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Neue und alte Vorwürfe gegen Mollath

Zeugin: „Ich habe Mollath in die Eier getreten“

Das Bild vom friedlichen Herrn Mollath bekommt Kratzer. Im Gegenzug mehren sich die Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens, das zu seiner Unterbringung führte. Zweiter Teil des sechsten Verhandlungstages in Regensburg. (Alle Prozessberichte gibt es hier.)

Kein angenehmer Verhandlungstag für Mollath-Anwalt Gerhard Strate. Foto: Liese

Kein angenehmer Verhandlungstag für Mollath-Anwalt Gerhard Strate. Foto: Liese

„Ich spinn doch nicht komplett“, platzt es irgendwann aus Renate B. Heraus. „Ich habe ein sehr gutes Gedächtnis.“ Die 57jährige ist am sechsten Verhandlungstag die letzte Zeugin. Und ihre Aussage will so gar nicht zu dem friedlichen Mann passen, als den Gustl Mollath sich selbst darstellt und wie ihn ein Großteil seiner Unterstützer sehen. Der Vorfall, den Renate B. schildert, liegt allerdings schon sehr lange zurück. Über eine gemeinsame Damenrunde habe sie Mollaths spätere Frau Petra kennengelernt und man sei öfter gemeinsam unterwegs gewesen. Etwa im Jahr 1982 sei Petra M. dann vor ihrer Tür gestanden – in Tränen aufgelöst und mit gerötetem Gesicht.

„Der Gustl hat mich verdroschen.“

„Der Gustl hat mich verdroschen“, habe sie gesagt. „Sie hat gefragt, ob sie ein paar Tage bei mir bleiben könne“, erzählt B.. „Ich hätte ihr auch geholfen, ihre Sachen zu holen.“ Sie sei von dem Besuch sehr überrascht gewesen. Bis zu diesem Zeitpunkt habe sie gedacht, dass zwischen den beiden alles in Ordnung sei.

Vielleicht zehn Minuten später habe es erneut geklingelt. Gustl Mollath sei vor der Tür gestanden und habe wütend darüber geschimpft, „dass wir Weiber das Glück anderer nicht ertragen könnten und Petra gegen ihn aufhetzen würden“. Dann habe er sie in dem schmalen Gang gegen die Wand gedrückt und sei in die Wohnung gekommen. Und etwas fassungslos fügt Renate B. hinzu: „Die Petra ging anstandslos mit ihm mit. Zu meinem Erstaunen musste ich hören, dass sie sich richtig gefreut hat, dass er gekommen ist.“ Sie habe daraufhin den Kontakt abgebrochen. Petra M. sei ohnehin keine so enge Freundin gewesen. Außerdem finde sie es nicht gut, wenn eine Frau bei einem prügelnden Mann bleibe. Sie habe dann nur noch gehört, dass die beiden geheiratet hätten.

 „…nicht ungewöhnlich, dass Petra Dresche kriegt“

Erst 2013 hatte sich Renate B. mit ihrer Geschichte an die Nürnberger Staatsanwaltschaft gewandt. „Ich habe im Radio gehört, dass Herr Mollath aus der Psychiatrie entlassen werden soll.“ Da habe sie sich an die Geschichte erinnert und gedacht, dass das doch eine Rolle spielen könnte. Erst auf Nachfrage durch Gericht und Staatsanwaltschaft fallen Renate B. weitere Details ihrer damaligen Aussage ein. Dass Mollath sie am Hals gepackt habe, als er sie zur Seite drückte, etwa. Oder dass sie ihn deshalb „in die Eier getreten“ habe. Sonderlich bedrohlich habe sie die Situation nicht empfunden, aber äußerst unangenehm. „Ich war froh, als die beiden wieder draußen waren.“ Eine gemeinsame Freundin habe ihr später am Telefon erzählt, „dass es nicht ungewöhnlich wäre, dass Petra Dresche kriegt“. Der Gustl habe schon seine Mutter angegriffen. Der würde nichts taugen. „Aber das weiß ich selbst nicht. Sie hat die Petra besser gekannt als ich.“

Sehr alte und ganz neue Vorwürfe gegen Gustl Mollath bestimmten den sechsten Prozesstag. Foto: Liese

Sehr alte und ganz neue Vorwürfe gegen Gustl Mollath bestimmten den sechsten Prozesstag. Foto: Liese

An die Staatsanwaltschaft würde sie sich nie wieder wenden, sagt Renate B. rückblickend und wohl auch etwas beeindruckt von der Aufmerksamkeit, die ihr zuteil geworden ist. Über ihre Aussage von 2013 war vorab bereits in mehreren Medien berichtet worden. Sie selbst habe allerdings nie mit Journalisten gesprochen, sagt sie auf – die übrigens einzige – Nachfrage von Mollath-Rechtsanwalt Gerhard Strate. „Und das werde ich auch künftig nicht tun.“

Aktuelle Vorwürfe gegen Mollath waren der Staatsanwaltschaft „zu dünn“

Im Verbund mit einem Antrag der Nebenklage gestaltete sich der sechste Prozesstag damit als eher unangenehm für Mollath. Jochen Horn, der Rechtsanwalt von Mollaths Ex-Frau, will die Akten eines aktuellen Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Hannover gegen Mollath hinzuziehen. Demnach soll es am Silvesterabend 2013 zu einer „massiven Auseinandersetzung“ zwischen Mollath und einer Frau gekommen sein, mit der er auf dem Weg zu einem Liederabend mit Nina Hagen war. Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl bezeichnete die Vorwürfe als bekannt. Er habe sie in Zusammenhang mit dem Wiederaufnahmeantrag geprüft. Die Sache sei ihm aber „zu dünn“.

UPDATE: Am nächsten Verhandlungstag stellt sich heraus: Es gibt deshalb kein Ermittlungsverfahren gegen Mollath und auch keine Einträge bei der zuständigen Polizei in Bad Pyrmont. Strate spricht von einer “Luftblase”.

Richter über Mollath: „Dem schaut der Wahnsinn aus den Augen.“

Bei alledem geht etwas unter, dass sich die Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens gegen Mollath vor dem Landgericht Nürnberg im Jahr 2006, an dessen Ende seine Einweisung in die Forensik stand, weiter erhärten. Einer der damaligen Schöffen, Karl-Heinz Westenrieder, der am Nachmittag ebenfalls aussagte, erklärte, dass Mollath bei der Verhandlung zwar einen „sehr verwirrten Eindruck“ gemacht habe. So habe er sich nie zum Tatvorwurf geäußert, seine Frau mit „Sie“ angesprochen und immer wieder dazu angesetzt, über Geldtransfers in die Schweiz zu berichten. Allerdings habe der Vorsitzende Richter Otto Brixner ihn auch „überhaupt nicht zu Wort kommen lassen“. Brixner habe die Verhandlung „sehr lautstark schreiend geführt“ und irgendwann in einer Verhandlungspause mit Blick auf Mollath geäußert: „Dem schaut der Wahnsinn aus den Augen.“

An diese und andere Details kann Westenrieder sich erinnern, weil er sich Notizen gemacht hat, die er am Montag auch dem Gericht vorlegte. Das Sachverständigengutachten, das Mollath 2006 als gemeingefährlich einstufte und Grundlage für dessen Einweisung in die Forensik war, bezeichnet er darin als „schwach“.

Prozessauftakt vor dem Landgericht

Mollath schweigt

Das Wiederaufnahmeverfahren von Gustl Mollath beginnt mit einer handfesten Überraschung: So lange ein psychiatrischer Sachverständiger an dem Verfahren teilnimmt, wird er nicht aussagen. Einen Antrag, den Gutachter auszuschließen, lehnte das Gericht ab.

Sierra Leone oder Guinea?

Irgendwo nach Afrika

Ein Flüchtling, der behauptet, aus Sierra Leone zu stammen, soll seit Jahren nach Guinea abgeschoben werden. Am Freitag wehrte sich der Mann gerichtlich gegen eine Vorführung vor einer guineischen Delegation.

 
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