Elternaufstand an katholischer Privatschule
„Mit Christus Brücken bauen.“ So lautet das schöne Motto des Katholikentages in Regensburg. „Unüberbrückbare Differenzen“ haben an der katholischen Bischof Manfred Müller Schule hingegen dazu geführt, dass ein langjähriger und beliebter Lehrer geschasst wurde. Die Eltern laufen dagegen Sturm und baten um ein Gespräch mit dem Bischof. Der lehnte ab. Der zuständige Domkapitular reagiert mit fast schon revolutionären Vergleichen.
„Bitte helfen Sie uns, dass die gute Saat, die wir, die Kirche, die Eltern, die Schule, ganz besonders aber auch Herr H. (Name von der Redaktion gekürzt.) in den letzten Jahren mit viel Liebe, Geduld und großem Engagement in unseren Kindern gesät haben, nicht durch interpersonelle Querelen zerstört wird. (…) Bitte helfen Sie uns, mit Christus Brücken zu bauen, auch wo Differenzen unüberbrückbar scheinen, auch in der Bischof-Manfred-Müller Schule.“
So schließt der Brief, den die Eltern der Schülerinnen und Schüler der Klasse 3a an Bischof Rudolf Voderholzer geschrieben haben.
Die katholische Bischof Manfred Müller Schule, kurz „BiMaMü“ genannt, ist eine private katholische Volksschule, getragen von der Schulstiftung der Diözese Regensburg und zum größten Teil finanziert aus staatlichen Geldern. Mit knapp 300 Schülerinnen und Schülern ist sie die größte private Grundschule Regensburgs.
Dürftige Informationen
Seit die Eltern der Klasse 3a Ende März in einer knappen E-Mail von Schulleiter Konrad Wacker darüber informiert wurden, dass der Lehrer Robert H. „zum Schuljahresende seine Lehrtätigkeit an der Schule beendet“, ist die Aufregung an der BiMaMü groß.
„Wir haben ein Kind mit Handicap in der Klasse, das nach einem von unserem Lehrer entwickelten Inklusionskonzept betreut wird“, heißt es in einer kürzlich gestarteten Petition. „Nicht nur für ihn wäre der Wegfall der vertrauten Bezugsperson in der schulisch so entscheidenden vierten Klasse sehr problematisch.“
H. ist an der Schule bekannt wie ein bunter Hund. Seit über elf Jahren unterrichtet er hier Grundschüler und hat die BiMaMü auch ein Stück weit mit aufgebaut. Bei öffentlichen Anlässen – Schulfesten, Präsentationen, Elternabenden – ist er fast immer mit von der Partie. „Er ist uns allen, ganz besonders aber seinen Schülern buchstäblich ans Herz gewachsen und genießt unser vollstes Vertrauen“, heißt es in dem Elternbrief an Bischof Voderholzer.
Über die Gründe für das Ende von H.s Lehrtätigkeit habe man bislang so gut wie nichts erfahren, sagt uns eine Schülermutter. Trotz Gesprächen mit Schulleiter Wacker und dem für Schulen zuständigen Domkapitular Prälat Johannes Neumüller.
Mediation kategorisch abgelehnt
„Es ist lediglich von unüberbrückbaren Differenzen zwischen Herrn H. und der Schulleitung die Rede.“ Ein gemeinsames Gespräch oder eine Mediation, wie sie von den Eltern vorgeschlagen wurde, hätten die Schulleitung und Neumüller kategorisch abgelehnt. Im Gegensatz zu H.. „Er wäre dazu bereit gewesen.“
H. selbst beruft sich auf seine dienstliche Schweigepflicht, als wir bei ihm anrufen. Auf Nachfrage legt er allerdings Wert darauf, dass ihm keinerlei dienstlichen Vergehen vorgeworfen werden und dass auch die Qualität seiner Arbeit nicht bemängelt werde.
Schulleiter Wacker und Prälat Neumüller haben wir mehrere Fragen gestellt und um ein Gespräch gebeten. Außer einer Empfangsbestätigung für unsere E-Mail gab es über Tage hinweg keine Reaktion.
„Würdigeren Umgang mit den Lehrkräften angemahnt“
An der Schule selbst ist es indes ein offenes Geheimnis, dass es häufiger Diskussionen zwischen H. und der Schulleitung in punkto Personalpolitik gab. „Er hat einmal innerhalb der Schulfamilie öffentlich einen würdigeren Umgang mit den Lehrkräften angemahnt“, erfahren wir aus H.s Kollegenkreis.
Um das Beschäftigungsverhältnis mit einem Lehrer zu beenden, reichen solche Differenzen eigentlich nicht als Begründung aus. Bei H. liegt der Fall aber etwas anders. Er gehört zu jenen Lehrkräften an der BiMaMü, die nicht von der Kirche beschäftigt werden, sondern im Staatsdienst stehen und für den Unterricht an der katholischen Schule „zugeordnet“ wurden. Das betrifft etwa ein Drittel der Lehrkräfte an der BiMaMü.
Eine solche Zuordnung kann jederzeit und ohne Angabe von Gründen beendet werden – von der Schulleitung bzw. der Kirche, vom staatlichen Dienstherrn oder vom Lehrer selbst. In diesem Fall war es die Schulleitung, die auf einem Ende von H.s Tätigkeit bestand. „Er selbst hätte sich bereit erklärt, weiter zu unterrichten“, heißt es von mehreren Schülereltern. Zumindest noch bis zum Ende des vierten Schuljahres, um seine Schülerinnen und Schüler – wie eigentlich im Schulkonzept vorgesehen – als Klassleiter durch die gesamte Grundschulzeit begleiten. Doch auch darauf ließ sich die Schulleitung nicht ein.
Schließlich versuchten die Eltern, mit Bischof Rudolf Voderholzer persönlich zu sprechen und gingen zur bischöflichen Residenz. Vorgelassen wurden sie allerdings nicht. „Im Nachhinein haben wir erfahren, dass Herr Neumüller und Herr Voderholzer gemeinsam in seinem Büro saßen und gewartet haben, bis wir wieder gehen“, erzählt eine Mutter.
„Gespräch mit dem Diözesanbischof nicht vorgesehen.“
Stattdessen wurde Voderholzers Sekretär Michael Dreßel vorgeschickt, um die aufgebrachten Mütter und Väter zu beschwichtigen. Es wurde diskutiert. Es flossen Tränen. Und am Ende versprach Dreßel, das Anliegen dem Bischof vorzutragen. Rudolf Voderholzer aber lehnte ein persönliches Gespräch trotz mehrfacher Bitten ab. So etwas sei nicht vorgesehen. „Wir bekamen immer nur die Antwort, dass dafür Prälat Neumüller zuständig sei.“
„Unserer festen Überzeugung nach lassen sich hohe Bildungsstandards nur durch ein engagiertes, gut ausgebildetes, vielseitiges und auch zahlreiches MitarbeiterInnen-Team erreichen. Ein wesentlicher weiterer Aspekt ist engagierte Elternschaft, die uns und unserer Arbeit vertraut.“ Motto der BiMaMü
Domprälat: „In der Ehe bringt es auch nichts, der Kinder wegen zusammenzubleiben.“
Mit Johannes Neumüller gab es offenbar auch ein längeres Gespräch. Aus einem Gesprächsprotokoll, dass an die Eltern verschickt wurde, geht hervor: Auch Neumüller betonte mehrfach, dass Herr H. ein guter Lehrer sei. Aber es gebe eben diese – nicht näher begründeten – Differenzen. Auf den Einwand, dass es doch vor allem um die Kinder gehe und die Schulleitung und H. vor diesem Hintergrund doch zumindest noch für ein Jahr zusammenarbeiten könnten, habe der katholische Domprälat nur erwidert: „In der Ehe bringt es auch nichts, der Kinder wegen zusammenzubleiben, wenn alle Versuche, sich wieder zu vertragen, gescheitert sind.“
Die Eltern haben mittlerweile die oben erwähnte Petition gestartet, um Bischof Voderholzer doch noch zum Eingreifen zu bewegen. In einer gescheiterten Ehe freilich würde das auch nichts mehr bringen.