„Ich habe Angst, dass mir jemand die Tür anzündet“
In einem Wohnhaus in der Greflingerstraße hat es seit Jahresbeginn achtmal gebrannt. Die Bewohner leben in ständiger Angst – daran konnten auch der Hauseigentümer und die Polizei bislang nichts ändern.
Von David Liese
„Ich will mich dazu bitte nicht mehr äußern“, ruft eine ältere Dame durch die geschlossene Wohnungstür. Und auch Herr Saidi (Name geändert) schaut genau durch den Türspion, bevor er öffnet. Er hat gute Gründe dafür, unbekannten Besuchern gegenüber misstrauisch zu sein. Unweit seiner Wohnung zeugen auf den Treppenstufen verkohlte, zerschmolzene Reste eines verbrannten Gegenstands sowie Rußflecken von dem, was hier am Wochenende geschehen ist.
Acht Brandstiftungen seit Januar
In dem Haus wurden seit Januar acht Brände gelegt. Mal ging eine Fußmatte in Flammen auf, mal ein Kinderwagen, ein Fahrrad, schließlich ein Rollator; aber auch Küchenrollen, Lumpen und andere Gegenstände. Dreimal brannte es allein am vergangenen Samstag, ein weiteres Feuer wurde am Sonntagmorgen im Treppenhaus entdeckt. Verletzt wurde bislang niemand. Das ist jedoch vor allem dem Umstand zu verdanken, dass die Brandherde schnell entdeckt wurden.
Er schlafe seit mehreren Wochen nur noch selten in seiner Wohnung, sagt Herr Saidi. Als das mit dem Stofflappen passiert ist, sei er bei seiner Freundin gewesen. „Ich zahle volle Miete, kann und will aber eigentlich gar nicht hier sein.“
Wer so etwas mache, der sei auch zu Schlimmerem bereit. „Wenn ich nachts da bin, muss ich Angst haben, dass mir jemand die Tür anzündet.“ Er habe mit anderen Mietern gesprochen, die Kinder haben und ebenfalls mehr als besorgt seien.
Kein Hinweis auf fremdenfeindliche Motive
„Es könnte jeder sein“, antwortet Saidi auf die Frage, wer die Brände gelegt habe. Ähnlich äußert sich auch die Kriminalpolizei Regensburg, die in der Sache „mit Hochdruck“ und „in alle Richtungen“ ermittelt.
Man wisse nicht, ob es sich beim Täter um einen Hausbewohner handle oder jemanden, der sich auf andere Weise Zutritt zum Gebäude verschafft, sagt Polizeisprecher Stefan Hartl am Donnerstag. Er will nicht einmal ausschließen, dass es mehrere Brandstifter geben könnte. Auch das Motiv sei nach wie vor völlig unklar.
Ein großer Teil der Bewohner des Hauses hat einen Migrationshintergrund. Fremdenfeindliche Beweggründe will Hartl nicht ausschließen. Aber: „Wir haben dafür keine Hinweise“ – keine Schmierereien, keine Drohungen oder ähnliches. Die Polizei arbeite bei der Fahndung nach dem Täter und bei der Prävention weiterer Taten eng mit dem Hausbesitzer zusammen.
Hauseigentümer betont Verständnis für Mietersorgen
Dabei handelt es sich um das Gagfah Immobilienmanagement in Essen, ein Tochterunternehmen der Gagfah Group, die ihren Sitz in Luxemburg und ihre Konzernzentrale in Mülheim an der Ruhr hat. Ein Aushang im Eingangsbereich des Hauses, der die Müllentsorgung betrifft, gibt als Sitz des zuständigen „Kundencenters“ Nürnberg an. In einem anderen, auf den Februar datierten Schreiben, das ironischerweise Anweisungen zum Brandschutz gibt, ist das „Kundencenter Frankfurt“ als Absender eingetragen.
Bettina Benner, Pressesprecherin der Gagfah Group, spricht am Telefon vom „super engen Kontakt“ mit der Regensburger Kriminalpolizei. Mehrfach täglich tausche man Informationen aus. Fast wortgleich formulierte sie in den vergangenen Tagen bereits im Gespräch mit anderen Medien: Die Ängste der Mieter in der Greflingerstraße nehme man sehr ernst, man tue derzeit „alles Menschenmögliche.“ Es wäre schön, wenn man das auch in der Berichterstattung noch einmal betonen könnte, sagt Benner. Man habe Rauchmelder, „die in Bayern noch nicht Pflicht sind“, bestellt und werde diese so schnell wie möglich anbringen. Über Aushänge und den Hausmeister habe man sich zudem an die Mieter gewendet.
Kommunikationsprobleme zwischen Gagfah und den Mietern?
Nicht nur Herr Saidi hat davon bislang nichts mitbekommen. „Die Wände im Hausflur sind neu gestrichen worden“, sagt Frau Grießl (Name geändert). Sonst habe der Vermieter nichts gemacht. „Wir fühlen uns unsicher, gerade mit den Kindern“, gibt sie zu, während sie ihren kleinen Sohn hochhebt, der mit ihr spielen möchte. Die junge Familie suche schon lange eine neue Wohnung. Die Brandserie mache die Notwendigkeit, auszuziehen, jetzt noch akuter.
Als sie die Tür schließt, hört man das Kind in der Wohnung lachend in ein Zimmer laufen. So leben die Bewohner des Hauses in der Greflingerstraße derzeit zwischen Angst und Alltag – und hoffen auf einen baldigen Ermittlungserfolg.