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Jahrestag NSU-Prozess

Betrunkene Rassisten stören Demo

Knapp 300 Menschen demonstrierten am Dienstag „gegen Naziterror, rassistische Zustände und den ‘Verfassungsschutz’“. Am Bahnhof traf man auf pöbelnde Neonazis. Darunter ein NPDler, der zuletzt bei einer „Mahnwache für den Frieden“ gesichtet wurde.

NPD-Flyer und Bierflasche. Betrunkene Pöbler am Bahnhof.

NPD-Flyer und Bierflasche. Betrunkene Pöbler am Bahnhof.

„Linksfaschisten! Linksfaschisten!“ Andreas Dießinger ist ganz in seinem Element. Vergangene Woche präsentierte sich der Regenstaufer bei einer Mahnwache am Bismarckplatz noch als der für Frieden demonstrierende Buddhist aus der NPD. Am Dienstagabend ist er mit zwei Kameraden am Bahnhofsvorplatz, um Demonstranten zu beschimpfen, die „gegen Naziterror, rassistische Zustände und den ‘Verfassungsschutz’“ auf die Straße gehen. Es dauert etwas, bis sich die Einsatzkräfte der Polizei entschließen, die drei Neonazis des Platzes zu verweisen und die geplante Kundgebung beginnen kann. Und nach mehrfacher Aufforderung scheint die Einsatzleitung schließlich auch ein Einsehen zu haben und zieht das Polizeispalier zurück, das den Demonstrationszug zunächst von beiden Seiten einrahmt. Gefährlich sind diese Demonstranten nicht.

Zuletzt „bekennender Buddhist“, am Dienstag pöbelnder Neonazi: Andreas D. (mit hochgereckter Faust), Regensburger NPD-Chef in spe. Foto: as

Zuletzt „bekennender Buddhist“, am Dienstag pöbelnder Neonazi: Andreas Diessinger (mit hochgereckter Faust), Regensburger NPD-Chef in spe. Foto: Witzgall

Knapp 300 Menschen sind dem Aufruf gefolgt, den ein selten breites Bündnis von Sozialen Initiativen und Stadt-SPD über ver.di, Grüne Jugend und pax christi bis hin zu Antifa, DKP und VVN unterzeichnet haben. Anlässlich des Jahrestages des NSU-Prozesses, der am 6. Mai 2013 begonnen hat, fordern fast 30 Organisationen insbesondere die Abschaffung des Verfassungsschutzes. Bereits am Montag gab es dazu eine Podiumsdiskussion im Leeren Beutel. Am Dienstag folgt eine Demonstration quer durch die Regensburger Altstadt.

IMG_0332Auch der SPD-Europaabgeordnete Ismael Ertug nimmt teil und hält am Haidplatz eine kurze Rede. Die zahlreichen Zufälle, „das sage ich in Anführungszeichen“, die Pannen und Erinnerungslücken beteiligter Verfassungsschützer werde man weiter hinterfragen, ruft er ins Mikro. „Wir lassen uns nicht für blöd verkaufen“, so Ertug unter dem Beifall der Demonstranten.

Der rassistische Verfassungsschutzpräsi

Der Inlandsgeheimdienst habe die Neonazi-Szene in den 90ern maßgeblich mit aufgebaut und tue dies heute noch, so der Oberpfalz-Vorsitzende der ver.di-Jugend, Stefan Dietl am Neupfarrplatz. Zwischen 200.000 und 300.000 D-Mark erhielt der Neonazi Tino Brandt damals als V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes. Geld, das er in den Aufbau des Thüringer Heimatschutzes steckte, aus dem der „Nationalsozialistische Untergrund“ hervorging, dem mindestens zehn Morde, mehre Anschläge und Banküberfälle zugerechnet werden. „Der damals zuständige Verfassungsschutzpräsident Helumt Röwer veröffentlicht heute Bücher im rassistischen Ares Verlag“, so Dietl. Für Röwers berufliche Karriere blieb sein damals schon bekannte rechtes Gedankengut konsequenzlos. Seinen Job verlor er, weil er Gelder veruntreute.

IMG_0356„Als Konsequenz aus der NSU-Mordserien wurden die Geheimdienste sogar noch belohnt“, wettert Dietl. Seit Ende 2011 gibt es das „Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum“, wo Verfassungsschutz und Polizei gemeinsam „gegen Rechts- und Linksextremismus“ arbeiten sollen. Dazu wurde auch noch kurzerhand das Trennungsgebot von Polizei und Geheimdienst aufgehoben. Zunehmend erhält der Geheimdienst auch Kompetenzen im Bereich der Bildungsarbeit, wird an Schulen eingeladen und als „Teil der Zivilgesellschaft“ angepriesen.

Bildungsarbeit a la Geheimdienst

In Bayern arbeitet der Verfassungsschutz in der sogenannten „Informationsstelle gegen Extremismus“ mit der Landeszentrale für politische Bildung zusammen, propagiert die umstrittene Extremismustheorie und verbreitet offensichtliche Falschinformationen. Wie diese Bildung aussieht , kann man auf der gemeinsamen Seite „Bayern gegen Rechtsextremismus“ beobachten. Dort wird glatt bestritten, dass es in Bayern – wo fünf der zehn NSU-Morde stattfanden – Unterstützer der Rechtsterroristen gegeben habe.

IMG_0383„Wir brauchen keinen Verfassungsschutz, der Antifaschistinnen und Antifaschisten kriminalisiert, während er faschistischem Terror freien Lauf lässt“, so Dietl. Und als er seine Rede mit der – am Dienstag immer wieder gestellten – Forderung nach der Abschaffung des Geheimdienstes schließt, gibt es lauten Applaus.

Bier und „Ausländer raus“

Am Ende, als der Demozug zurück auf den Bahnhof kommt, haben sich einige, offensichtlich betrunkene Männer mit Bierflaschen und NPD-Flyern auf der Straße postiert. Eine Ordnerin, die vorangeht, wird von einem der Männer angegriffen. Wieder dauert es, bis die Polizei dazwischen geht. Ein paar Bierflaschen gehen zu Bruch. Städtische Blumenrabatten werden zertrampelt. Irgendwann verzieht sich die Gruppe unter „Ausländer raus“-Rufen in den Park. Festnahmen gibt es keine und Andreas Dießinger, der die NPD-Flyer zuvor mit seinen Kameraden unters Volk gebracht hat, ist da schon lange weg.Suff-Nazi 2

Hungerstreikender vor Gericht

Rindermarkt rechtswidrig geräumt?

Am Montag fand die erste Gerichtsverhandlung zur Räumung des Asyl-Protests am Münchner Rindermarkt im Juni 2013 statt. Bereits während dieser Verhandlung änderte sich der Fokus der Untersuchung drastisch: Der Prozess gegen einen Aktivisten wurde bald von der Frage verdrängt, ob nicht der gesamte Polizeieinsatz am Rindermarkt rechtswidrig war. Nach einem Beweisantrag der Verteidigung wurde die Verhandlung unterbrochen.

Protest gegen Freihandelsabkommen

„Ein Staatsstreich in Zeitlupe“

Neun Bands, Theater und der EU-Parlamentarier Ismail Ertug – für den kommenden Freitag, 9. Mai, hat Attac Regensburg ein Kultur-Event mit ernstem Hintergrund organisiert – es geht um das Transatlantische Freihandelsabkommen, über das derzeit EU und USA verhandeln. Regensburg Digital sprach mit einem der Initiatoren, Dr. Harald Klimenta.

Wo Christus keine Brücken baut

Elternaufstand an katholischer Privatschule

„Mit Christus Brücken bauen.“ So lautet das schöne Motto des Katholikentages in Regensburg. „Unüberbrückbare Differenzen“ haben an der katholischen Bischof Manfred Müller Schule hingegen dazu geführt, dass ein langjähriger und beliebter Lehrer geschasst wurde. Die Eltern laufen dagegen Sturm und baten um ein Gespräch mit dem Bischof. Der lehnte ab. Der zuständige Domkapitular reagiert mit fast schon revolutionären Vergleichen.

Reservisten pro Kriegstagebuch-Fälscher

„Der Versuch, Giftgas einzusetzen“

Unterschiedlicher hätten die zwei ökumenischen Veranstaltungen vom gestrigen Dienstag zum Kriegsende vor 69 Jahren kaum sein können. Während die Einen in der Dominikanerkirche am Adlersberg einen ökumenischen Friedengottesdienst und die Verschonung Regensburgs im Zweiten Weltkrieg feierten, versuchten die Anderen im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung des Evangelischen Bildungswerks und des Verlags Pustet die historischen Abläufe des Regensburger Kriegsendes zu rekonstruieren.

Start der Vortragsreihe Flucht & Asyl

Weil wir es können

Sehr theoretisch und geistig fordernd betrachtete die Philosophin Prof. Dr. Elif Özmen gestern das Asylrecht aus ihrer fachlichen Sicht. Die Vortragsreihe „Menschen wie Menschen behandeln“ an der OTH Regensburg ging damit in die dritte Runde.

Erinnerungspolitik in Bamberg und Regensburg

Zwei Städte – zwei Wege

Regensburg und Bamberg: Beide Städte schmücken sich mit dem Titel „Weltkulturerbe“, in beiden gibt es eine über tausendjährige Geschichte jüdischer Gemeinden, die von den Nazis vernichtet wurden. Damit hören die Gemeinsamkeiten auf. Während Bamberg sein jüdisches Erbe sichtbar macht und jüdisches Leben im Stadtbild wieder präsent ist, verharrt Regensburg in seiner Erinnerungskultur bei den Römern.

Flüchtlingsfamilie klagt gegen Unterbringung

Kein Weg führt aus dem Lager

Ein Einzelrichter, ein routinierter Beamter, kein Anwalt: Eine Flüchtlingsfamilie will aus gesundheitlichen Gründen aus dem Sammellager in Landshut ausziehen. Die zuständige Behörde verweigert dies. Heute hat das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage der Familie gegen den Bescheid in einer Blitzverhandlung abgewiesen.

Porträt

Die karikierte Etikette

Der baldige Ex-Oberbürgermeister Hans Schaidinger ist für Joachim Weller ein physiognomischer Glücksfall, CSU-Fraktionssprecher Hermann Vanino ein karikaturwürdiger Nachfolger und der Nationalpark Bayerischer Wald ein Etikettenschwindel. Ein Porträt über einen Forstleiter a. D. und seine Lust am Karikieren.

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