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Vor Selbstsicherheit und Kampfgeist strotzend stellte Oberbürgermeister Joachim Wolbergs am Montagabend der Stadt-SPD den Koalitionsvertrag vor. Dass Gertrud Maltz-Schwarzfischer Bürgermeisterin wird und Norbert Hartl Fraktionschef bleibt, war bereits zuvor beschlossene Sache.

Von David Liese

„Wir nehmen euch diese Last ab, ihr müsst nicht mit uns regieren.“ Wolbergs über die CSU. Fotos: Liese

„Wir nehmen euch diese Last ab, ihr müsst nicht mit uns regieren.“ Wolbergs über die CSU. Fotos: Liese

Man gratuliert sich bereits vor der Tür. Gertrud Maltz-Schwarzfischer ist bereits gekürt – zur 2. Bürgermeisterin, gewählt von der SPD-Stadtratsfraktion. Auch deren Chef Norbert Hartl ist happy, schüttelt ausgelassen Hände und plauscht. Er wurde in seinem Amt bestätigt. Seine beiden Stellvertreter: Dr. Thomas Burger, der seine Ambitionen auf das Bürgermeisteramt begraben musste, und Neustadträtin Katja Vogel.

Noch etwas nervös, aber glücklich: Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer.

Noch etwas nervös, aber glücklich: Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer.

Der Saal des Gasthauses Hubertushöhe ist voll. Doch der Mann des Abends fehlt – Joachim Wolbergs verweilt, so hört man, aktuell noch bei einem künftigen Koalitionspartner, um dort vor der Basis für die Zusammenarbeit zu werben. Margit Wild nutzt die Zeit, um bei den Genossen nochmal ordentlich Stimmung zu machen. Zur Koalitionsvereinbarung, der die Fraktion am frühen Abend bereits einstimmig zugestimmt hat, sagt sie: „Da sind mindestens 95, 97 Prozent SPD drin.“

Kämpferische Rede auf der Hubertushöhe

Wie auf’s Stichwort tritt Joachim Wolbergs auf. Seine Stimme scheint etwas angegriffen. Dem zum Trotz spricht „Wolli“ mit einer ans Brüllen grenzenden Lautstärke und einem kämpferischen Esprit, der so manchen Bierzeltredner blass werden lassen würde.

In allen Ehren verabschiedet: Lothar Strehl.

In allen Ehren verabschiedet: Lothar Strehl.

„Wir nehmen euch diese Last ab, ihr müsst nicht mit uns regieren“, poltert Wolbergs mit Blick auf die CSU und deren Koalitionsbruch kurz vor der Wahl. Der Saal johlt. Die Zusammenarbeit mit Grünen, Freien Wählern, FDP und der Piratin Tina Lorenz, so Wolbergs weiter, sei eine „Koalition für eine aufstrebende, dynamische, soziale Stadt“.

Befristungen werden beendet

Wolbergs beginnt einen Parforceritt durch den Koalitionsvertrag (hier als PDF), der zu diesem Zeitpunkt nur den Stadtratsmitgliedern schriftlich vorliegt. Einige Schlaglichter: Die Beschäftigten im Bürgerheim Kumpfmühl kehren, wie lange versprochen, in den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes zurück. Zudem, so verspricht Wolbergs, werde die Stadt in vielen Bereichen den Weg der Rekommunalisierung gehen. „Die Reinigung öffentlicher Gebäude wird Zug um Zug wieder in die öffentliche Hand geholt.“ In der Stadtverwaltung sollen die Befristungen auf ein Minimum reduziert werden. Alle „sachgrundlosen Befristungen“ werden beendet, die Beschäftigten festangestellt.

Vorerst nur stellvertretender Fraktionschef: Dr. Thomas Burger.

Vorerst nur stellvertretender Fraktionschef: Dr. Thomas Burger.

Radverkehr und ÖPNV will man „völlig neu konzeptionieren“. Elektrobusse werden künftig als Altstadtbus fahren, ein Nachtbus wird in einer einjährigen Testphase ab 2015 erprobt. Zwischen Holzgartenweg und Grieser Spitz wird eine Radbrücke gebaut. Auch die Westtrasse soll kommen – sofern die UNESCO nichts dagegen einzuwenden hat.

„Im Kern verabredet, dass es gerechter zugeht“

Das im Wahlkampf sehr präsente Thema Wohnen reißt Wolbergs ebenfalls an. Er strebe ein „gemischtes Wohnbauprogramm“ an. Die Stadt soll Konversionsflächen kaufen, die Stadtbau wieder stärker sozial ausgerichtet werden. Und: „Wohnen heißt auch soziale Infrastruktur, nicht nur Wohnblocks.“

Im Bereich der Sozialpolitik sei „im Kern verabredet, dass es gerechter zugeht“. Das lange geforderte Sozialticket wird im Koalitionsvertrag zumindest erwähnt. „Im Dialog mit den Sozialträgern“ solle „ein Konzept für eine Regensburgkarte entwickelt werden“, heißt es dort.

Kämpferische Rede vor vollem Saal. Joachim Wolbergs.

Kämpferische Rede vor vollem Saal. Joachim Wolbergs.

Auch zum Umgang mit Flüchtlingen äußert sich der Koalitionsvertrag. Wolbergs: „Wir wollen für Flüchtlinge hier ein Zuhause organisieren. Das sind unsere Freundinnen und Freunde.“ Demonstrationsrouten von Nazis wird die Stadt, wie bereits angekündigt, immer öffentlich machen – „damit sich denen jedes Mal – jedes Mal! – Menschen in den Weg stellen können.“

„Ich werde der Oberbürgermeister der Wirtschaft sein.“

Den Vorwurf, Sozialdemokraten und speziell seine Person hätten zu wenig Wirtschaftskompetenz, weist Wolbergs gegen Ende seiner Ansprache entschieden von sich. „Ich werde der Oberbürgermeister der Wirtschaft in dieser Stadt sein. Das können sich alle hinter die Ohren schreiben!“ Die SPD und er seien gewählt worden, „um Hoffnungen wahr werden zu lassen und Träume zu erfüllen.“

Jetzt hält die begeisterten Genossen nichts mehr. Gewaltiger Applaus brandet auf, der Saal erhebt sich und beklatscht den Oberbürgermeister.

„Ich will alle Hände sehen.“ Margit Wild mit dem alten und neuen Fraktionschef Norbert Hartl.

„Ich will alle Hände sehen.“ Margit Wild mit dem alten und neuen Fraktionschef Norbert Hartl.

Nach einer kurzen Pause, in der die Genossen das Programm dann auch schriftlich studieren dürfen, vermeldet Wolbergs, die FDP habe dem Papier gerade einstimmig zugestimmt, die Grünen mit nur einer Gegenstimme. „Das können wir toppen“, sagt Margit Wild und bittet um ein Meinungsbild. „Ich will alle Hände sehen.“ Ohne Gegenstimme und ohne Enthaltung spricht sich die versammelte Partei für die Koalitionsvereinbarung aus. Später wird bekannt, dass es auch von den Piraten schon ein einstimmiges Basisvotum pro Koalition gibt.

„Fragt mal bitte irgendjemand was“

Das ist der Triumph im eigenen Haus – Joachim Wolbergs hat es geschafft, nicht nur einen Erdrutschsieg bei den Wahlen einzufahren, sondern auch noch eine Koalition zu schmieden, die ganz nach dem Gusto seiner Partei ausfällt. Fast scheint ihm die begeisterte Zustimmung der Parteibasis etwas unangenehmzu sein. „Fragt mal bitte irgendjemand was“, sagt er, als er das gut 50seitige Vertragswerk vor der Abstimmung noch einmal Punkt für Punkt durchgeht, „sonst schreibt die Presse noch, das sei bei uns wie in der DDR“.spd2

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