Einigung im Stadtbau-Streit
Für die Richterin war es ein hartes Stück Arbeit. Die städtische Wohnbaugesellschaft und ein Mieter-Ehepaar in der Kurt-Schumacher-Straße haben sich geeinigt.
Als Christine Schröder-Meier sich sich stöhnend in ihren Sessel zurückfallen lässt und eine kurzen resignierenden Blick zur Decke wirft, ist es zwanzig Minuten vor vier. Seit fast drei Stunden hat die Richterin am Regensburger Amtsgericht beschwichtigt und hingewiesen, moderiert und vorgeschlagen. Draußen warten seit fast zwei Stunden die Geladenen für den nächsten Termin. Und jetzt, als sie den Vergleich, den sie in mühevoller Kleinarbeit vermittelt hat, noch einmal vorspielen will, gibt der Akku ihres Diktiergeräts den Geist auf. Doch am Ende wird auch das kein Hindernis sein. Am Donnerstag hat es in dem zwischenzeitlich jahrelang währenden Streit zwischen der Stadtbau GmbH und einem älteren Mieter-Ehepaar nun doch noch eine Einigung gegeben.
Streit seit fast zwei Jahren
Wie mehrfach berichtet, befinden sich die Eheleute Steinbauer mit der städtischen Wohnbaugesellschaft im Clinch. Im Zuge der Sanierungsarbeiten in einem Stadtbau-Hochhaus in der Kurt-Schumacher-Straße sollten die Mieter neue Verträge unterschreiben. Während sich die übrigen Bewohner, zumindest jene, die in dem Gebäude bleiben, darauf einließen, bestanden die Steinbauers darauf, ihren alten Mietvertrag behalten zu dürfen. Ein rechtlich legitimes Anliegen, das jedoch dazu führte, dass die Stadtbau ihr Angebot für eine Ausweichwohnung während der Sanierungsarbeiten zurückzog. Von da ab verhärteten sich die Fronten immer mehr. Man tauschte sich nur noch über Anwalt, den Mieterbund oder die Medien aus.
Um den ging es nun vor dem Richtersessel von Christine Schröder-Meier. Und zunächst sah es alles andere als danach aus, als könne man sich einigen. Mehrfach wird die Sitzung unterbrochen. Heute könne man sich auf keinen Fall einig werden, heißt es immer wieder von den Steinbauers. Nein. Das gehe alles zu schnell. Immer wieder kocht die Stimmung hoch und es wird laut.
„Lärmterror“ versus „Sie schädigen die gesamte Stadt.“
„Lärmterror“ und „die Absicht, uns weichzukochen“ sind nur zwei der zahlreichen Vorwürfe, die das Ehepaar in Richtung des Stadtbau-Geschäftsführers Joachim Becker feuerte. Der und Stadtbau-Anwältin Marion Herlitze sprechen im Gegenzug immer wieder von „Finten“ und „Verzögerungstaktik“ der Steinbauers. „Es ist egal, was wir anbieten. Sie wollen eben einfach nicht ausziehen“, so eine gleichfalls laute Herlitze. „Sie schädigen mit Ihrer Verweigerungshaltung nicht nur die Stadtbau, sondern die gesamte Stadt.“
Vor vollbesetztem Saal mahnt Schröder-Meier immer wieder, doch nicht in der Vergangenheit zu wühlen. „Ich bin ratlos“, bekundet sie einmal. „Ich glaube nicht, dass sie das ohne Moderation hinkriegen.“
„Wehe, wenn die nicht dieselbe Mieterhöhung bekommen wie wir.“
Unterdessen echauffieren sich auf den Stühlen im Zuhörerbereich andere Stadtbau-Mieterinnen und -Mietern aus der Kurt-Schumacher-Straße. „Was wollen die denn jetzt noch? Wir haben doch auch nachgegeben.“ „Wenn das jeder gemacht hätte.“ „Wehe, wenn die nicht dieselbe Mieterhöhung bekommen wie wir.“ Vereinzelt wird aber auch Kritik an der Stadtbau laut. „Die wenigen Zugeständnisse, die wir bekommen haben, mussten wir uns auch erst erkämpfen“, heißt es. „Von allein kam da nichts.“
Stadtbau ungewöhnlich nachgiebig
Am Donnerstag ist das anders. Als Richterin Schröder-Meier den zuvor lose besprochenen Vergleich schließlich Punkt für Punkt ins Diktiergerät spricht und immer wieder neue Einwände der Steinbauers kommen, gibt Geschäftsführer Becker fast in jedem Punkt nach. „Das hat doch mit dem Wolbergs zu tun“, murmelt eine Zuhörerin, die sich offenbar an die immer lauter werdende SPD-Kritik an der Stadtbau im Wahlkampf erinnert.
Der Vergleich in Kürze: Nur die notwendigsten Arbeiten werden jetzt gemacht. Im Wesentlichen sind das Sanierungsarbeiten an den Lüftungs- und Leitungsschächten. Der zunächst vorgesehene und in anderen Wohnungen durchgeführte Komplettumbau unterbleibt. Drei Räume bleiben unberührt und werden für die Zeit des vorübergehenden Auszugs versiegelt. Für acht Wochen müssen die Steinbauers ausziehen – in ein nahe gelegenes, anderes Stadtbau-Haus, wo mehrere Wohnungen leer stehen. Davon dürfen sie sich eine aussuchen. Für den Umzug der notwendigsten Möbel – der Rest wird eingelagert – und den Einbau einer Küchenzeile kommt die Stadtbau auf und als die Steinbauers hartnäckig darauf bestehen, dass sie die Umzugsfirma auswählen dürfen, gibt Becker auch in diesem Punkt nach. Am Ende gibt es selbst die acht Wochen Ausweichwohnung mietfrei. Von selbst versteht sich, dass Schadenersatzforderung und Kündigung vom Tisch sind. Ebenso Mietminderungen für die Vergangenheit, die die Steinbauers gefordert hatten.
Die Spülmaschine schließt der Rechtsanwalt an…
Alle Termine – Besichtigung der Wohnung, Festlegung auf eine Wohnung, Beauftragung des Umzugsunternehmens, Aus- und Wiedereinzug in die Kurt-Schumacher-Straße werden en detail mit Datum in dem Vergleich festgelegt. Für jeden Tag Verzögerung wird – je nachdem wer die Verantwortung trägt – eine Vertragsstrafe in Höhe von 1.000 (Stadtbau) bzw. 500 Euro (Steinbauers) fällig.
Als die Steinbauers am Ende noch darum bitten, doch festzuschreiben, dass jemand ihre Spülmaschine anschließen solle, meint dann auch deren Rechtsanwalt Wolfgang Hofmann, der bis zu diesem Punkt jede Forderung der Steinbauers vehement mitverfochten hat: „Das muss nicht sein. Das mach ich für Sie.“ Auf den letzten Millimetern will auch er den zunächst für unmöglich gehaltenen Vergleich nicht noch gefährden, den Schröder-Meier, nachdem sie einen neuen Akku besorgt hat, nochmal vorspielt und von beiden Seiten genehmigen lässt.