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Im Wiederaufnahmeverfahren gegen Gustl Mollath musste heute der neue Ehemann von Mollaths Ex-Frau aussagen. Die Nebenklage will unterdessen neue Vorwürfe in Form von Ermittlungsakten ins Spiel bringen. (Alle Prozessberichte gibt es hier.) Von David Liese
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Gustl Mollath (l.) sah heute im Gerichtssaal Martin M., den neuen Ehemann seiner Ex-Frau, wieder. Foto: ld

Bevor Martin M. in den Zeugenstand tritt, muss ein Stuhl zugestellt werden. Der Grund: M. kommt nicht allein. Er hat den Anwalt Peter Grau, einen ausgewiesenen Strafrechtler, als Rechtsbeistand mitgebracht. Die 6. Strafkammer des Landgerichts Regensburg interessiert das Verhältnis zwischen Martin M. und Mollaths Ex-Frau. Sie ist nun mit M. verheiratet. Insbesondere soll die Frage geklärt werden, seit wann sich der Zeuge und die damalige Petra Mollath kennen. Beide hätten bei derselben Bank gearbeitet, gibt M. an.

Martin M. und Mollaths Ex-Frau: „Nur vom Sehen her bekannt“

Allerdings sei man sich „nur vom Sehen her“ bekannt gewesen, da M. in einer anderen Abteilung tätig gewesen sei. Erst ab Oktober 2002, als Martin M. bereits seit drei Jahren in Berlin arbeitete, habe sich das Verhältnis der beiden vertieft. „Damals wusste ich noch nichts von den Vorfällen mit Herrn Mollath“, berichtet M. „Zu einem späteren Zeitpunkt“ sei das aber „mit Sicherheit irgendwann mal Gesprächsthema“ gewesen. Als Martin M. mit Mollaths Ex-Frau 2003 zusammenzog, hätten „die Probleme angefangen.“ Mollath habe ihn „bei der Bank belastet“, indem er Faxe geschickt habe, in denen „irgendwas von Schwarzgeld und Schweiz“ stand. „Wir konnten damit aber nix anfangen“, sagt M.

„Das ist nicht mein Thema. Das ist ein No-Go.”

Was die angeblichen Misshandlungen von Petra M. durch Gustl Mollath angeht, hält sich der heute als Sportfunktionär arbeitende Zeuge bedeckt. Die Vorfälle seien zu Hause ohnehin ein „No-Go“, erklärt er. Allgemein seien diese Dinge nicht sein „Thema“. Nur so viel will er loswerden: „Ich kann es nicht mehr hören, weil zu viele Dinge interpretiert wurden, die mich auch belastet haben.“ Die Leidensgeschichte seiner Frau scheint ihn nicht sonderlich zu beschäftigen. Dass sie eine Narbe von einer Bissattacke Gustl Mollaths haben soll, weiß Martin M. zwar. Auf Nachfrage von Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl, ob er die Verletzungsspuren denn beschreiben könne, antwortet er aber nur, er habe sie persönlich „nicht begutachtet“. Er wisse, dass die Narbe sich am Ellbogen befinde, „links oder rechts“. Wie sie heute aussehe, könne er nicht sagen.

Richter Brixner und Martin M.: „Ich habe gesagt: Hallo, Otto!”

Zwei weitere Themenkomplexe stehen im Fokus der Prozessbeteiligten. Zum einen geht es um die Vorwürfe, Martin M. und Otto Brixner seien alte Bekannte. Brixner hatte vor acht Jahren den entscheidenden Prozess gegen Gustl Mollath vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth geleitet. Eine Beisitzerin aus dem damaligen Verfahren schilderte am Freitag eine konkrete Begegnung zwischen dem Richter und M. M. bestätigt die Bekanntschaft, misst ihr aber keine größere Bedeutung zu. Brixner habe einmal „interimsweise für eine Saison“ die Handballmannschaft trainiert, in der Martin M. spielte. Er habe Brixner dann bei Gericht wiedererkannt und sei zu ihm gegangen. „Man hat sich unter Sportlern begrüßt. Ich habe gesagt: Hallo, Otto, und es wurden zwei, drei Sätze gesagt. Dann hab ich mich wieder entfernt.“

„Ach, da draußen ist ja der Mollath“

Die zweite Geschichte, bei der insbesondere Verteidiger Gerhard Strate nicht locker lassen will, ist eine von Martin M. im Gerichtssaal geschilderte „unliebsame Begegnung“ mit Gustl Mollath aus dem Jahr 2005. M. erzählt, er habe sich damals mit Petra M. und weiteren Familienmitgliedern in einem Restaurant in Nürnberg verabredet. Mollath habe ihn auf dem Parkplatz überrascht und ihn zur Rede stellen wollen. Später habe der Angeklagte versucht, durch die Scheiben des Lokals Fotos von Martin M. und seiner Feiergesellschaft zu machen. Im Zeugenstand schildert M. recht eindringlich seine Erinnerung, wie jemand am Tisch gesagt habe: „Ach, da draußen ist ja der Mollath“. Daraufhin habe er die Polizei gerufen.

Die Handschrift der Ehefrau

Strate konfrontiert ihn daraufhin mit einem Schreiben, in dem Martin M. und Petra M. der Polizei den Vorfall beschrieben hatten. Dem Text ist zu entnehmen, dass Martin M. gar nicht persönlich dabei war, als Mollath die Fotos im Restaurant gemacht haben soll. Er sei erst später eingetroffen. M. rudert daraufhin zurück, schießt sich schließlich darauf ein, „keine konkrete Erinnerungen“ zu haben. An besagtem Schreiben an die Polizei gibt es weitere Auffälligkeiten. Beispielsweise wurden im Text handschriftlich inhaltliche Ergänzungen vorgenommen. Strate will von Martin M. wissen, ob es sich um die Handschrift seiner Ehefrau Petra M. handle. Darauf will sich M. nicht festlegen. Er kenne die Schrift seiner Frau nicht so gut. „Hat sie Ihnen nie Liebesbriefe geschrieben?“, fragt Strate ironisch. Viele der weiteren Fragen, die auch Gustl Mollath persönlich stellt, beantwortet M. mit Verweis auf seine Erinnerungslücken nicht mehr.

Neue Vorwürfe gegen Mollath: Ermittlungsakten sollen beigezogen werden

Der Vertreter der Nebenklage stellt nach der Vernehmung einen Antrag, der im Wiederaufnahmeverfahren noch für Sprengstoff sorgen könnte: Im Prozess sollen Ermittlungsakten der Polizei in Bad Pyrmont zu einem Vorfall am Silversterabend 2013 beigezogen werden. Gustl Mollath soll damals einer Frau gegenüber aggressiv aufgetreten sein und sie verängstigt haben. Weder Verteidigung noch Staatsanwaltschaft haben etwas gegen die Beiziehung der Akten.
Prozessauftakt vor dem Landgericht

Mollath schweigt

Das Wiederaufnahmeverfahren von Gustl Mollath beginnt mit einer handfesten Überraschung: So lange ein psychiatrischer Sachverständiger an dem Verfahren teilnimmt, wird er nicht aussagen. Einen Antrag, den Gutachter auszuschließen, lehnte das Gericht ab.

Sierra Leone oder Guinea?

Irgendwo nach Afrika

Ein Flüchtling, der behauptet, aus Sierra Leone zu stammen, soll seit Jahren nach Guinea abgeschoben werden. Am Freitag wehrte sich der Mann gerichtlich gegen eine Vorführung vor einer guineischen Delegation.

Warnstreik

Busfahrer fordern mehr Gehalt

Seit vier Uhr morgens befinden sich die Fahrer der Regensburger Verkehrsbetriebe (RVB) in einem 24stündigem Warnstreik. Sie fordern von den kommunalen Arbeitgebern eine Erhöhung der unteren Lohngruppen um 120 Euro sowie eine weitere Steigerung um vier Prozent. Derzeit verkehren im Stadtgebiet nur die Linien 1, 6, 9 und 10 sowie die Schulbusse.

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