adzuna-„Studie“ – Kistler selbst verwendet dieses Wort nicht, sondern bezeichnet die Erhebung als eine „Friss oder stirb“-Methode – misst er „schwache bis schlechte Aussagekraft“ zu. Das sei eine – und der Sozialwissenschaftler meint das im abwertenden Sinne – „journalistische Herangehensweise“.

Bei den verwendeten Daten sei die fehlende Konstanz der Werte ein bekanntes Problem. Auch das Berechnungsmodell – nach Adzuna-Angaben eine simple Bruchrechnung – sei unzureichend. Es werde beispielsweise nicht berücksichtigt, dass sich bei weitem nicht alle Arbeitslosen bei der Bundesagentur für Arbeit melden. Fachleute wie Kistler, der unter anderem an der Erstellung des Bayerischen Sozialberichts im Auftrag der Staatsregierung mitarbeitet, gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl etwa eineinhalbmal so hoch ist.

Regensburger Arbeitsmarkt: „Nicht so schlecht”, aber eben kein Wunder

Dass der Regensburger Arbeitsmarkt gerade im Vergleich zu vielen strukturschwachen Regionen in Deutschland „nicht so schlecht“ sei, will er nicht bestreiten. Doch zur Frage nach der Attraktivität gehören für den Experten zahlreiche weitere Faktoren – etwa das Lohnniveau, die Qualifikationsstufen oder die Frage, ob Löhne mit Pendlern ins Umland abwandern.

Adzuna hatte die Zahl der bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Arbeitslosen durch die – letzte Woche – aktuelle Zahl der online gelisteten freien Stellen geteilt. So wurde für die 75 größten deutschen Städte ein Wert ermittelt, der die Anzahl der Bewerber pro freier Stelle wiedergeben sollte. Regensburg belegte mit 1,2 den Spitzenplatz.

Wie gewonnen, so zerronnen: schlüpfriges „Jobwunder”

Doch schon am Dienstag hatte sich die Zahl der Stelleninserate bei Adzuna so stark verändert, dass Regensburg rechnerisch nur auf eine miese 2,3 kam, während beispielsweise München, im offiziellen Ranking noch auf Platz 5, plötzlich mit 1,6 deutlich vor dem angeblichen „Jobwunder-Symbol“ lag.

Nicht nur die Anzahl der Stellenangebote im Internet scheint so stark zu fluktuieren, dass sich das Ranking fast täglich verändert. Auffällig ist auch, dass bei Adzuna manche Stellen mehrfach aufgeführt werden. So ließ sich am Dienstag eine Stellenausschreibung für einen Hardwareentwickler in Regensburg mit ein und derselben Kennnummer doppelt in den Adzuna-Ergebnissen finden.

Auch Praktikumsplätze, Inserate für Werkstudenten oder sogar Gesuche für Abschlussarbeiten sind in den Adzuna-Ergebnissen enthalten.

„Man darf sich nicht auf die faule Haut legen.“

Im November, als Prof. Dr. Kistler seine Bewertung des Sozialberichtes der Stadt Regensburg vorstellte, wies er unter anderem darauf hin, dass sich Regensburg in der Entwicklung der Arbeitslosenquote nicht positiv abhebe. Den Anteil der Arbeitslosen ohne abgeschlossene Berufsausbildung nannte er „gscheid hoch“. Die Armutsrisikoquote stieg laut Kistlers Daten in Regensburg dreimal so stark an wie in Bayern insgesamt.

„Man darf sich nicht auf die faule Haut legen“, sagt Kistler im Hinblick auf „Studien“ wie die von Adzuna. Oberbürgermeister Hans Schaidinger hatte den Spitzenplatz Regensburgs am Montag noch auf seine erfolgreiche Wirtschaftspolitik zurückgeführt.

Eine "Studie" mit Schwankungen

Großes Job-Wunder(n) in Regensburg

Regensburg ist „das neue Symbol für das deutsche Jobwunder“. Das behauptet nicht irgendjemand. Das vermeldet (online) die Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Der Verfasser bezieht sich dabei auf eine „Studie“ von zweifelhaftem Wert. Diese Woche, Stand heute, ist Regensburg übrigens gerade kein Jobwunder. Doch das kann morgen schon ganz anders sein.

Hans Herrmann hat keine Ehren verdient

Vom Arisierer zum Planierer

Nach wie vor läuft er: der Diskussionsprozess darüber, ob ein Nazi-Bürgermeister Schulpate, Ehrenbürger und Namensstifter eines Parks in Regensburg sein soll. Man müsse Hans Herrmann differenziert sehen und auch seine Verdienste in der Nachkriegszeit beachten, sagen die Verteidiger des BVP-NSDAP-CSU-Politikers. Recherchen von Regensburg Digital belegen nun: Als CSU-Oberbürgermeister hat Herrmann auch im Nachkriegs-Regensburg mehr als genug Schaden angerichtet.

Interview mit OB-Kandidat Richard Spieß

„Ich hatte auch Angst davor, dass der Russe kommt“

Er ist bislang der Kandidat mit den wenigsten Wahlplakaten und den wenigsten Fotos in der Mittelbayerischen Zeitung, darf sich aber dafür auf die Fahnen schreiben, die meisten (verbalen) Watschen im Stadtrat eingefangen zu haben („Wendehalskommunist“, „rote Socke“, „gnadenloser Demagoge“ etc.) und häufiger Auslöser von Wutanfällen des Bürgermeister-Trios zu sein: Richard Spieß. Seit 2004 ist der selbständige Handwerker bei der Linken (damals noch WASG) und kandidiert nun zum zweiten Mal als Oberbürgermeister-Kandidat. Im Interview erzählt er uns, warum in Verwaltungsvorlagen Schaidingers Wunschzahlen stehen, wohin ihn sich manche Medien wünschen und wie er den überhitzten Immobilienmarkt in den Griff bekommen möchte.

Affäre Götz

Lügen oder Realitätsverlust?

Der Unternehmer Karlheinz Götz hat sich nach langem Schweigen zu seiner fragwürdigen Doktorarbeit geäußert. Die Zusammenfassung: Auch wenn nichts in Ordnung ist, soll alles in Ordnung sein. Die Universität Oviedo scheint zusätzlich ein veritables Eigeninteresse daran zu haben, die Causa Götz zu den Akten zu legen. Wir haben uns mit der Verteidigungsrede von Herrn Götz beschäftigt.

Rechtsstreit um Befristung

Die Leiharbeiter der Hochschullehre

Fünf Jahre lang war Rainer Barbey als Lehrkraft für besondere Aufgaben an der Universität Regensburg beschäftigt. Weil seine Stelle befristet war, soll er jetzt gehen. Der Fall erinnert an die rechtsfehlerhafte Beschäftigung von Studiengangskoordinatoren, bei der kürzlich das Wissenschaftsministerium eingegriffen hat. Die Uni hat offenbar einen ganz eigenen Wissenschaftsbegriff.

Anzeigen-Flut gegen Nazi-Blockierer

Ermittlungen mit zweierlei Maß?

Warum wird gegen manche Teilnehmer der NPD-Sitzblockade ermittelt und gegen andere nicht? Der ehemalige FDP-Kreisvorsitzende Michael Feil spricht von „Willkür“. Bemerkenswert dabei: Gegen ihn wird nicht ermittelt, gegen den Demonstranten, der neben ihm saß, schon. Der Landtagsabegeordnete Jürgen Mistol hat sich mit einer Anfrage an die Staatsregierung gewandt.

OB-Kandidat Ludwig Artinger im Interview

„Uns hätten sie ins Bezirkskrankenhaus eingewiesen“

Bei der letzten Kommunalwahl war er der glückliche Dritte: Mit fast 13 Prozent als Oberbürgermeisterkandidat schaffte Ludwig Artinger einen Achtungserfolg. Die ehemals nur durch Guerilla-Stadtrat Günther Riepl vertretenen Freien Wähler sind derzeit drittstärkste Fraktion und nach anfänglichen Kappeleien kommen sich Artinger und CSU-Fraktionschef Christian Schlegl immer näher. Wofür der Amtsrichter allerdings thematisch steht, ist manchmal schwer zu greifen. Über ein paar Punkte haben wir mit ihm gesprochen.

Polizei setzt auf harte Linie

Anzeigenflut gegen Nazi-Blockierer

Nach der Eskalation bei der Auflösung einer NPD-Blockade im September in Regensburg setzt die damals scharf kritisierte Polizeiführung nun auf eine harte Linie. Seit wenigen Tagen laufen gegen bis zu 20 Personen, die an der friedlichen Sitzblockade teilgenommen haben sollen, Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Nötigung. Der Strafrechtler Dr. Jan Bockemühl rät den Betroffenen, sich „zu einer breiten Phalanx zusammenzuschließen und die Sache durchzufechten“.

Kritik am Unterbringungsrecht

„Über die Hälfte gehört nicht in die Psychiatrie“

Wie kann es sein, dass ein Schwarzfahrer, der dem Kontrolleur einen Faustschlag versetzt elf Jahre in der Psychiatrie verschwindet? Wie kann es sein, dass eine Regensburgerin statt sechs Monaten Haft wegen Körperverletzung mittlerweile über sechs Jahre in der Forensik eingesperrt ist – ohne Aussicht auf Entlassung. Und wie kann es sein, dass das nichts Ungewöhnliches ist, sondern völlig rechtens zu sein scheint? Drei Juristen waren sich am Montagabend einig: Das Unterbringungsrecht muss dringend reformiert werden.

Was aus einigen Geschichten wurde

Regensburg-Ragout: Piraten, Uni und ein geheimnisvoller Zusatz

Die Piraten dürfen zur Kommunalwahl antreten, geschäftstüchtige Profs an der Uni sind kein Fall für den Staatsanwalt und ein Prozess in Landshut, wo man sich „nicht wie bei den Affen“ benimmt, wurde überraschend abgesagt. Darüber hinaus hat die Mittelbayerische Zeitung auf ihrer Internetseite Putzqualitäten an den Tag gelegt. Was aus einigen Geschichten der letzten Wochen geworden ist.

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